9. Kapitel

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Jack

Der laute Bass der Musik schallt durch das Auto, während ich durch die Straßen zu ihrem Haus fahre. Ich habe die Musik extra laut gestellt, um sie zu ärgern, jedoch hat sie ihren Kopf gegen die Scheibe gelehnt und die Augen geschlossen. Sie wird doch nicht etwa schlafen? Ich schalte die Musik leiser und werfe ihr einen längeren Blick zu. Sie ist wirklich total blass und sieht um ehrlich zu sein, sogar etwas gruselig aus. Warscheinlich leidet sie tatsächlich unter einer Grippe.

"Alles okay?", frage ich, doch sie reagiert nicht auf mich. Verwundert ziehe ich die Augenbrauen nach oben und beschließe letztendlich, mich weiterhin auf die Straße zu konzentrieren. Ich hatte es wirklich ernst gemeint, was ich in der kleinen Kammer zu ihr gesagt habe. Als ich ihre Brille abnahm und in ihre blauen Augen schaute, wurde mir bewusst, dass sie wirklich hübsch ist. Warum kümmert sie sich denn auch nicht mehr, um ihr aussehen?

Gerade als ich in ihre Straße biege, öffnet sie die Augen und sieht sich verwirrt um. Ihre Augen glänzen leicht und mit den dunklen Augenringen sieht sie aus, als hätte sie tagelang keinen Schlaf mehr abbekommen.

Ich parke vor ihrem Haus und stelle das Radio aus. Ich bin schon oft an diesem Haus vorbei gefahren, doch ich wusste nie, dass sie darin wohnt. Mir hatte das Haus schon immer gefallen, da es irgendetwas besonderes an sich hat.

"Hier wohnst du?", frage ich verwundert und mustere das große Haus.

Sie nickt und greift mit ihren dünnen, zittrigen Fingern an die Autotür. "Danke fürs heimbringen", haucht sie und ich erschrecke kurz vor dem Klang ihrer Stimme. Ihr muss es echt beschissen gehen ...

"Also dann." Sie steigt aus dem Auto aus und schließt die Tür hinter sich. Einige Sekunden lang, sehe ich ihr nur nachdenklich hinterher, bis ich mich schließlich leicht räuspere und den Blick wieder nach vorne richte.

"Bis dann, Alison", sage ich leise, während ich den ersten Gang einlege und weiterfahre.

****

Wenige Minuten später, parke ich das Auto vor meiner Einfahrt und steige letztendlich aus..

"Jack?", höre ich plötzlich Kyle Stimme, sodass ich die auf der Stelle die Augen verdrehe.

"Was?", frage ich gernervt und drehe mich zu meinem "tollen" Nachbar Kyle um, der an dem Zaun steht, der unsere Grundstücke voneinander trennt. Ich rede normalerweise nie mit ihm und wir gehen uns sonst auch immer aus dem Weg. Heute ist sein Gesichtsausdruck jedoch besorgt.

"Hast du Alis.. du weißt schon Klem gesehen? Ich weiß, dass ihr zusammen Nachsitzen hattet, doch sie geht seit Stunden nicht ans Handy." Ich ziehe verwirrt die Augenbrauen zusammen.

"Seit ihr ein Paar oder warum kümmert dich das so sehr?"

Er verdreht die Augen. "Nein sind wir nicht und jetzt beantworte die Frage." Sein Gesichtsausdruck wird total ernst. Er muss sich wirklich Sorgen um sie machen.

In aller Seelenruhe verriegle ich das Schloss in meinem Auto und lasse mir für die Antwort extra viel Zeit, um ihn zu ärgern. "Ich hab sie gerade nach Hause gefahren."

Kyles Mund klappt sich bei diesen Worten schockiert auf, wodurch ich mir ein Lachen verkneifen muss. "Du hast was?", fragt er ungläubig nach, während sich seine Augen zu weiten beginnen.

"Sie nach Hause gefahren.", sage ich genervt und gehe mit langsamen Schritten auf die Veranda zu.

