5 | 23. Kapitel

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Zu meiner Überraschung blitzte ein Grinsen auf seinen Lippen auf. "Das hätte ich zu gern gesehen. In mancherlei Hinsicht nimmt sie sich einfach viel zu viel heraus. Du weißt sicher, dass ich auch regelmäßig bei ihr bin." Er wartete mein Nicken nicht ab und fuhr rasch fort: "Ihre gesamte Haltung ist einfach respektlos. Cedrics Tod als einen tragischen Unfall zu bezeichnen, Voldemorts Rückkehr vehement abzustreiten – Weißt du, ich fühle mich einfach ..."

"Verraten?", schlug ich leise vor. Mir gefiel die Richtung, die das Gespräch nahm, überhaupt nicht und doch fühlte ich so sehr mit ihm. "Ja, ich weiß sehr gut, wie du dich fühlst." Es gelang mir nicht ganz, die Sehnsucht aus meiner Stimme zu verbannen und da ich mir nicht sicher war, welche Gefühlsregung mein Gesicht offenbaren würde, schritt ich auf eines der hohen Regale zu. Stumm betrachtete ich die kleinen Phiolen und Fläschchen, in denen sich was weiß ich befand.

Harry in meinem Rücken schwieg. Schließlich stellte er fest: "Du hast auch jemanden an ihn verloren." Mir war klar, dass diese Aussage nur eine Auffrischung seines Gedächtnisses war, aber meinem Gefühl half es nicht. 

In diesem Moment schienen wir uns verbunden zu fühlen und trotzdem waren wir meilenweit voneinander entfernt. Ich machte ihm keinen Vorwurf daraus, die, die ich infrage stellte, war eher ich selbst. Ich zweifelte daran, ob meine Entscheidung wirklich so gut war. Beschützte ich meinen Bruder tatsächlich, indem ich ihm die Wahrheit vorenthielt? Oder bereitete ich ihm womöglich nur noch mehr Trauer? Erneut musste ich mich mit aller Selbstbeherrschung dazu aufraffen, mich von diesem gefährlichen Gedankengang abzubringen. "Ist noch irgendetwas, Harry?"

"Na ja ... ja. Es geht um Umbridge." Ich konnte das Zögern in seinen Worten hören. "Du weißt ja, wie unbrauchbar ihr Unterricht ist. Wir haben ... eigentlich war es Hermines Idee ..."

Erschöpft strich ich mir einmal über die geschlossenen Augenlider und schaffte es so tatsächlich, die aufsteigenden Tränen zurückzudrängen. Es wurde Zeit, dass ich hier rauskam, von meinem Bruder weg. "Komm zum Punkt."

"Ron ist nicht davon überzeugt, aber ...", setzte er erneut an, unterbrach sich jedoch ein weiteres Mal selbst. Ich verlor währenddessen allmählich die Geduld. Nicht mehr viel und ich würde entweder anfangen ihn anzuschreien oder schluchzend vor ihm zusammenbrechen und ihm all die angestauten Geheimnisse offenbaren. "Hast du Lust, zu unseren DA Treffen zu kommen?"

"Euren was?" Ich war zu verdattert, um meine Gedanken zu ordnen. "DA?"

Eine leichte Spur der Erleichterung zeigte sich auf seinem Gesicht. Was? Hatte er etwa erwartet, ich würde ihn zu Staub und Asche hexen? Meinen eigenen Bruder? Nur mühsam rief ich mir ins Gedächtnis, dass er das gar nicht wissen konnte. Verdammt! Das Eis war viel zu dünn, jeden Schritt, jedes Wort musste man abwägen. "DA. Dumbledores Armee. Wir bringen uns Zauber zur Selbstverteidigung bei, das heißt, ich. Ich bringe es ihnen bei. Ich bin ihr Lehrer."

"Du als Lehrer?" Trotz des dünnen Eises musste ich schmunzeln. Irgendwie bekam ich das Bild eines strengen Oberlehrers mit Taktstock und Aktentasche nicht aus dem Kopf. Die Brille würde auch super passen. Rasch wurde ich wieder ernst: "Was heißt denn wir?"

Er zog eine Grimasse. "Gryffindors, Ravenclaws und ein paar Hufflepuffs ... Wir treffen uns ein bis zweimal wöchentlich."

"Harry ..." Ich zauderte mit meiner Antwort, überlegte, wie ich ihm möglichst sanft eine Absage erteilen könnte. "Ich glaube nicht, dass das eine so gute Idee wäre. Ich unter all deinen Freunden? Der Gedanke ist zu abwegig. Du hast Ron gehört. Er ist auch nicht davon überzeugt. Es könnte uns beide in Schwierigkeiten bringen, so viel miteinander zu tun zu haben."

