21 - Todesursache: Ameisen
Ich pappte meine Nase an das Glas und starrte nach draußen, wobei ich irgendwie hypnotisiert wurde, denn zunächst war vor dem Fenster nur das dichte Schneegestöber zu sehen, das weiße Flocken herumwirbeln ließ. Es ähnelte dem Zeug das im Fernseher herumflog, wenn er keine Verbindung hatte und machte mich ganz schusselig.
Doch mit der Zeit legte sich der Sturm. Sonnenbeschienene, doch schneebedeckte Wiesen kamen zum Vorschein. Der Bus ratterte über die Straßen.
Mit der Zeit lag immer weniger Schnee, bis schließlich halbwegs grüne Wiesen zum Vorschein kamen. Natürlich war es nicht wie im Sommer, doch die Wiesen waren trotzdem grün. Wenn auch an manchen Stellen braun.
Der Lehrer verkündete unsere baldige Ankunft, und sofort hingen alle am Fenster. Was wir nicht erwarteten, war, dass wir noch einen zweistündigen Fußmarsch hinter uns bringen mussten.
Trotz einer geschlossenen Protestdemonstration mussten wir laufen.
Der Besitzer des Campinggrundstücks hatte zwar einen Jeep, doch damit konnte nur unser Gepäck gekarrt werden, aber wenigstens das. Bereits nach 20 Minuten war die komplette Klasse schweißgetränkt und der Lehrer ordnete eine Pause an. Alle ließen sich keuchend auf den Boden sinken. Fiona übrigends aus Versehen in einen Ameisenhaufen.
Wie ich bereits erwähnt habe, ist meine Ausdauer perfekt, was jetzt nicht selbstverliebt klingt, und um mir nichts anmerken zu lassen packte ich meine Schauspielkünste aus.
Allerdings hätte ich vielleicht doch am Anfang des Jahres den Schauspielkurs belegen sollen, anstatt mit Clara den Chemiekurs zu machen, weil wir eine Bombe bauen wollten.
Mein theatralisches Herumgewälze am Boden wirkte jedenfalls nicht sehr echt, und als die Ersten mich komisch anstarrten, setzte ich mich neben Clara auf einen Stein und gab es auf. Dann schaute ich mich um.
Dieser Wald war wirklich sehr naturbelassen, ähnlich dem bei uns Zuhause. Es war keine Monokultur, sondern ein Mischwald, das heißt, dass hier ausser Nadel- auch Laubbäume wuchsen. Es wurden keine Schneisen für Wege hineingerissen, am Boden wuchsen Sträucher.
Der Biologielehrer fing mit dem Unterricht an und erläuterte die Vorteile von Mischwäldern gegenüber Monokulturen, doch keiner hörte ihm zu, da sich Ben und Max um eine Wasserflasche stritten und die Anderen ihnen interessiert zusahen.
Ein Quieken ließ uns herumfahren. Das erste was ich sah war ein sich drehender bunter Kreisel. Aha. Aha? Hä?
Der Kreisel wechselte die Richtung und jetzt erkannte ich Angie, die hektisch versuchte, die Ameisen abzuschütteln, die unter ihrem T-Shirt herumkrabbelten.
Der Lehrer wechselte sofort das Thema und erläuterte den Nutzen von Ameisen im Wald, doch wieder hörte ihm niemand zu, weil die meisten entweder selber lachten, oder mir zusahen, wie ich vor Lachen am Boden herumrollte. Langsam bekam ich einen Krampf im Zwerchfell und krümmte mich zusammen. Wegen diesen Viechern würde ich noch sterben. Ich sah schon meinen Grabstein vor mir:
Caroline Gesser, Kekskönigin und Bushasserin
Ruhe in Frieden
Gestorben durch einen Lachkrampf ausgelöst durch AmeisenIch zuckte immer noch wie eine apathische Grippekranke, als ich etwas Nasses ins Gesicht bekam. Verwundert sah ich hoch. Regnete es oder was?
Ich blickte in Claras Gesicht. Sie grinste und schraubte die Wasserflasche zu. "Bist du jetzt fertig? Die anderen sind schon weitergegangen!" Finster sah ich sie an und rappelte mich hoch. Ich strich mir die fetznassen Haare aus dem Gesicht und wir rannten der Gruppe hinterher.
Der winzige Weg schlängelte sich zwischen den Bäumen hindurch, anstatt das man einfach alles abgeholzt hatte, was im Weg war. Ich wurde nicht müde, doch alle anderen waren sehr froh, endlich beim Campingplatz anzukommen. Hauptsächlich auch weil ich sie den ganzen Weg genervt hatte.
Wir erreichten eine große Lichtung mit einem kleinen Bach und einer Lagerfeuerstelle in der Mitte. Die drei Lehrer (der Wischmopp, der Biolehrer und eine Geografielehrerin) brachten Ordnung in das Chaos, als alle ihre Zelte aufbauten.
Oder jedenfalls versuchten sie es.
Der ganze Platz war übersät von Zeltplanen und Zeltstangen schwangen wild umher.
Ich musste einigen ausweichen, um nicht ein Auge zu verlieren. Clara und ich kämpften uns über die Lichtung und bekamen dabei sogar nur ein paar Schrammen und blaue Flecken ab. Das ist doch mal ein Erfolg.

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Allein unter Menschen!
Hombres LoboNormal sein ist relativ. Jedenfalls für Caroline. Während andere bei dem Gedanken, ein Werwolf zu sein, vermutlich panisch geworden wären, hatte sie samt ihren drei Geschwistern bereits seit ihrer Kindheit Zeit, sich damit abzufinden. Werwolf von Ge...