"Hätte nicht gedacht, dass ihr beide es wirklich fertigbringt", teilte Bellatrix unumwunden mit, kaum hatte sie den ersten Fuß auf den staubigen Boden gesetzt. Ihre Augen, die tief in ihren Höhlen saßen, wanderten durch den Raum und nahmen jedes Detail in sich auf. Als sie mich ansah, entblößte sie ihre Zähne noch weiter. "Wie geht es deiner Wange, kleine Caitlyn?"
Ich hielt es nicht für nötig zu antworten. Jedes Wort aus meinem Mund hätte ihr nur ein krankes Vergnügen bereitet, von dem ich nicht gewillt war, es ihr zu verschaffen. Wortlos betrachtete ich stattdessen die Personen, die nach ihr aus dem Schrank kletterten.
Außer Bellatrix war da noch eine Frau. Sie hatte ein merkwürdig schiefes Gesicht, welches von dem Mann zu ihrer rechten gespiegelt wurde. Er wirkte schwerfällig, als benötigte er für jeden Schritt seinen Zauberstab, um ihn zu setzen. Zwei weitere Zauberer waren anwesend, von denen mir jedoch keiner etwas sagte.
Als allerdings der letzte aus dem Schrank kletterte, konnte ich nur mit Mühe eine Bewegung unterdrücken, die mich näher an die Seite meines Verlobten gebracht hätte. Spitze Zähne grinsten mich aus einem Gesicht mit ungepflegtem Backenbart an. Kein richtiger Todesser, aber aufgrund seiner Grausamkeit geduldet. Fenrir Greyback. Ein beißender Geruch nach Schmutz, Schweiß und Blut ging mit ihm einher.
"Dumbledore ist außerhalb des Schlosses. Wir sollten uns beeilen", sagte Draco und musterte jeden einzelnen der Anwesenden. Direkt zwischen seinen Augenbrauen hatte sich eine kleine Falte gebildet, die mir deutlich sagte, dass auch er den Gestank wahrnahm. Doch abgesehen davon zeigte sich auf seinen edlen Zügen keine Regung.
Zustimmend neigte ich den Kopf. "Jemand sollte vorausgehen und das dunkle Mal auf dem Astronomieturm heraufbeschwören. Einer ist weniger auffällig, als wenn wir in der Gruppe gehen."
"Aber wenn wir gemeinsam gehen, macht es mehr Spaß." Greyback leckte sich über die Lippen und machte damit zweifelsfrei deutlich, was er unter dem Begriff Spaß verstand. In diesem Moment kostete es mich all meine Selbstbeherrschung, nicht angewidert das Gesicht zu verziehen.
Kalt erwiderte ich: "Dieser Abend soll in einem Erfolg enden. Den erreichen wir sicherlich nicht, wenn wir alle Sicherheitsvorkehrungen auf den Plan rufen."
"Du meinst wohl eher, der Tag soll nicht darin enden, dass du für dein Versagen gefoltert wirst." Abermals leckte sich der Werwolf über die Lippen. "Dabei wäre auch das ein Erfolg. Jedenfalls für mich. Mit etwas Glück gestattet mir der dunkle Lord eine Kostprobe, wenn er mit dir fertig ist."
Ohne es zu beabsichtigen, zuckte meine Hand hinab zu meiner Umhangtasche. Da bewegte sich Draco. Unauffällig schob er sich zwischen uns. Ganz wie sein Vater hob er in einer halbherzig beruhigenden Geste beide Hände. "Nicht nur unsere Köpfe würden im Falle eines Versagens rollen. Gibbon? Würdest du vorausgehen?"
Ein kleiner Mann, der sich etwas im Hintergrund gehalten hatte und in meinen Augen als einziger nicht auf den ersten Blick Unbehagen bei mir auslöste, nickte knapp und verließ den Raum in Richtung Ausgang.
"Wir sollten ihm einen Vorsprung von zehn Minuten geben", erklärte Draco sachlich, ohne sich auch nur im Geringsten von den Todessern einschüchtern zu lassen. Alleine anhand seiner Reaktion könnte ich vermuten, in einem Raum voller Freunde zu sein, statt geradewegs inmitten eines Haufens Schlangen zu stehen, von denen im Notfall mein Leben abhängen würde. "McGonagall hat sämtliche Schüler in ihre Häuser verordnet. Mit etwas Pech wird auf den Gängen patrouilliert werden."
Ich war mir nicht sicher, ob ich mir das gemurmelte 'Pech? Ich nenne das Glück' nur einbildete. Abscheu regte sich in mir, welche ich abermals hinunterschluckte. Im Prinzip konnte es mir egal sein. Das Tattoo auf meinem Unterarm kennzeichnete mich als Todesserin. Jedes Mitglied des Ordens wäre dumm, mich nicht als Gefahr zu betrachten.
Doch dass es wirklich weh tat, mit ehemaligen Freunden die Stäbe zu kreuzen, zeigte sich wenig später. Nachdem wir den Korridor mit dem Wandvorhang von Barnabas dem Bekloppten und seinen Trollen hinter uns gelassen hatten und nicht mehr durch das von Draco zerstreute Instant-Finsternispulver verborgen waren, dauerte es nicht lange, bis ich in die ersten bekannten Gesichter blickte.
