Prolog

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Noch immer erinnere ich mich haargenau an den Tag, der mein Leben für immer veränderte und prägen sollte. Dieser Tag brannte sich schmerzhaft in mein Gehirn und ließ mir immer wieder aufs Neue vor Augen führen, welches schwere Schicksal ich erleiden musste.

Ich war fünfzehn und im ersten High School Jahr, als die Ärzte es feststellten. Die grausamste Zeit meines Lebens begann mit einer harmlosen Grippe, die mich jedoch lange Zeit plagte und mich immer schwächer werden ließ. Als ich schließlich eines trüben Tages in Ohnmacht fiel, brachte meine Mom mich ohne zu zögern ins Krankenhaus.

Nach einigen Tests teilten sie uns die schlechte Nachricht mit.

Leukämie.

Meine Mom brach daraufhin auf der Stelle in Tränen aus, doch ich war wie erstarrt. Zu erstarrt um mich zu regen, geschweige denn um überhaupt zu atmen. Ich fühlte mich wie eine Marionette, die an seidenen Fäden hing und dazu bestimmt war, vollkommen regungslos dazusitzen.

Ab diesem grausamen Tag fingen die regelmäßigen Arzttermine und Tabletten an, die ich täglich einnehmen musste.

Am Anfang hatten wir noch Hoffnung. Ich hatte gute Heilungschancen, doch ich merkte selbst, dass sich mein Zustand mit jedem weiteren Tag nur noch verschlechterte.

Als schließlich die Chemotherapie nicht anschlug und auch die Medikamente nicht ihre erhoffte Wirkung zeigten, verlor ich so gut wie jede Hoffnung.

Meine Mom fing daraufhin an, viele Bücher über Krebs zu lesen und ergatterte sogar eine Stelle als Kinderkrankenschwester. Am Schluss hatte sie so viel Wissen über diese Krankheit angesammelt, dass sie am liebsten jeden Arzt verbessert hätte, der uns etwas über meinen Zustand mitteilte.

An meinem 17. Geburtstag war ich letztendlich so schwach, dass ich nicht einmal aus meinem Bett aufstehen konnte. In derselben Nacht bekam ich plötzlich keine Luft mehr und wurde sofort ins Krankenhaus eingeliefert.

Seit diesem Tag war klar, dass es für mich keine Hoffnung mehr geben würde. Ich würde sterben. Es ist nur noch eine Frage der Zeit und man kann nichts weiter tun, als abzuwarten und auf ein Wunder zu hoffen.

Meine Mutter traf es härter als mich, denn sie war am Boden zerstört. Ich hingegen versuchte stark zu sein. Ich lernte schnell, es zu akzeptieren, jedoch findet man sich mit so einer Situation nicht einfach ab, man lernt nur damit umzugehen. Man gewöhnt sich an das Leben, in dem man jeden Morgen mit der Angst zu sterben aufwachen muss. Es wurde leichter mit der Zeit, doch das hieß nicht, dass die Angst dadurch verblasste. Um ehrlich zu sein wurde die Angst mit jedem Tag stärker und krallte sich an meinem Rücken fest, während ich versuchte den Alltag, der aus Tabletten und Müdigkeit bestand, zu meistern.

Es war mir eigentlich schon seit dem ersten Tag bewusst, dass ich sterben müsste, doch ich wollte trotzdem nicht aufgeben. Ich wollte gegen die Krankheit ankämpfen und versuchen, stark zu sein. Als mein Dad damals abgehauen ist und mich mit meiner Mutter und meiner kleinen Schwester Emily alleine gelassen hatte, lernte ich es, stark zu sein.

Nachdem die Ärzte meiner Mom erzählten, dass es immer wieder Wunder gibt und ich auch eins darstellen könnte, war ihr sofort klar, dass ich es einfach schaffen muss. Manchmal dachte ich, das Thema belastete sie viel mehr als mich, da ich mich immer mehr zurückzog, während sie die ganze Zeit auf den Beinen war und versuchte es mir so Recht wie möglich zu machen.

Sie ist eine wundervolle Mom. Ich liebe sie über alles und auch wenn sie immer vorgibt, unfassbar stark zu sein, habe ich schon oft genug gehört, wie sie sich heimlich in den Schlaf geweint hatte.

In der Schule war ich schon immer ziemlich unauffällig. Es war bisher nie aufgefallen, dass ich ziemlich oft fehlte und außer meinem besten Freund Kyle, weiß dort niemand, dass ich diese Krankheit habe und das ist auch gut so. Ich will kein Mitleid und vor allem möchte ich keine weiteren Menschen in mein Leben lassen. Ich würde sie nur verletzen, sobald ich diese Welt verlasse. Denn genau das ist es, was ich den Menschen antun werde, die mich lieben. Ich werde sie verletzen. Dies ist eine unausweichliche Tatsache.

Mir ist bewusst, dass ich niemals einen Freund haben werde, geschweige denn zu heiraten oder Kinder zu bekommen. Dies ist der Grund, warum ich an manchen Tagen sogar die Freude am Leben verliere. An diesen Tagen will ich nicht einmal mehr kämpfen. Immerhin ist jegliche Anstrengung sowieso zum Scheitern verurteilt.

Aber ich habe mir noch einen allerletzten Plan ausgedacht, an dem ich nun verzweifelt festhalte. Ich werde wenigstens noch versuchen meinen High School Abschluss zu schaffen, auch wenn ich bezweifle, dass mir die Zeit dazu überhaupt noch reichen wird. Ich werde für meine Familie und für meinen besten Freund Kyle da sein und ihnen so viel Liebe geben, wie ich nur kann.

Der Plan klang für mich perfekt. Doch ich hätte nie gedacht, dass ausgerechnet er, mit seinen unverwechselbaren grünen Augen, diesen Plan und auch mein Leben vollkommen verändern wird ...

To StayWo Geschichten leben. Entdecke jetzt