5 | 14. Kapitel

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Wie wir erwartet hatten, wurden die kommenden Wochen hart. In jedem zweiten Unterricht saß Umbridge im hinteren Bereich des Klassenraums und machte sich Notizen. Das Kratzen ihrer Feder auf ihrem zur Ausnahme einmal nicht pinken Klemmbrett machte nicht nur die Lehrer verrückt. Wenn ich das klackende Geräusch ihrer Miniaturabsätze auf dem Steinboden hörte, trieb es mir jedes Mal eine Gänsehaut in den Nacken und der Hass auf sie sammelte sich in meiner Magengegend. Wie mein Ziehvater mir letzten Freitag jedoch zum wiederholten Male ins Gedächtnis gerufen hatte, wäre es fatal für mich, mich mit ihr anzulegen. Als ob ich das nicht wüsste! 

Allerdings gab es dieser Tage nicht sonderlich viel, was es schaffte, mich abzulenken. Es war nicht abzustreiten, dass das Lernpensum insgesamt erhöht worden war. Nebenfächer, wie es bis letztes Jahr zum Beispiel noch Geschichte der Zauberei, Kräuterkunde oder Astronomie gewesen waren, gab es nicht mehr. Die Lehrer zogen ihr Ding durch und jagten uns durch den Stoff, ohne Rücksicht auf Verluste. Selbst Harry und Ron konnte man zeitweise in der Bibliothek beim Lernen beobachten, wobei es mir vorkam, als würden sie mir seit rund anderthalb Wochen wieder und wieder scheele Blicke zuwerfen. Es machte mich wahnsinnig, nicht mit meinem Bruder sprechen zu können, wenn er direkt vor meiner Nase hockte, weshalb ich fortan meine Bemühungen verdoppelte, ihm aus dem Weg zu gehen.

Der einzige Ort, wo ich diesem anstrengenden Schulalltag und Versteckspiel meist aus dem Weg gehen konnte, waren nunmehr das Quidditchfeld und unser Gemeinschaftsraum. Wobei auch die Erholung auf dem Quidditchfeld mehr und mehr zu schwinden schien. Normalerweise machte es mich frei, durch die Luft zu rasen, den großen roten Quaffel in der Hand unserem Hüter seine Schwächen vor Augen zu führen.

Wir trainierten verbissen, zwei bis dreimal in der Woche, der Gedanke an das kommende Spiel gegen Gryffindor, bei dem ich zum ersten Mal als Kapitän spielen würde, hatte sich aber, sehr zu meinem Leidwesen, tief in meinen Kopf eingegraben. Crabbe und Goyle lieferten bei weitem nicht die Leistung, die wir von unseren alten Treibern gewohnt waren. Meistens hingen sie träge in der Luft herum und wenn sie sich dann doch einmal dazu herabließen, auf die Klatscher einzuprügeln, vergaßen sie meistens, auf wen sie zielen sollten.

An einem besonders sonnigen Nachmittag im Spätherbst, hatten sie es tatsächlich sogar geschafft, sich gegenseitig vom Besen zu kicken. Ich war am Ende so wütend gewesen, dass ich meinen geliebten Besen in die Ecke gefeuert hatte und haare raufend das Feld verlassen hatte, um mich davon abzuhalten, sie kurz und klein zu hexen.

Die Nachricht am schwarzen Brett, die ich an diesem Morgen bei uns im Gemeinschaftsraum vorfand, trug zudem nicht sonderlich zur Beruhigung meines Gemütszustandes bei. Schon als Draco mich seltsam kleinlaut vor den Schlafsälen abgefangen hatte, hatte ich so eine Ahnung gehabt, doch der Zettel, der gut leserlich über allen anderen Aushängen klebte, übertraf meine schlimmsten Befürchtungen.

PER ANORDNUNG DER GROSSINQUISITORIN VON HOGWARTS

Alle Schülerorganisationen, Gesellschaften, Mannschaften, Gruppen und Klubs sind mit sofortiger Wirkung aufgelöst.

Eine Organisation, Gesellschaft, Mannschaft, Gruppe oder ein Klub wird hiermit definiert als regelmäßige Zusammenkunft von drei oder mehr Schülern und Schülerinnen.

Die Genehmigung für eine Neugründung kann bei der Großinquisitorin eingeholt werden (Professor Umbridge.)

Allen Schülerorganisationen, Gesellschaften, Mannschaften, Gruppen oder Klubs ist es verboten, ohne Wissen und Genehmigung der Großinquisitorin tätig zu sein.