Es war ausgerechnet Tonks, der ich gegenüberstand. Ihr mausgraues Haar hing ungewohnt schlaff herunter und irgendwie wirkte sie erschöpft, doch ihre Augen weiteten sich bei meinem Anblick schockiert. Einen Herzschlag lang sahen wir einander nur an, das Holz meines Stabs glühte zwischen meinen Fingern.
Dann bogen meine Begleiter hinter mir um die Ecke. Ihre Ankunft war ein unmissverständliches Zeichen, was unmittelbar bei der Ordenshexe ankam. Sämtliches Restblut wich aus ihrem Gesicht, ließ es so weiß werden, dass es mich nicht gewundert hätte, wenn das Licht der Fackeln hinter ihr hindurchgeschienen hätte.
Ohne weiteres Zögern hob sie den Zauberstab. Mich kostete es länger, zu reagieren. Haarscharf zischte der Zauber an meiner Wange vorbei und versenkte mir die kleinen Härchen, was mich aus meiner Starre riss. Noch bevor sie die Chance bekam, ihren Fehler zu korrigieren, feuerte ich meinerseits einen Strahl hellen Lichts auf sie ab. Sie blockte ihn, wurde allerdings gezwungen, einige Schritte zurückzutreten.
"Stupor", murmelte ich, in der leisen Hoffnung, einem längeren Kampf aus dem Weg zu gehen. Der Lichtblitz verfehlte sein Ziel und schlug stattdessen in einem der Gemälde zu unserer linken ein, wo mehrere Zauberer auseinanderstoben, die zuvor zu einem gemütlichen Kartenspiel um einen Tisch versammelt gewesen waren.
Adrenalin pumpte durch meine Adern, als ich mich nur knapp unter zwei weiteren Zaubern hinwegduckte. Sie kamen aus unerwarteter Richtung und ehe ich mich versah, befand ich mich inmitten eines Kampfes. Mein Bruder und sein verdammter sechster Sinn! Daher die wachsamen Blicke der ehemaligen DA. Ja, wir hatten mit Verteidigungsmaßnahmen gerechnet, ich hatte sogar stumm die Möglichkeit des Ordens in Betracht gezogen, aber nicht, dass sie uns derart erwarten würden.
Meine Muskeln fühlten sich steif an. Unwillig zu reagieren, während ich mich weigerte, mir meine Gegner genauer anzusehen. Ich hatte gewusst, was auf mich zukommen würde. Unwissenheit war keine Ausrede, allerdings fürchtete ich, Rücken an Rücken mit Todessern kämpfend, dass das Wissen um meine Gegner meine Handlungen beeinflussen könnte. Das Letzte, was ich jetzt gebrauchen konnte, war ein Zögern, welches mich im schlimmsten Fall meinen Kopf kosten würde.
So trainierte ich mein Gesicht zur unbewegten Miene, fokussierte meine Augen nur so weit, um zu erahnen, in welche Richtung ich mich verteidigen musste. Draco war von meiner Seite verschwunden. Wahrscheinlich war er bereits zum Astronomieturm vorausgeeilt. Ich konnte nur hoffen, dass er auf mich wartete.
Mein Angriff heute Nachmittag auf Professor Trelawney hatte mich bereits mit Schuldgefühlen erfüllt. Doch während die gemurmelten und geschrienen Zauber um mich herum die Luft beben ließen, wurde mir bewusst, dass das mein kleinstes Problem war. Jeder Todesfluch von Bellatrix veranlasste mich zum Zusammenzucken und lenkte mich für Bruchteile von Sekunden ab, die mich nicht nur einmal in die gefährliche Lage brachten, nur knapp einem Fluch zu entrinnen. Doch jedes Mal blieb mir nichts übrig als zu beten, dass keiner der Unverzeihlichen ihr Ziel traf.
"Geh!"
Ich zuckte nicht zusammen, warf der Sprecherin allerdings einen unbewegten Blick zu. Ihr Gesicht glühte von der abwegigen Freude, die ihr das Kämpfen bereitete, ihr ausgemergeltes Gesicht auf eine unheimliche Art mit Leben gefüllt. Der Blick kostete mich einige weitere versenkte Härchen.
Ehe ich mich wieder meinem Angreifer zuwenden konnte, flog ein Zauber zur Antwort an mir vorbei. Wie durch Zufall lenkte ich den Todesfluch ab. Bellatrix hatte ihn nicht abgefeuert, um mich zu retten. Sie war wie der blutrünstige Henker, der ein Schaf zur Schlachtbank schickte. Nur dass dieses Schaf nicht dorthin sollte, um zu sterben. Nein. Es sollte dorthin, um sein weißes Fell in roter Schuld zu baden.
Bellatrix Lestrange würde es genießen, mich dazu zu zwingen, meine Aufgabe bis um Ende auszuführen. "Jetzt geh! Wir kommen direkt nach."
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Unknown Potter II - Hidden in the Dark
FanfictionCaitlyn hat endlich die Wahrheit erfahren. Auch wenn sie erkennen muss, dass diese sie in schreckliche Gefahr bringt. Ihr Vater ist gar nicht ihr Vater und ihr Bruder ist nicht tot, sondern kämpft tagtäglich um sein Überleben, jetzt, da der dunkle L...