"Caitlyn, warte mal." Gemeinsam mit Draco und Noreen blieb ich mitten zwischen den großen Flügeltüren am Eingang der großen Halle stehen und drehte mich zu Graham Montague und Adrian Pucey um. Die Glocke in der Eingangshalle hatte gerade erst geschellt und wir waren eigentlich auf den Weg zu Verteidigung gegen die dunklen Künste. Da ich bereits heute Morgen bei Zaubertränke zu spät gewesen war und ich Umbridge zudem nicht einschätzen konnte, wollte ich ausnahmsweise einmal pünktlich kommen.
Eine Verhinderung konnte ich nicht gebrauchen und schenkte meinen Teamkollegen daher einen ungeduldigen Blick. Adrian verstand sofort: "Ich wollte nur kurz fragen, wann du eigentlich die Auswahlspiele für die Mannschaft planst? Wir brauchen zwei neue Treiber." Nach kurzen Zögern ergänzte er: "Und einen neuen Jäger."
Verwirrt schweifte mein Blick zu Graham, der einen seltsam schuldbewussten Eindruck machte. "Meine Eltern haben mir verboten, dieses Jahr wieder zu spielen." Er schluckte und fuhr sich durchs dunkle Haar, als ich ihn zu einer Erklärung aufforderte. "Es könnte sein, dass ich es letztes Jahr nur mit Ach und Krach durch die Prüfungen geschafft habe", gestand er und sah unbehaglich durch die Gegend. "Ich stehe in vier Fächern auf der Kippe und soll mich jetzt mehr auf den Unterricht konzentrieren."
Ich seufzte. Noch eine Position mehr, die es zu besetzten galt. "Wir machen das Testspiel Samstagmorgen. Es wäre nett, wenn einer von euch einen Aushang ans schwarze Brett pinnen könnte."
"Okay. Das wäre ja dann wohl mein Job", stellte Graham bedrückt fest und senkte den Blick zu Boden. "Wir sehen uns."
Trotz meiner Bemühungen, das Gespräch rasch hinter mich zu bringen, schafften wir es nicht mehr pünktlich. Wobei auch einige der magischen Treppen mit zu diesem Umstand beigetragen hatten. Die Tür war bereits fest verschlossen, als wir vor dem Raum eintrafen. "Toll", stieß ich missmutig hervor und streckte gerade eine Hand nach der Türklinke aus, als Draco sich dazwischen mogelte.
"Lass mich mal vorgehen." Selbstgefällig grinste er zu mir hinunter und ich konnte nur mit Mühe mein eigenes zurückhalten. Er stand so dicht vor mir, dass ich seinen vertrauten Geruch einatmen konnte. "Sie kennt meinen Vater."
Ich kam nicht dazu, ihm zu protestieren, denn er stieß genau in dem Moment schwungvoll die Türe auf und trat in den vollkommen ruhig daliegenden Raum. Die Hälfte der Bänke war noch leer – da wir Slytherins ja, bis auf wenige Ausnahmen, gerade erst angekommen waren – und die anwesenden Gryffindors starrten alle mehr oder weniger konzentriert in ihre aufgeschlagenen Bücher.
Bei dem lauten Knall, der bei Kontakt der Tür mit der rauen Steinwand entstand, ruhten plötzlich alle Blicke auf uns. Ich stand dicht hinter Draco, neben mir Noreen und schräg versetzt die beiden Gorillas, besser bekannt unter den Namen Crabbe und Goyle.
"Wären Sie so freundlich, mir zu erklären, wieso sie erst jetzt hier auftauchen?" Pink, kleinmädchenhaft und mit dem Aussehen einer Kröte, stand Professor Umbridge von ihrem Stuhl hinter ihrem Schreibtisch auf und blickte uns an. "Der Unterricht hat vor einer halben Stunde begonnen, falls es Ihnen entfallen sein sollte."
Mir sträubten sich bei ihrer Art alle Nackenhaare, doch ich bemühte mich um eine ausdruckslose, kalte Miene und hob das Kinn. Mein Freund neigte nur leicht den Kopf. "Es tut mir wirklich leid, Professor Umbridge", schnarrte er. "Ich bin dieses Jahr zum Vertrauensschüler ernannt worden und musste meiner Pflicht nachkommen. Einige Unruhestifter haben sich unten in der Halle herumgetrieben und ich habe sie zur Ordnung rufen wollen. Da sie nicht hören wollten, haben wir sie hinauf zu Professor McGonagall gebracht, damit sie, als Hauslehrerin, über die Strafe entscheidet."
Eigentlich sollte es mich nicht mehr überraschen, wie gut der junge Malfoy lügen konnte. Die Professorin schien keinerlei Zweifel an seiner Aussage zu haben. Genauso wenig wie der Rest der Klasse, wenn man nach den zornigen Blicken der Gryffindors ging. Ron maß den vermeintlich verantwortungsvollen Vertrauensschüler mit Blicken, als wolle er ihn gleich zum Duell fordern, während Harry meinen Blick suchte. Ich erwiderte diesen nur für den Bruchteil einer Sekunde, zwang meine Miene dabei zu einem Ausdruck der kühlen Arroganz. Sein folgendes Zusammenzucken tat weh, allerdings redete ich mir ein, dass es so das Beste sei. "Nun denn, wären Sie so freundlich ihre Plätze einzunehmen?"
