75. Kapitel

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Alison

Es fühlt sich an, als wäre es eine Ewigkeit her, seit ich das letzte Mal mein Haus betreten habe. Die weißen Wände und die sterilen Gerüche in der Luft, die mich in den letzten Wochen im Krankenhaus umgaben, haben sich schon fast vertraut angefühlt, jedoch habe ich mein Zuhause vermisst und würde es auch nicht wieder hergeben.

Die Ärzte hatten Recht. Ich fühle mich etwas besser. Besser, als ich es mir in den letzten Wochen nur erhoffen konnte, doch ich weiß, dass es nur an den unzähligen Medikamenten in meinem Körper liegt. Jedoch versuche ich mich auf andere Dinge zu konzentrieren.

Nachdem meine Mutter minutenlang auf mich eingeredet hatte und mich überzeugen wollte, dass es viel besser wäre, wenn mein Zimmer im Ergeschoss wäre, habe ich schließlich nachgegeben. Mein Zimmer wurde nun in das Gästezimmer neben der Küche verlegt. Es ist etwas kleiner und auch ungewohnt, jedoch hatte meine Mutter recht. Das Treppen steigen ist mittlerweile viel zu anstrengend für mich geworden und ich weiß, dass meine Mutter dadurch auch etwas beruhighter ist, da sich ihr Schlafzimmer nur zwei Räume neben an befindet.

Jack hat seinen Arm um mich gelegt, während wir abends auf der Couch im Wohnzimmer sitzen und einen älteren Film schauen, der gerade im Fernseher läuft. Meine Mutter ist noch bei der Arbeit und holt anschließend Emily noch bei einer Freundin ab, während Kyle vor einigen Minuten noch bei uns war, aber schließlich zum Abendessen nach Hause musste.

Ich werfe einen kurzen Blick zur Seite und sehe zu Jack, der seinen Blick auf den Fernseher gerichtet hat. Mir entgehen auf keinen Fall seine tiefen Augenringe, die er seit den letzten Wochen fast täglich unter den Augen hat. Ich bin froh, dass er die ganze Zeit für mich da war, jedoch hat er mir auch oft Leid getan, als ich die Sorge und Erschöpfung in seinen Augen sah. Ich will nicht, dass er sich zu sehr um mich Sorgen macht und auch mehr Zeit mit anderen Leuten oder mit anderen Dingen verbringt, jedoch konnte ich machen was ich wollte, er möchte sich einfach nicht von mir fernhalten.

"Hab ich etwas im Gesicht?", fragt schließlich Jack, als sich im selben Moment ein kleines Lächeln auf seinen Lippen ausbreitet. Er sieht zur Seite und erwidert meinen Blick, während meine Wangen leicht rot anlaufen, da er mich beim Starren erwischt hat.

"Nein, alles gut.", antworte ich und sehe in seine grünen Augen, die mich aufmerksam mustern. Er greift nach meiner Hand und nimmt sie in seine, sodass sich ein kleines Kribbeln in meinem Bauch ausbreitet. Ich kann einfach kaum begreifen, wie viel sich in den letzten Monaten verändert hat. Nie hätte ich mir damals vorstellen können, einmal an Jacks Seite zu sein, während ich mir jetzt nicht mehr vorstellen kann, ohne ihn zu leben.

"Bei dir auch alles gut? Bist du müde?", fragt er schließlich und zieht mich etwas näher an sich ran.

Ich schüttle sofort den Kopf und wende meinen Blick wieder einige Sekunden zu dem Film. "Nein. Erstaunlicherweise nicht." Es wurde mittlerweile schon zur Gewohnheit, dass ich den ganzen Tag nur müde und erschöpft bin und nichts anderes tun möchte als zu schlafen, sodass meine Antwort uns nun beide überrascht.

Erneut breitet sich ein Lächeln auf Jacks Lippen aus. In den letzten Tagen ging es mir einigermaßen gut und es scheint mit jedem Tag besser zu werden. Ich versuche mir zwar nicht zu große Hoffnungen zu machen, jedoch sehe ich in Jacks Augen, dass er es tut. Auch wenn ich das auch gerne tun würde, habe ich einfach schon von zu vielen verschiedenen Leuten gesagt bekommen, dass ich sterben werde, so dass es mir schwer fällt weiterhin zu hoffen. Deshalb möchte ich auch die Tage, die mir wahrscheinlich noch bleiben, nicht verschwenden.

"Jack ... wegen der Abschlussfeier ...", setze ich deshalb an, jedoch breche ich den Satz ab, als ich sehe wie er für einige Sekunden die Augen schließt.

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