16. Kapitel

30.6K 1.4K 306
                                    

Alison

Am nächsten Morgen öffne ich meine Augen und blinzle müde gegen die Decke.

Nachdem ich gestern noch den halben Abend auf dem Boden im Badezimmer verbracht und somit das Abendessen ausgelassen habe, bin ich schließlich ins Bett gegangen und sofort eingeschlafen.

Obwohl ich jetzt mehr als zehn Stunden Schlaf hatte bin ich noch immer schwach und müde. An meinen Wangen spüre ich noch die getrockneten Tränen von letzter Nacht und schließe somit die Augen.

Ich sollte den Schmerz nicht zulassen, der mich zu erdrücken versucht und mir jede Freude am Leben nimmt. Ich sollte stark sein und die Trauer in mir ignorieren, jedoch schmerzt es zu sehr. Ich bin einfach zu schwach.

Ich vergrabe das Gesicht in meinen Händen, während mein Körper beginnt unkontrolliert zu zittern und die Tränen erneut über meine Wangen laufen.

Nach einer Weile höre ich die schweren Schritte meiner Mom, die die Treppen nach oben läuft. "Liebes?", fragt sie leise und steckt ihren Kopf in mein Zimmer.

Als sie sieht, dass ich noch im Bett liege, kommt sie besorgt aus mich zu. "Alison? Du liegst noch im Bett? Kyle wartet bereits unten." Sie setzt sich neben mich ans Bett und legt ihre Hand an meine Wange, während ich nur mit leerem Blick an ihr vorbei starre. "Geht es dir nicht gut?", fragt sie besorgt und streicht mir eine Haarsträhne hinters Ohr.

Ich schüttle langsam den Kopf. "Ich möchte heute nicht in die Schule, Mom", flüstere ich und erschrecke selbst bei dem rauen Klang meiner Stimme.

Meine Mom zieht ihre Stirn besorgt in Falten und legt daraufhin meine Decke richtig über mich. "Dann bleib heute zu Hause. Der Arzt hat gestern ja auch gesagt, dass du dir viel Ruhe gönnen sollst."

Ich nicke und schließe meine Augen. "Okay", flüstere ich und versuche krampfhaft die Tränen vor Mom zurückzuhalten. Sie soll nicht sehen, wie schlecht es mir in Wirklichkeit geht.

"Ich sag dann schnell Kyle Bescheid und rufe in der Schule an", informiert sie mich, als sie auch schon im nächsten Moment aufsteht und zur Tür eilt. Kurz bevor sie jedoch den Raum verlässt, bleibt sie stehen und dreht sich nochmal zu mir um. "Hast du deine Tablette schon genommen?"

Ich nicke und sehe schweigend aus dem Fenster, während der starke Regen gegen die Fensterscheiben prasselt und ein beruhigendes Geräusch erzeugt. Ich habe es schon immer gemocht den Regen zu beobachten. Früher saß ich manchmal Stunden vorm Fenster und habe einfach beobachtet wie der Regen auf den nassen Boden tropft, während ich über die unterschiedlichsten Sachen nachgedacht habe. Ich konnte noch nie verstehen, wie Menschen den Regen nicht ausstehen können. Viele empfinden ihn als lästig, während er mir Trost spendet. Denn der Regen erinnert mich daran, dass auch der Himmel manchmal weint, nur um auf den Regenbogen zu warten, der alles wieder besser macht.

Meine Mutter setzt ein gefälschtes Lächeln auf und nickt. "Gut. Wenn du etwas brauchst, dann sag Bescheid, okay?"

Als ich nicht antworte, läuft sie aus dem Raum und steigt eilig mit ihren Absätzen die Treppe hinunter. Ich lege mich auf den Rücken und starre weiterhin aus dem Fenster, während die Zeit einfach so an mir vorbei zieht. 'Ich will nicht mehr' Die Worte hallen die ganze Zeit in meinem Kopf umher und wollen meine Gedanken nicht verlassen.

Die Zeit vergeht langsam, doch ich starre die ganze Zeit nur in den Regen. Als ich einen Blick auf die Uhr auf meinem Nachttisch werfe, ist es schon halb zehn.

Ich seufze und schließe wieder die Augen, um etwas Schlaf zu finden, der mir eine kurze Pause von den schrecklichen Schmerzen gibt.


To StayWo Geschichten leben. Entdecke jetzt