Ohne zu zögern schritt Draco zu dem Tisch direkt vor ihrem Pult und zog mich an der Hand mit sich. Widerwillig folgte ich ihm. Kaum hatten wir uns alle niedergelassen, folgte die Aufforderung: "Schlagen Sie bitte alle Seite fünf in ihrem Exemplar der Theorie magischer Verteidigung von Wilbert Slinkhard auf und lesen Sie 'Kapitel eins, Allgemeinheiten für Anfänger'."
Wie auch meine Freunde kramte ich das Buch hervor, klappte es an der geforderten Seite auf und begann zu lesen. Schon bald stellte ich fest, dass der Autor hier völligen Mist verzapft hatte.
'Die Theorie den Zauberstab genau im richtigen Winkel zu halten und somit einen gelungenen Zauber auszuführen, kann man ganz einfach durch Meditation erlernen. Stellen Sie sich vor, das schmale Stück Holz, welches ihren Zauberstab darstellt, zwischen den Fingern zu spüren und dann die für den Zauberspruch nötige Bewegung auszuführen. Überlegen Sie sich genau, wie Sie ihre Hand dabei führen und welche Muskeln dabei in Anspruch genommen werden können, vielleicht sogar müssen. Projizieren Sie ein Bild dessen, was sie erreichen möchten in ihre Gedanken. Wenn Sie all diese Bilder klar und deutlich in ihrem Kopf ausführen können, werden Sie den Zauber auch in der Praxis beherrschen.
Falls Sie mit dieser Art der Übung Probleme haben sollten, können Sie auch tatsächlich einen Stock zur Veranschaulichung in die Hand nehmen und so die Schritte durchführen. Benutzen Sie dabei jedoch auf keinen Fall ihren Zauberstab, da dieser, bei falscher Ausführung des Zaubers, einen immensen Schaden verursachen kann.'
Perplex las ich mir diesen Absatz immer wieder aufs Neue durch, befand ihn aber auch beim zehnten Mal als vollkommen ungeeignet. Nur am Rande nahm ich wahr, wie Hermine eben diese Punkte im Gespräch mit Umbridge kritisierte, war aber selbst noch zu sehr mit der Erkenntnis beschäftigt, was für eine Idiotie der Minister damit doch anzettelte. Bei dieser Bildung, würde niemand von uns die ZAG's schaffen, mal ganz abgesehen davon, wie sehr das Ministerium ihm damit in die Hände spielte. Erneut tat sich in meiner Vorstellung das Bild einer riesigen, fetten Spinne auf, die im Geheimen alle Fäden zog.
Draco legte eine Hand auf mein aufgeschlagenes Buch und hinderte mich so am Weiterlesen. Für einen Augenblick gestattete ich mir, seine eleganten, schlanken Finger zu mustern, dann hob ich den Blick und begegnete seinen besorgt dreinblickenden Augen. Braun traf auf Grau. "Ich weiß", formte er mit den Lippen, wie um meine vorherigen Gedanken zu bestätigen.
Ich biss mir auf die Unterlippe und sah aufs Neue zu Professor Umbridge, deren Absätze ein klackendes Geräusch verursachten, während sie vor der Tafel auf und ab ging. Schließlich blieb Sie genau in der Mitte stehen und ließ ihren Blick mit falschem Lächeln über uns schweifen. "Es ist die Auffassung des Ministeriums, dass ein theoretisches Wissen mehr als ausreichend ist, um Sie alle durch die Prüfungen zu bringen. Das ist es, worum es in der Schule geht. Wenn Sie die Theorie fleißig studieren, wird Ihnen keiner der Zauber Schwierigkeiten bereiten."
"Was wird uns die Theorie denn in der wirklichen Welt nützen?", fragte mein Bruder. Seine Stimme fest. "Wie sollen wir uns darauf vorbereiten, was uns dort draußen erwartet?"
"Dort draußen erwartet Sie nichts, Mr. Potter." Ihre Stimme hatte einen zuckersüßen Klang angenommen. "Wer, glauben Sie denn, will Kinder wie Sie angreifen?"
Diese Frage war schon beinahe eine Beleidigung für Harry. Jeder wusste, an wen er seine Eltern verloren hatte, angeblich seine Schwester, mich. Genau genommen war es beinahe eine Beleidigung an mich. Die gesamte Sturheit des Ministeriums, die Augen vor der drohenden Gefahr zu verschließen – die Möglichkeit eines weiteren Krieges zu verleumden, grenzte an eine Beleidigung an alle Hexen und Zauberer, die Angehörige während der letzten Herrschaft des dunklen Lords an ihn verloren hatten. Ich ballte meine Hände zu Fäusten. Es war nicht ratsam, mich in diesen Streit einzumischen. Offiziell ging er mich nichts an. Doch ich hörte die Wut im gespielt nachdenklichen Tonfall meines Bruders. "Vielleicht ... Lord Voldemort?"
DU LIEST GERADE
Unknown Potter II - Hidden in the Dark
FanfictionCaitlyn hat endlich die Wahrheit erfahren. Auch wenn sie erkennen muss, dass diese sie in schreckliche Gefahr bringt. Ihr Vater ist gar nicht ihr Vater und ihr Bruder ist nicht tot, sondern kämpft tagtäglich um sein Überleben, jetzt, da der dunkle L...