Kyle und ich sind erst seit etwa zwei Jahren Nachbarn, jedoch haben wir seitdem noch nie eine richtige Unterhaltung geführt.

"Ich hab dich schon verstanden, aber warum?" Der Junge kann echt nerven. Was kümmert es ihn denn so sehr? Warum fragt er sie nich einfach selbst?

"Damit ich sie vorher auf dem Rücksitz vögeln konnte.", erwidere ich mit einem ernsten Blick, wodurch er mich nur wütend ansieht.

"Das ist nicht lustig", sagt er mit einem beherrschten Klang in der Stimme und umklammert den Zaun mit seinen beiden Händen.

"Irgendwie schon", sage ich und kann das kleine Grinsen nicht aufhalten, welches sich nun auf meinen Lippen ausbreitet.

Kyle verdreht die Augen und läuft auf sein Auto am Straßenrand zu. "Du bist ein Idiot. Ich geh jetzt zu ihr." Er krammt in seiner Hosentasche nach seinem Schlüssel und schließt nur Sekunden später das Auto auf.

"Tu das, aber erschreck nicht. Sie sieht aus als wäre sie krank", sage ich belustigt, doch Kyle beginnt im selben Moment mitten in seiner Bewegung zu erstarren und mich mit großen, panischen Augen direkt anzusehen.

"Wie meinst du das? Geht es ihr etwa nicht gut? Ist sie umgekippt? War ihr schwindelig? Schlecht?" Mir entgeht keinesfalls die Panik in seiner Stimme, wodurch ich einen Schritt zurücktrete und abwehrend die Hände vor den Körper halte.

"Alter nein. Fahr mal einen Gang runter, du Freak." Kyle schüttelt daraufhin nur seinen Kopf und setzt sich letztendlich schnell ins Auto, um loszufahren.

Kopfschüttelnd gehe ich ins Haus. Ich werde die beiden nie wahrscheinlich niemals verstehen. Sie sind einfach nur komisch.

Als ich die Tür aufschließe, höre ich die Stimmen des Fernseher, die vom Wohnzimmer aus kommen. "Ich bin da", rufe ich und laufe in die Küche, um mir eine Cola aus dem Kühlschrank zu holen.

"Wie war die Schule?", fragt Mike hinter mir, während ich die ColaDose öffne.

Ich seufze und zucke nur leicht mit den Schultern. "Schule eben." Ich drehe mich zu ihm um und ziehe verwirrt die Augenbrauen nach oben. "Warum trägst du noch deinen Kittel?"

Mike sieht an sich hinunter und lacht nervös. "Oh, hab ich gar nicht gemerkt."

Ich schüttle den Kopf. Mike ist Arzt im Krankenhaus und arbeitet so viel, dass ich ihn kaum zu sehen bekomme. Er ist ziemlich oft erschöpft und deswegen auch ziemlich oft etwas neben der Spur, weshalb es mich nicht wundern sollte, dass er vergessen hat, seinen weißen Kittel auszuziehen.

"Hattest du wieder Nachsitzen?", fragt er mit einem Blick auf seine Armbanduhr. Ich nicke und laufe an ihm vorbei, um auf mein Zimmer zuzusteuern. "Jack, so kann das nicht weitergehen", seufzt er, doch ich verdrehe nur ein weiteres Mal die Augen.

"Kümmer dich um deinen eigenen Scheiß", knurre ich und laufe den Gang entlang zu meinem Zimmer. Manchmal ist Mike echt ein guter Onkel, wenn er jedoch anfängt, die Vaterrolle zu übernehmen, ist er echt nervig.

Ich hasse es, wenn Leute mich herumkommandieren. Ich mache das, was ich will und nicht was andere wollen. Ich lege meinen Rucksack auf den Boden und lasse mich nur Sekunden später aufs Bett fallen. Als ich mein Handy checke, habe ich ein paar Nachrichten vom Team, die Fragen, wo ich bin und eine Nachricht von Katelyn, die mich heute Abend ablenken will.

Ich werfe es zur Seite und schnappe mir meine Gitarre und fange an, ein bisschen darauf zu spielen.

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~Nadine 💕

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