5 | 20. Kapitel

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Auf die Minute pünktlich klopfte ich an diesem Abend an die Tür von Umbridges Büro. Ich meinte, ein leises Klirren zu hören, als würde eine Tasse auf ihren Untersetzer gesetzt, dann ihr typisches Räuspern. "Herein." Ein letztes Mal hielt ich mir Dracos warnenden Blick vor Augen, ehe ich tief Luft holte und die Bürotür öffnete.

Das Erste, was ich sah, war pink. Überall. Auf kleinen Beistelltischen, generell auf allen Möbeln, lagen kleine, pinke Spitzendeckchen, auf denen hier und da Vasen mit Trockenblumen verteilt standen. Jedoch war dies nicht der Grund, für mein perplexes Starren. Halb hatte ich ja schließlich damit gerechnet, ihre Lieblingsfarbe in diesem Raum vorzufinden. Ganz offenbar hatte sie aber noch ein ganz anderes Faible. Katzen.

Miauend, jede mit einer anderen kleinen Schleifen verziert, tummelten sie sich auf kleinen Ziertellern an der Wand hinter dem großen Schreibtisch und wirkten dabei so ekelhaft süß, dass ich die Augen abwenden musste, um einen Würgereiz zu unterdrücken. Mein Blick fiel auf das Einzige, was ich in diesem Zimmer noch abstoßender fand." Guten Abend, Miss Snape."

Ich konzentrierte mich von neuem darauf, freundlich zu wirken, konnte jedoch nicht vollkommen verhindern, dass meine Stimme ungemein kühl klang. "Guten Abend ..." Da ich mich an die Unterrichtsstunden mit ihr erinnerte, fügte ich steif hinzu: "... Professor Umbridge."

"Nehmen Sie Platz." Es gelang ihr deutlich besser als mir, ihre Gefühlsregung aus ihrer Stimme zu verbannen, dennoch sah ich in ihren Augen einen gefährlichen Ausdruck aufblitzen. Zögernd folgte ich ihrer Aufforderung und ließ mich vor dem Tisch auf den Stuhl mit der steilen Lehne sinken. Offenbar überrascht angesichts meiner wortlosen Fügung, sagte die Professorin süßlich: "Vielleicht hat unser Gespräch heute Nachmittag ja doch etwas bewirkt, oder der junge Mr. Malfoy hat beim heutigen Abendessen noch einmal positiv auf sie eingewirkt? Wie auch immer, Sie werden sich jetzt sicher mit Freuden ihrer Aufgabe widmen."

Ihre Absätze hinterließen das altbekannte, klackende Geräusch, als sie hinter ihren Schreibtisch zurückkehrte und nach einer Feder griff, die sie mir reichte. Sie war lang und schwarz, mit einer ungewöhnlich scharfen Spitze. Der lauernde Ausdruck in den Glubschaugen der Ministeriumshexe verriet mir zweifelsohne, dass sie nicht so harmlos war, wie es den Anschein machte. "Ich möchte, dass Sie ein paar Zeilen für mich schreiben, in der Hoffnung, Sie mögen ihre Lektion am Ende des Abends gelernt haben."

Da sie keinerlei Anstalten machte, mit ihrer kleinen Ansprache fortzufahren, fragte ich möglichst freundlich: "Wären Sie dann so freundlich und würden mir sagen, was ich schreiben soll?" Kurz sah ich auf die Feder in meiner Hand hinunter und ergänzte sarkastisch: "Tinte wäre auch nicht schlecht."

"Oh, Sie werden keine Tinte brauchen, meine Liebe. Ich möchte, dass Sie schreiben: Ich muss wissen, wem ich zu gehorchen habe."

Verwirrt runzelte ich die Stirn. Das nervige Miauen der Katzen auf ihren Tellern ging mir jetzt schon auf die Nerven und ich hatte Schwierigkeiten, mich zu konzentrieren. Dennoch kam ich nicht umhin, mir die Frage zu stellen, was mir dieser Satz bringen sollte. Nur mit äußerster Mühe, schaffte ich es, diese Worte hinunterzuschlucken. "Wie oft?"

"Bis sich die Botschaft eingeprägt hat, Miss Snape."

Nach einem letzten, spöttischen Blick auf mich, widmete die Hexe ihre Aufmerksamkeit dem Stapel mit Aufsätzen vor sich und nach kurzen zaudern, tat ich es ihr gleich. Meine Feder kratzte ungewöhnlich rau über das Pergament und trieb mir eine Gänsehaut in den Nacken: Ich muss wissen, wem ich zu gehorchen habe.

Nur mit Mühe gelang es mir, ein entsetztes Aufkeuchen zu unterdrücken. Angestrengt ballte ich meine linke Hand zur Faust, bis sich meine Fingernägel in meine Handinnenfläche bohrten, um mich von dem brennenden Schmerz in meinem Handrücken abzulenken. In leuchtend roter Tinte waren die Worte auf dem Pergament erschienen und hatten sich gleichzeitig auf meinem Handrücken abgebildet, als hätte ein Messer sie dort eingeritzt. Es dauerte einige Sekunden, bis die Schrift wieder verschwand und lediglich gerötete Haut zurückließ, dann begriff ich. Natürlich hatte ich keine Tinte gebraucht – mein eigenes Blut hatte als Ersatz vollkommen genügt.

