32. Kapitel

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Alison

Am nächsten Morgen stehe ich lächelnd auf. Ich kann noch immer nicht fassen, was gestern alles passiert ist.

Nachdem er mir auf der Terasse von seiner Vergangenheit erzählt hat, war ich einerseits gerührt, dass er es mir anvertraut hat und gleichzeitig bin ich vor Trauer fast in Tränen ausgebrochen. Nie hätte ich gedacht, dass er im Leben schon so viel durchgestanden hat. Ich kann mir nicht vorstellen, wie es sich anfühlen würde, meine Mutter durch eine Überdosis an Drogen tot im Bett vorzufinden und dann von meinen Dad geschlagen zu werden. Jack hat so vieles durchgemacht, ohne das man es ihm anmerkt. Er scheint alles perfekt zu verdrängen, doch trotzdem habe ich Mitleid mit ihm und kann ihn und seine Verhaltensmuster nun besser verstehen.

Während ich mich unter die Dusche stelle, denke ich wie von selbst an die Umarmung auf der Terasse zurück. Als er mich in seine Arme gezogen und mich fest an sich gedrückt hat, wollte sich das unbeschreibliche Kribbeln in meinem Bauch erst gar nicht mehr beruhigen.

Ich fühlte mich in der Umarmung unfassbar wohl und sicher. Am liebsten hätte ich ihn nie mehr losgelassen. Aber auch, als er sich auf dem Parkplatz von mir verabschiedet hatte, spürte ich wieder diese starke Anziehung zwischen uns, die mittlerweile immer auftaucht, sobald wir uns nur im selben Raum aufhalten.

Ich erinnere mich, wie nah seine Lippen an meinen waren und wie gerne ich mich nach vorne gelehnt hätte, um die Lücke zwischen unseren Körpern zu schließen und meine Lippen auf seine zu legen.

Ich habe noch nie zuvor jemanden geküsst und ich hätte auch nie damit gerechnet, dass ich überhaupt daran denken würde, dies zu ändern. Bis jetzt ...

Ich seufze und föhne meine Haare, während mir ein neuer blauer Fleck an meinem Oberarm auffällt. Er ist nicht besonders groß, jedoch ziemlich dunkelblau.

Nachdem meine Haare schließlich getrocknet sind, versuche ich ihn mit Make up abzudecken, jedoch ist er danach noch immer leicht zu erkennen.

Ich gebe es somit seufzend auf und fange an meine Haare mit einem Glätteisen zu glätten. Wie aus dem Nichts, zieht plötzlich ein Schauder durch meinen Körper, der mich automatisch an gestern Nacht erinnert, als Jack seine Stirn an meine gelegt hat. Ich bin mir nicht zwar nich vollkommen sicher, aber zu diesem Zeitpunkt hatte ich das Gefühl, dass er mich ebenfalls küssen wollte ...

Aber was bilde ich mir überhaupt ein? Ich werde Jack niemals küssen. Er würde es niemals zulassen, dass wir uns auf diese Weise Nahe kommen.

Nachdem ich meine neuen Klamotten, die ich zusammen mit Sarah gekauft hab, angezogen habe, greife ich meine Tasche und laufe die wenigen Treppenstufen nach unten.

Nach ein paar Stufen wird mir jedoch schwarz vor Augen, sodass ich mich panisch am Geländer festhalten muss, aus Angst, sonst umzukippen. Ich setze mich kurz auf die Stufe und atme ein paar Mal tief durch, damit der Schwindel nachlässt.

"Alison! Kommst du bitte runter? Ich habe Frühstück gemacht", höre ich meine Mutter von unten rufen.

Ich schließe kurz die Augen und stehe nach einigen Sekunden wieder mit wackeligen Knien auf. Wenn mich meine Mom so sieht, lässt sie mich sicherlich nicht in die Schule. Ich laufe gerade die letzten Stufen nach unten, als ich plötzlich ein schmerzhaftes Stechen im Bauch spüre.

Sobald ich die Küche betrete muss ich mich erst einmal am Türrahmen festhalten und spanne mich dabei automatisch am ganzen Körper an.

Jedoch steht meine Mom gerade am Herd und dreht mir somit den Rücken zu, sodass sie nichts mitbekommt. Doch Sarah, die gerade am Tisch sitzt, wirft mir einen besorgten Blick und will schon aufstehen, als ich sie im selben Moment zurückhalte. Ich lächle ihr schwach zu und versuche ihr damit zu versichern, dass alles in Ordnung ist, während ich mich zu ihr an den Tisch setze.

To StayWo Geschichten leben. Entdecke jetzt