"Aber ..." Seine Miene, hatte sie eben noch Hoffnung gezeigt, fiel in sich zusammen. "Sie kämen schon damit klar."

Resigniert schüttelte ich den Kopf. "Wir sind in unterschiedlichen Häusern – du in Gryffindor, ich in Slytherin. Wir haben einen unterschiedlichen Freundeskreis und andere Kontakte, es wäre nicht sinnvoll, dagegen anzugehen. Jeder von uns sollte seinen eigenen Weg voranschreiten."

"Cathy ..." Mühsam schluckte ich den aufsteigenden Kloß in meiner Kehle hinunter. Gleich hätte ich es geschafft. Bitte Merlin, lass mich nicht in den letzten Sekunden meine Beherrschung verlieren. Mein Bruder machte mir dies jedenfalls verdammt schwer. "Warst du es nicht immer, die darauf beharrt hat, dass unsere Häuser uns nicht trennen? Die immer gesagt hat, wir wären nicht in die Rollenbilder unserer Häuser gezwungen?"

Ich spannte den Kiefer an. "Die Zeiten ändern sich, Harry." Mit diesen Worten flüchtete ich aus der Vorratskammer meines Ziehvaters zurück in den Klassenraum.

In den nächsten Wochen achtete ich penibel darauf, das Armband und meinen Handrücken bedeckt zu halten. Ich wollte nicht noch mehr Aufmerksamkeit auf mich lenken und eventuell Fragen aufwerfen, auf die ich keine ehrliche Antwort finden würde. Schwer war dies nicht, da der November mit einer solchen Eiseskälte Einzug hielt, dass viele Schüler ihre dicken Drachenhauthandschuhe trugen. Meine dünnen Wollhandschuhe fielen dabei kaum mehr auf. 

Auch gab ich mir die größte Mühe, einen großen Bogen um meinen Bruder zu machen. Jedes Mal, wenn wir uns im Gang begegneten oder gleichzeitig in der großen Halle unsere Mahlzeiten zu uns nahmen, spürte ich seinen Blick auf mir. Etwas, für das ich Sirius echt verfluchen könnte. Wieso musste er Harry gegenüber diese Worte aussprechen? Er wusste doch, wie schwer es mir ohnehin schon fiel, Abstand von ihm zu halten. Am liebsten hätte ich ihm umgehend einen Brief geschrieben und ihn gefragt, was er sich dabei gedacht hätte, doch meine Vernunft siegte. Es war nicht klug, Umbridge mehr Angriffsfläche zu bieten. Sollte sie einen solchen Brief in die Finger bekommen, könnte ich genauso gut gleich zu ihr gehen und ihr sagen, wer ich war.

So lenkte ich mich insbesondere mit dem regelmäßigen Quidditchtraining ab. Mein Vater hatte das Feld fast jeden Tag gebucht und ich gab mir Mühe, beinahe jeden dieser Termine wahrzunehmen. Wann immer es unsere Zeit zuließ, scheuchte ich mein Team aufs Feld und übte immer und immer wieder die gleichen Spielzüge mit ihnen. Das Spiel gegen Gryffindor stand an und auf den Gängen herrschte bei jedem Aufeinandertreffen zwischen den beiden Häusern eine Kälte und Feindschaft, die den Temperaturen des schwarzen Sees Konkurrenz machen konnten. Längst hatte ich es aufgegeben, meine Mannschaft zu mehr Sportlichkeit aufzufordern, machte es mir schließlich einen Heidenspaß, Ron immer wieder aufs Neue grünlich anlaufen zu sehen, wenn irgendeiner von uns erneut einen Witz auf seine Kosten riss. 

Am Morgen des Spiels trafen in der großen Halle schließlich zwei Fronten aufeinander. Ein Sechstklässler aus Slytherin hatte kronenförmige Broschen entworfen, auf denen in einem einzigen Schriftzug die Worte 'Weasley ist unser king' prangten und alle Gryffindors, die an unserem Tisch vorbeigingen, sparten nicht an wütenden und abfälligen Blicken.

Als Draco eine Welle von Buhrufen anstimmte, sobald die Gryffindormannschaft die Halle verließ, stürzte ich gerade den letzten Rest meines Kürbissaftes hinunter und stand auf. "Los. Wir sollten uns umziehen gehen."

Unknown Potter II - Hidden in the DarkWo Geschichten leben. Entdecke jetzt