5 | 19. Kapitel

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Wutschnaubend kam ich kurz darauf in die große Halle zum Abendessen und knallte meine Tasche so heftig auf die Bank, dass Noreen vor Schreck zusammenzuckte und erbleichte. Ein angenehmer Essensgeruch lag in der Luft und ließ meinen Magen knurren, allerdings war ich noch zu sehr geladen, als dass ich den vollen Platten mehr als einen kurzen Blick gönnte.

"Welche Laus ist dir denn über die Leber gelaufen?", fragte Blaise grinsend, sah jedoch nur halb von seinem Verwandlungsbuch auf, während er einen großen Schluck seines Kürbissafts trank. Da er von mir nur ein Schnauben erhielt, sah er auf. "Lass mich raten, unsere liebe Professor Umbridge?"

"Wir haben die Erlaubnis, weiter zu trainieren", antwortete ich düster und ließ mich gegenüber von Draco auf die Bank sinken. Seine grauen Augen blickten besorgt. Er kannte mich inzwischen zu gut. Weil er mich ohnehin darauf ansprechen würde, ergänzte ich seufzend: "Es war haarscharf."

Erwartungsgemäß gab er sich damit nicht zufrieden und griff über den Tisch hinweg nach meiner Hand. Seine rauen, schlanken Finger schob er zwischen meine und strich mir mit dem Daumen über die Handfläche. "Du hast mit deiner Beherrschung gekämpft?", vermutete er in einem für ihn ungewöhnlich sanften Ton.

Für einen Augenblick genoss ich seinen Klang, der sich wie eine warme Decke um mich legte und meine Sinne beruhigte. Es war ein anstrengender Tag gewesen und ich wünschte mir nichts sehnlicher, als unten im Gemeinschaftsraum mit ihm zusammen auf der Couch zu liegen und mein Gesicht an seiner Brust vergraben zu können. Doch unwillkürlich musste ich auch wieder an Umbridges Worte denken. Wie eine dunkle Wolke warfen sie einen Schatten auf meine Ruhe und ich konnte nicht anders, als den Blick zum Lehrertisch zu heben. Auch sie war inzwischen in der großen Halle angekommen und sah süßlich lächelnd zu uns hinunter. Ich meine fast, ihre Glubschaugen für einen kurzen Moment auf unseren Händen verweilen zu sehen.

Abrupt entzog ich dem Sucher meine Hand und faltete sie zusammen mit meiner anderen in meinem Schoß. "Ich habe sie verloren." Nur zu gut war ich mir der Blicke unserer Freunde bewusst, die minder interessiert zwischen uns hin und her wanderten.

Draco wirkte für einen Moment verwirrt, dann verfinsterte sich seine Miene. Ob es nun an der indirekten Zurückweisung lag oder der Tatsache, dass ich mich nicht hatte beherrschen können, konnte ich nicht sagen. "Hat sie noch etwas gesagt?" Ich schwieg und tat mir, anstelle einer Antwort, einige Pommes Frites auf den Teller. "Ma..."

Mein Kopf schoss hoch und ich funkelte meinen Freund an. Hätte ich ungesagte Zauber beherrscht, würde ich ihn in diesem Moment in kleine Stücke hexen, sollte er das Wort vollenden. Zu unserem Unglück schien Pansy der beinahe Versprecher allerdings aufgefallen zu sein, denn sie richtete sich, ob unbewusst oder bewusst, etwas mehr auf ihrem Platz auf und lehnte sich nach vorne, sodass jeder der Anwesenden einen guten Blick in ihren Ausschnitt hatte. Eventuell war es allerdings auch mein warnender Blick gewesen, der uns verraten hatte. "Was wolltest du sagen, Dracii?"

Innerlich verfluchte ich sie. Wieso konnte sie nicht so dumm sein, wie man es von ihr erwartete? Oder sie hätte auch gleich Anfang des Schuljahres in Frankreich bleiben können? Das war nämlich der Grund für ihre verspätete Ankunft hier gewesen. Da das Schuljahr in Beauxbatons schon früher begann als in Hogwarts, hatte sie die ersten paar Wochen dort verbracht, um zu sehen, wie ihr die Schule gefiel und wie sie mit der sprachlichen Barriere zurechtkam. Doch wie sie schlussendlich meinte, würde sie doch lieber in England bleiben, da ihr sonst einiges fehlen würde. Ich hatte so eine Vermutung, wen sie damit in erster Linie meinte.

