4 - Spieglein Spieglein an der Wand

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4 - Spieglein Spieglein an der Wand

Ich setzte mich davor und betrachtete mich eingehend. Ich war ein Wolf. Das war so ungewohnt, dass ich zusammenzuckte, als das Tier im Spiegel sich bewegte. Gab es für solche Menschen eigentlich eine spezielle Psychatrie? Die vor sich selbst Angst hatten?

Irgendwann kamen meine mittlerweile vierpfotigen Geschwister auch auf die Idee eines Spiegels und kamen in den Flur. Wir sahen uns ähnlich, es waren aber Unterschiede vorhanden.

Mein Fell war rotbraun, da ich braune Haare habe und mein Vater auch. Ein guter Vergleich wäre Kupfer. Anna kam offenbar nach unserer Mutter, denn sie war so silbern wie sie, was auch ihrer eigenen Haarfarbe entsprach, die hellblond waren, und einen silbernen Stich hatten. Sophia war schlicht grau, wie ein Stein, hatte aber ein paar dunklere Stellen an Nacken, Läufen und Rücken und Nicks Fell war mit Sturmwolken zu vergleichen.

Ich fand es fantastisch, ein Wolf zu sein. Nicht nur die verbesserten Sinne, ich fühlte mich, als könne ich kilometerweit laufen.

»Kinder? Warum sind hier Scherben? Wer war das?« tönte unsere Mutter wütend aus der Küche.

Wir rannten aufgeregt zu ihr. Sie strahlte, als sie uns sah und verwandelte sich ebenfalls in die silbergraue Wölfin. Sie leckte uns über die Ohren und meinte: »Kinder, ich bin sehr stolz auf euch. Endlich.« Ich sträubte mich gegen ihre raue Zunge an meinem Kopf. Wer mag das schon, wenn die Mutter ständig irgendwas an einem herumputzt!

Ein Wolf zu sein ist wunderbar. Mom rief das Rudel herbei, die sich alle verwandelten. Dabei fiel mir etwas komisches auf. "Mam? Warum sind wir so groß im Vergleich zu den anderen?" fragte ich.

Tatsächlich hatte meine Famile, also meine Eltern und Geschwister, eine unnatürliche Körpergroße. Dabei war ich mir sicher, die Wachstumspillen im Labor nicht angerührt zu haben. Ich hatte nur einmal kurz gegen ein Reagenzglas geklopft. Zugegegben, daraufhin ist es runtergefallen und explodiert. Und ich hatte es geschafft den Schulausflug zu ruinieren und das Labor evakuieren zu lassen. Hach, diese Errinnerungen!

Mam seufzte. "Weißt du, bei manchen Wölfen sorgt ein spezielles Gen oder irgendwas ähnliches - wir wissen es nicht genau - dass dieser Wolf unnatürlich groß ist. Normalerweise wird das Gen nicht vererbt, aber da dein Vater und ich beide dieses Gen haben, habt ihr es auch." Och na toll. Ernsthaft?! Wir waren Mutanten. Aber vielleicht konnte ich ja fliegen?

Das Rudel machte natürlich gleich einen Ausflug in den Wald mit uns, der unser Revier war. Aus der Bodenansicht wirkten die Bäume bedrohlich, doch irgendwie hatte der Wald auch etwas vertrautes. Ich meinte sogar einige Stellen wiederzuerkennen.

Als ich es danach durch hohe Konzentration schaffte, mich wieder in einen Menschen zurückzuverwandeln, ohne irgendwelche Wolfskörperteile zurückzubehalten, schnitt auf einmal ein scharfer Schmerz durch mein Handgelenk. Verdammt! Ich wusste es! Irgendwas hatte ich falsch gemacht und mir blieb jetzt ein dritter Arm oder sowas!

Zitternd umklammerte ich meinen Arm. Vielleicht sollte ich gleich den ganzen Unterarm abhacken, um zu verhindern, dass mir drei neue Finger wuchsen?

Ich starrte noch immer auf die schmerzende Stelle, als sich plötzlich Formen begannen abzuzeichnen. Verwundert beobachtete ich, wie sich silberne Linien um mein Handgelenk wie Wellen woben, um sich schließlich zu einem Muster zu verbinden.