Sämtliche Schüler und Schülerinnen, von denen festgestellt wird, dass sie eine von der Großinquisitorin nicht genehmigte Organisation, Gesellschaft, Mannschaft Gruppe oder einen Klub gegründet haben oder einer solchen Vereinigung angehören, werden der Schule verwiesen.

Obige Anordnung entspricht dem Ausbildungserlass Nummer vierundzwanzig.

Unterzeichnet:
Dolores Jane Umbridge, Großinquisitorin

Ungläubig starrte ich das Stück Pergament an, unfähig zu verstehen, was es mir mitteilen wollte. Zwei starke Arme schlossen sich von hinten um meinen Körper und stützten mich. Draco gab mir den Halt, den ich so bitter nötig hatte, kaum war die Erkenntnisse wirklich zu mir durchgedrungen. "Ich fasse es nicht!", hauchte ich. Mit jedem Wort wurde meine Stimme fester, als ich mich schließlich doch aus den Armen meines Freundes löste und zu ihm herumwirbelte. "Wie kann sie nur? Diese dumme, intrigante Hexe!"

"Beruhig' dich, Cat." Adrian war mit bewundernswert ruhiger Miene zu uns gestoßen und legte mir locker einen Arm um die Schultern. "Du verschreckst uns noch die ganzen kleinen Kinder." Er nickte zu einer Gruppe von Erstklässlern, die uns mit vor Schreck geweiteten Augen anstarrten. Darunter war auch ein dunkelhaariger Junge, der sich als einziger nicht um uns zu kümmern schien. Das Kinn stolz gereckt, eine Strähne seines kurzen, lockigen Haars in der Stirn, wirkte er unheimlich arrogant und passte somit im Prinzip perfekt in unser Haus. Es war derjenige, den ich schon bei der Einweihungsfeier gesehen hatte. Aus welcher Familie er wohl stammte?

Der zweite Arm, der sich nun um meine Hüfte schlang, riss mich wieder aus meinen Gedanken. Links und rechts von Adrian und Draco flankiert, liefen wir durch die Kerkerkorridore hinauf in die große Halle. "Überleg' doch einfach mal genau. Umbridge kann uns überhaupt nicht verweigern, unsere Mannschaft neu zu gründen." Lautlos glitt die Mauer hinter uns wieder an ihren angestammten Platz und sperrte so sämtliche Geräusche aus dem Gemeinschaftsraum ein. Nur noch unsere Schritte und ein leises Tropfen irgendwo in einem der angrenzenden Korridore war zu hören. 

"Draco hat recht", pflichtete der dunkelhaarige Jäger meinem Freund bei. "Es hat keinen Zweck, sich deswegen aufzuregen. Umbridge ist eine Ministeriumshexe und manche Fehltritte darf selbst sie sich nicht erlauben."

"Wie zum Beispiel einen wichtigen Geldspender und Fürsprecher zu verlieren. Sie müsste wissen, dass es nur einen Briefs meinerseits bedarf und mein Vater würde ihr das Leben zur Hölle machen. Im Ministerium ist er kein kleines Licht, wie zum Beispiel Arthur Weasley. Gryffindor dürfte es etwas schwerer haben", schnarrte Draco und verstärkte seinen Griff um mich noch etwas.

Trotz seines Seitenhiebs auf Ron und seine Eltern, musste ich grinsen. Vielleicht hatte ich mich wirklich unnötig aufgeregt. Sicher, ich verstand die Regel nicht, dennoch betraf sie uns nicht und konnte mir somit am Allerwertesten vorbeigehen. "Ich hätte nie gedacht, dass die Investition deines Vaters einmal tatsächlich von Nutzen sein würde", scherzte ich und erntete damit von beiden lautes Gelächter. 

Adrian knuffte mir in die Seite. "Gut, dass du damals nicht deinen Willen durchsetzen konntest." Auch er spielte auf das damalige Streitthema an, als Draco – zu diesem Zeitpunkt für mich noch Malfoy und der, den ich am wenigsten aus unserer Stufe leiden konnte – dank einer großzügigen Spende seines Vaters (sieben brandneue Nimbus2001 für das ganze Slytherinteam) einen Platz als Sucher in unseren Reihen ergattert hatte. Ich war vollkommen dagegen gewesen, den Grund kannte ich heute selbst nicht mehr.

Noch immer lachend stiegen wir die letzten paar Stufen zur großen Halle hinauf und kaum, dass ich den Blick vom Boden gehoben hatte, versteinerte meine Miene.

Unknown Potter II - Hidden in the DarkWo Geschichten leben. Entdecke jetzt