Kühl lächelte ich sie an und beschloss, zumindest eine Aussage der Ministeriumshexe wiederzugeben. "Draco war bewusst, dass Professor Umbridge noch etwas anderes gesagt hat." Immer noch angespannt, ängstlich, ob Pansy meinen Ablenkungsversuch durchschauen würde, griff ich nach meiner Gabel und kaute betont gelassen auf einigen Fritten herum. Die Spannung um uns herum schien sich mit jeder Sekunde, die verstrich, mehr aufzuladen, ich ließ mich jedoch nicht hetzen. Nach einem kleinen Schluck Wasser brach ich meine Musterung Pansys ab und sah meinem Freund tief in die Augen. "Sie hat festgestellt, du wärst der Einzige, der mich noch einigermaßen bändigen könnte."

Seine grauen Augen erstarrten und erinnerten mich so an zwei Spiegelseen, die im Winter zu Eis gefroren. Ich konnte die stumme Aufforderung darin erkennen, fortzufahren, was ich, nach einem weiteren, knappen Blick zum Lehrertisch auch tat: "Sie schlug ein zukünftiges Arrangement vor, damit sie mich, über dich, auch nach der Schule noch im Griff hat."

"Eine Heirat?", platzte es aus Noreen heraus und ich spürte ihren entsetzten Blick auf mir ruhen.

Mein Nicken löste die angesammelte Anspannung auf. Meine Freunde brachen in Gelächter aus, während Adrian, vor Lachen ein wenig unverständlich, die Tatsachen auf den Punkt brachte. "Als ob sie ..." Er prustete. Inzwischen hatten wir uns mit Sicherheit die Aufmerksamkeit der halben Halle gesichert. Lachen, insbesondere so ungezügeltes Lachen, waren die Leute von uns nicht gewohnt. Zumindest nicht in aller Öffentlichkeit. "... irgendeine Kontrolle über unsere Cat bekommen könnte. Du bist schlimmer als eine Wildkatze, wenn du etwas nicht willst."

Ich zuckte mit den Achseln. Keiner schien zu bemerken, dass weder Draco noch ich sonderlich amüsiert angesichts dieser Vorstellung war. Mir war klar, dass er das Gleiche dachte wie ich: Unter gewissen Umständen wäre die Hexe durchaus dazu in der Lage, mich und meine Handlungen zu kontrollieren. Sie musste nur hinter mein größtes Geheimnis kommen.

"Andere Frage, warum will Umbridge Caitlyn denn überhaupt kontrollieren?", warf Pansy urplötzlich ein und zupfte sich ihr Oberteil ein weiteres Mal in Position. Das Lachen erstarb, als hätte man einen Hebel umgelegt. "Ich meine, ja, du bist nicht sonderlich beliebt bei ihr, aber du stehst doch hinter den Entscheidungen des Ministeriums?"

Mit gerunzelter Stirn sah ich das Mädchen an. Was bezweckte sie mit dieser Frage? Gerade, als ich meine Meinung dazu kundtun wollte, sprang mein Freund für mich ein. "Natürlich tut sie das. Caitlyn hat vollstes Verständnis für die Maßnahmen, die der Minister ergreift und im Zweifelsfall würde sie sich sicherlich auch sofort hinter ihn stellen, stimmts?"

Nur ungern ließ ich mir so über den Mund fahren und er wusste das sehr genau. Doch ich wusste, für den Moment wäre es wohl besser, meinen verflixten Stolz hinunterzuschlucken, um mitzuspielen. "Er hat recht. Mein Problem liegt wohl einfach bei Professor Umbridge selbst. Es gibt wahrscheinlich gewisse Menschen, mit denen man sich auf Anhieb nicht versteht. Außerdem kann ich es nicht leiden, wenn jemand an Quidditch herumpfuscht."

Und so beugte ich mich Umbridge und ihren Regeln zum ersten Mal, in der Hoffnung, so mein Überleben zu sichern und Ärger aus dem Weg zu gehen.

Unknown Potter II - Hidden in the DarkWo Geschichten leben. Entdecke jetzt