Ich dachte jetzt könnte mein Körper aufhören, sich wie eine Leinwand zu verhalten, aber neeeeiiiiin, jetzt färbten sich die silbernen Flächen auch noch leicht rot.

Mein erster Gedanke: Häääääääääääääääääääääää?

Was das denn?

Immer noch auf die silbernen Linien starrend, stolperte ich Richtung Küche, wo meine Mutter gerade den Abwasch machte.

"Mam? Was zur Hölle ist das?"

Sie warf nur einen kurzen Blick auf meine Haut und meinte dann: "Ach das. Das hat jeder Werwolf. Das ist das Mal. Allerdings verdecken wir es durch Armbänder oder Schminke. Schau, ich habe es auch."

Sie tauchte ihre Hand ins Abwaschwasser und rubbelte kräftig über ihr Handgelenk. Fast die selben Linien wie bei mir wurden sichtar. Nur waren sie nicht rot.

"Warum sind sie bei mir rot?" fragte ich verwirrt.

Mam seufzte.

"Weiß ich nicht." Ich checkte es immer noch nicht, aber da Mam mir offenbar keine Antwort geben wollte, ließ ich es bleiben und verzog mich.

Am Abend wurden wir feierlich ins Rudel aufgenommen. Es wurde eine richtige Party. Ich saß die ganze Zeit auf der Couch und kicherte, doch meine Hochstimmung wurde getrübt, als mein Vater uns offenbarte: »Nun, mit vier neuen Mitgliedern im Rudel, wird dieses Haus allmählich zu klein für uns. Wir haben beschlossen, umzuziehen. Keine Sorge, wir werden in dieser Stadt bleiben. Das neue Haus befindet sich inmitten des Waldes, keiner wird uns dort beobachten. Außerdem, « Jetzt sah er meine Geschwister und mich an »werdet ihr im September eine richtige Schule besuchen!«

Moment Mal, Auszeit! Was? Schule? Richtige Schule? Wir? Ok, das lag mir jetzt im Magen und ich musste nachdenken. Ich stand wortlos auf und ging in mein Zimmer. Mit dem neuen Haus hatten sie wahrscheinlich recht, doch eine neue Schule?!!! Ich war bis jetzt noch nie mit anderen Jugendlichen außer meinen Geschwistern zusammengewesen! Ich mein Hallo?!

Tja, mein Vater würde schon noch sehen, spätestens wenn ich die Toilette überflutet haben würde, würde er es noch bereuen. Sowas passierte mir nämlich manchmal...

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Thehehe das ist meine Hand da übrigends ^-^

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Das Lehrbuch der Werwölfe

Kapitel 13: Aussehen und Fellfarbe

Das Aussehen der Werwölfe variiert stark. Meistens spiegelt die Fellfarbe die Haarfarbe des Menschen wieder, sie kann sich aber auch auf den Charakter beziehen. Die Augen sind willkürlich gefärbt. Narben sind auf beiden Körpern zu sehen, kann allerdings den Ort und Verlauf leicht verändern. Befindet sich zum Beispiel eine Narbe auf der Rute, ist sie beim Menschen im Kreuz zu sehen.

Eine besondere Eigenart ist das Werwolfsmal. Es zieht sich beim Menschen ums Handgelenk und ist so einzigartig wie eine Fingerabdruck. Keine zwei Muster sind gleich, auch wenn sich die von Verwandten stark ähneln. Die Farbe ist silbrig und reflektiert ein wenig.

Unterschiede gibt es auch bei der Größe. Ein normaler Werwolf hat eine Schulterhöhe von ca. 80-85 Zentimetern. Allerdings können manche auch größer werden.

Unterkapitel Riesenwolf

Der Riesenwolf entsteht durch ein bestimmtes Gen, das manchmal (nicht immer!) bei Bissen weitergegeben wird. Normalerweise muss der Mensch von so einem Riesenexemplar gebissen werden, doch sehr selten können auch normale Werwölfe dieses Gen in sich tragen, ohne es zu merken. Der Riesenwolf hat eine Schulterhöhe von 1m bis 1,20m, kann aber auch noch größer werden. Meist sind Riesenwölfe, auch wenn sie eher selten sind, die Alphas eines Rudels, weil sie Kämpfe aufgrund ihrer Kraft und Größe eher gewinnen.

Allein unter Menschen!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt