47 - Besuchszeit
Schnell atmend flüchtete ich vom Parkplatz, bevor meine Mutter ihre Meinung ändern konnte.
Mein inneres Ich grinste wie eine Verrückte, als ich mich verwandelte und durch den Wald richtung Stadt lief. Ich war noch nie bei Luca zuhause gewesen, da er immer meinte, es herrsche dort völliges Chaos. Ich könnte ihm vielleicht einen Klingelstreich spielen...
Luca wohnte in der Innenstadt und ich hatte noch ein gutes Stück Weg vor mir, doch ich beeilte mich nicht wirklich. Immerhin wartete zuhause Arbeit auf mich. Gemütlich spazierend bummelte ich die Straße entlang. Meine euphorische Stimmung wurde jedoch leicht getrübt, als ich unvorhersehens angegriffen wurde. Die Attacke kam ganz plötzlich. Von einem Moment auf den Anderen hing mir etwas im Gesicht und zerkratzte es. Ich konnte nichts mehr sehen und fuchtelte wie wild mit den Armen. Ich lief gegen eine Mülltonne und klatschte dann gegen eine Wand. Ich erstarrte und plötzlich bewegte sich mein mysteriöser Angreifer nicht mehr. Verdutzt griff ich mir ins Gesicht - und holte eine grellrote Weihnachtsgirlande von meinem Kopf. Sie hatte lose von einer Hausfassade gehangen und ich war völlig blind hineingelaufen. Da bemerkte ich, dass überall in der Straße diese gemeingefährlichen Dinger rumhingen.
Offenbar stand Weihnachten vor der Tür.
Es hatte geklingelt. Blöd nur, dass ich nie im Haus war.
Schnaubend und immer auf Girlanden, die ich bereits zu meinen erbitterten Feinden erklärt hatte - so eine konnte einen doch mit Leichtigkeit strangulieren - und auf andere Gefahren achtend, lief ich weiter Richtung Lucas Behausung. Von außen wirkte das Haus eher kleiner, mal sehen wie es von innen aussah. Ich klingelte und eine Türglocke ertönte. Ich unterdrückte das Verlangen, schnell wegzulaufen und ihnen einen Streich zu spielen, und wartete, bis mir die Tür geöffnet wurde.
Die Frau, die jetzt verwundert im Türrahmen stand, war vermutlich Lucas Mutter. Ich räusperte mich und murmelte: "Ähh.. ich bringe Luca seine Zahnbürste?" Es klang eher wie eine Frage, doch ihr Gesicht hellte sich auf und ein schelmisches Grinsen schlich sich auf ihre Lippen. Kurioserweise erinnerte mich ihr Gesichtsausdruck an den Pedosmiley mit dem zweideutigen Lächeln auf Whatsapp.
Sie drehte sich um und schrie Richtung einer Treppe: "Mausebärcheen! Dieses Mädchen, von der du mir erzählt hast ist daa! Stellst du sie mir jetzt endlich mal vor?"
Ein empörtes "Muuum!" kam zurückgeschrien, dann polterte etwas und jemand, offenbar Luca, auch wenn er sich anhörte wie ein Elefant bei der Jagd auf eine Erdnuss, kam die Treppe heruntergetrampelt. Er schlitterte die letzten Meter bis zur Tür auf seinen Socken und kam dann schnaufend mit einem Gesicht, als hätte er in eine Zitrone gebissen, zu stehen. Ich war mittlerweile feuerrot im Gesicht. Er hatte über mich gesprochen?
"Mama! Muss das sein? Mausebärchen hast du mich das letzte mal genannt, als ich 4 war!"
Ich schmunzelte. Eltern und ihre Spitznamen. Ich versuchte angestrengt, nicht zu lachen. Immerhin nannte unsere Mutter meine Geschwister und mich immer Lupohäschen...
Auch Lucas Gesicht war nun rot und er räusperte sich verlegen. "Chrm.. also, womit haben wir die Ehre deiner Anwesenheit verdient?"
"Ich bringe dir deine Zahnbürste." murmelte ich leise.