"Ist etwas, meine Liebe?"

Ich sah auf, begegnete ihrem gehässigen Grinsen mit einem Ausdruck der Gleichmut auf dem Gesicht. "Nichts, Professor Umbridge. Ich fragte mich nur, was Sie in dem Glauben lässt, ich wisse nicht, wem meine Loyalität gehört?"

Ihr breites Lächeln verschwand und abermals sah ich jenen lauernden Ausdruck in ihren wässrigen Krötenaugen. "Ich glaube durchaus, dass sie ihre Loyalitäten klar definiert haben. Aber ich frage mich, ob auch ich mit Ihrer Definition dessen einverstanden wäre." Die Hexe stand auf und trat um den Schreibtisch herum auf mich zu, bis sie direkt vor mir stand. "Sie haben doch sicher nichts dagegen, wenn ich einen Blick in ihre Tasche werfe, oder, meine Liebe?"

Ich reagierte nicht auf ihre Frage, einerseits, weil ich nicht glauben konnte, dass sie so dreist war und andererseits, hatte ich nichts zu verbergen. Zu spät fiel mir ein, dass es da durchaus etwas gab, etwas, was sie unter keinen Umständen erfahren sollte.

Unwillkürlich zuckte meine Hand zu meinem Zauberstab in meiner Tasche, doch da hatte sie den Brief schon mit ihren Stummelfingern aus meiner Tasche gezogen, eine Miene des Triumphs aufgesetzt. Hilflos sah ich zu, wie sie das Kuvert öffnete und ihn entfaltete, zwang meinen Körper zu einer gelassenen Haltung, als würde es mich nicht kümmern, was darin stand. Innerlich zermarterte ich mir allerdings den Kopf. Ich hatte die Nachricht nicht zu Ende gelesen und konnte daher nur hoffen, dass Sirius den Brief hinreichend verschlüsselt hatte – ihrer frustrierten Miene nach zu schließen, ja. Erleichtern konnte mich dieses Wissen leider nicht.

"Nun, wer ist diese geheimnisvolle Mary, an die dieser Brief gerichtet ist?"

Mir war klar gewesen, dass sie diese Frage stellen würde, daher antwortete ich, ohne zu zögern: "Wenn ich es wüsste, hätte ich ihr diesen Brief längst gegeben."

"Sind Sie sich sicher, dass Sie diese geheimnisvolle Mary nicht doch kennen? Sagt Ihnen der Name Mariah vielleicht etwas?"

Natürlich kannte ich den Namen und es kostete mich all meine Selbstbeherrschung, bei diesem Klang nicht zusammenzuzucken. "Nein", erwiderte ich schlicht.

Professor Umbridge kniff ihre Augen zu schmalen Schlitzen zusammen und suchte offenbar mein Gesicht nach der kleinsten Spur einer Lüge ab. Doch ich war gut darin, meine Gefühle zu verbergen. Jedenfalls war ich es einmal gewesen und die Okklumentikstunden hatten meine Fähigkeiten darin noch zusätzlich verstärkt. In dieser Situation konnte ich mir ein Versagen nicht leisten. Ihre nächsten Worte bestätigten mich darin: "Dann würde es Ihnen sicher nichts ausmachen, wenn ich den Brief hiermit konfisziere und ihn bei Gelegenheit der eigentlichen Besitzerin übergebe. Liege ich damit richtig, Miss Snape?"

Sie wartete auf eine Lücke, einen Fehler meinerseits, und obwohl mein Geduldsfaden gerne dazu neigte schnell zu reißen, gelang es mir irgendwie, ihre Aussage zu bejahen.

Scheinbar ein wenig verärgert angesichts meiner Standhaftigkeit, verzog sie ihr breites Krötenmaul zu einem ihrer süßesten Lächeln. "Vorher werde ich das Papier natürlich noch eingehend auf versteckte Zauber und geheime Informationen untersuchen, nur, um sicherzugehen."

Wäre dieser Moment nicht so ernst gewesen, hätte ich mit Sicherheit gelacht. Es war lächerlich offensichtlich, wie sie versuchte, mich aus der Reserve zu locken und irgendwie wunderte mich diese doch recht plumpe Art. "Sicher, Professor Umbridge. Der Gerechtigkeit muss schließlich Genüge getan werden."

"Ich bin wirklich froh, dass Sie dies endlich eingesehen haben, meine Liebe, dennoch denke ich, wir müssen diese abendlichen Lernstunden noch um einige Termine erweitern: montags und mittwochsabends, um acht Uhr, in meinem Büro. Fahren Sie nun mit Ihrer Arbeit fort."

Ohne ein weiteres Wort wandte sich die Hexe wieder ihrem Schreibtisch zu. Unterdessen bemühte ich mich angestrengt, meine Wut herunterzuschlucken. Ich wagte nicht zu glauben, sie hätte meine Lüge geschluckt – mein eigentlicher Name aus ihrem Mund hatte einen unangenehmen Widerhall in meinen Ohren entwickelt und dennoch blieb mir nichts weiter übrig, als meine Konzentration wieder dem Schreiben zu widmen, bis die Nachricht irgendwann vermutlich nicht mehr von meinem Handrücken verschwinden würde. Der Verlust des Briefes kümmerte mich im Augenblick eher weniger.

Unknown Potter II - Hidden in the DarkWo Geschichten leben. Entdecke jetzt