Plötzlich schob sich Lucas Mutter mit einem Strahlen im Gesicht zwischen uns. "Na ihr zwei Turteltäubchen? Soll ich euch was zu trinken bringen?"
Luca lief noch röter an, während ich hemmungslos zu lachen begann. Ich mochte Lucas Mutter jetzt schon.
"MAMA! Nein, komm Caroline, das ist hier definitiv das falsche Umfeld. "
Er schnappte sich meine Hand und zog mich die Treppe hinauf, während ich immer noch lachte. "Nein danke, Miss.. ähhh.."
"Ach, nenn mich einfach Susan, meine Liebe!" rief sie mir noch strahlend hinterher, während Luca mich eilig aus ihrem Blickfeld zog. Offenbar wollte er unseren Kontakt so gering wie möglich halten.
"Ich hoffe, du hast ihr nur gutes von mir erzählt." kicherte ich, als er mich in sein Zimmer zog.
"Ja natürlich. Was denkst du denn von mir?" meinte er gespielt beleidigt. "Wartest du kurz hier? Ich bringe die Zahnbürste nur schnell ins Bad."
Er ließ mich kurzerhand stehen, und als ich mich von meinem Lachanfall erholt hatte, konnte ich mich endlich mal in seinem Zimmer umsehen.
Es war geräumig und von Licht durchflutet, das durch zwei Fenster mit Gartenblick hereinfiel. Der Raum war in sonnigen Gelbtönen gestrichen und an den Wänden klebten viele Zeichnungen. Was mich jedoch erstaunte, war das Thema, das einige dieser Bilder zeigten. Nämlich mich. Als Wolf. Er hatte mich mehrmals gezeichnet, natürlich aus dem Gedächtnis, sodass die Zeichnungen nicht ganz originalgetreu waren, aber sie waren trotzdem wunderschön. Ich starrte sie erst gar nicht lange an, sondern ging zu seinem Schreibtisch vor dem Fenster, auf dem weitere Zeichnungen lagen. Außerdem stapelten sich dort in akkurater Anordnung Hefte, Mappen, Papier, Bücher und anderes Zeugs. Als ich an einem Papierfetzen zog, der zwischen zwei dicken Schulbüchern herausragte, förderte ich ein weiteres Bild von mir zutage. Und das erstaunliche war, dass er mich diesmal in Menschengestalt gezeichnet hatte, ganz bewusst.
In diesem Moment hörte ich Luca aus dem Badezimmer kommen. Ich stopfte das Blatt wieder in die Lücke zurück und schmiss mich auf sein Bett, als hätte ich gerade nicht in seinen Privatsachen rumgeschnüffelt.
Ich saß brav da, als könnte ich kein Wässerchen trüben. Tja Luca, Lektion 24 im Umgang mit einem Exemplar der Gattung Carolinius: Lass das Wesen niemals mit Wertsachen, zerbrechlichen Gegenständen und/oder geheimen Dingen alleine in einem Raum.
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Wolf fact: Bei Kälte können Wölfe ihre peripheren Venen verengen, um weniger Wärme an die Außenluft abzugeben. Sobald das Blut in die Pfoten fließt, wird es abgekühlt, sobald es in den Körper zurückkehrt wieder aufgewärmt. Doch selbst bei extremen Kälteverhältnissen sinkt die Temperatur nicht unter -1° C, um ein erfrieren der Pfoten zu verhindern.
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Sorry dass es so kurz ist, ich hatte in letzter Zeit viel zu tun :D mein Handy ist völliger Schrott, nachdem ich es ZWEIMAL in ner' Autotür eingeklemmt habe :P (beides mal wars ein Versehen ^^)
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Allein unter Menschen!
LobisomemNormal sein ist relativ. Jedenfalls für Caroline. Während andere bei dem Gedanken, ein Werwolf zu sein, vermutlich panisch geworden wären, hatte sie samt ihren drei Geschwistern bereits seit ihrer Kindheit Zeit, sich damit abzufinden. Werwolf von Ge...