Epilog

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Der riesige Salon im Haus der Familie Malfoy hatte sich seit seinem letzten Besuch kaum verändert. Noch immer baumelte der riesige Kronleuchter von der Decke und warf sein Licht auf den massiven Eichentisch darunter, der Platz für mindestens zwanzig Personen bot. An der Kopfseite des Tisches stand ein hoher Lehnstuhl, der allerdings unbesetzt war. Überhaupt wagte es keiner der Anwesenden, sich niederzulassen.

Alle standen sie im Raum verteilt und sprachen kein Wort miteinander. Er spürte Angst, hauptsächlich darauf beruhend, dass sie warten gelassen wurden, aber auch das letzte Ausklingen freudiger Erregung. Quer durch den Raum fing der Zauberer den arroganten Blick der schwarzhaarigen Hexe auf, deren Gesicht von der Aufregung der vergangenen Stunden glühte. Severus Snape konnte nichts als Verachtung für diese Frau empfinden, auch wenn er sich hüten musste, diese offen vor ihr zu zeigen.

Vielleicht etwas zu hastig wandte er daher den Blick ab. Der Abend war aufwühlend gewesen und er benötigte seinen gesamten Fokus, um sich für das Kommende zu wappnen. Der Zauberer wusste, dass er nur Schadensbegrenzung hatte leisten können. Seinen eigentlichen Schwur hatte er nicht halten können.

Zwei weitere Personen standen an der offenen Seite des Salons, die er nun unwillig ins Visier nahm, wobei er seine Hand tief in die Tasche seines Umhangs graben musste, um sich von irgendwelchen Handlungen abzuhalten.

Er hatte sie nur schützen wollen. Er hätte es damals nicht ertragen, sie eventuell wie ihren Bruder in einer Muggelfamilie aufwachsen zu sehen, wo sie möglicherweise das gleiche Schicksal hätte erleiden müssen wie er oder ihre Mutter, der sie so ähnlich sah. Auch gegen die Verbindung, die sie, ob wissentlich oder unwissentlich, auf Geheiß des dunklen Lords eingehen würde, hegte er noch immer seine Vorbehalte.

Die dunklen Augen des Mannes verengten sich, als er den Verlobten der jungen Frau betrachtete. Sie war nicht seine leibliche Tochter, dennoch hatte er sie als solche großgezogen. Dass er sie durch seine eigenen Fehler von ihm weggetrieben hatte, erfüllte ihn mit Schuld. Er hatte seine einstige Liebe abermals enttäuscht.

Ein plötzliches Prickeln an seinem Unterarm versetzte ihn in Aufruhr. Er war auf dem Weg. Er spürte es. Alle Versammelten fühlten das dunkle Mal brennen, wie es das seit seiner Rückkehr eigentlich pausenlos tat. Es war sein Ruf nach ihnen.

Weitere Gestalten strömten in den Raum. Sie waren zweifellos in die Einfahrt appariert, um hier im großen Salon der Familie Malfoy zu ihnen zu stoßen. Keiner von ihnen war mehr maskiert. Dazu bestand keine Notwendigkeit mehr. Sie alle wussten um die Geschehnisse der letzten Stunden. Der Tod eines der mächtigsten Gegner des dunklen Lords, einer der wenigen Symbolfiguren des Widerstands gegen ihn, hatte ein klares Statement in die Zaubererwelt gesendet.

Schweigend reihten sich die Neuankömmlinge zwischen den anderen Todessern ein, von denen jeder einzelne nun die Tür im Blick hielt. Ihre Schritte verursachten das einzige Geräusch in dem stillen Raum. Kein Feuer brannte im Kamin und jeder Atemzug schien zu laut in seinen Ohren.

Er sah Narzissa Malfoy, unverkennbar mit ihrem hellen Haar, die sich etwas versetzt hinter ihrer Schwester platziert hatte, erblickte die Carrow-Geschwister. Amycus hatte noch immer einen langen Schnitt an der Kehle, den der schwarzhaarige Zauberer mit grimmiger Genugtuung zur Kenntnis nahm. Zu seinem Leidwesen war auch Greyback anwesend. Er meinte, seinen Gestank nach Schweiß und Blut selbst in über zehn Metern Entfernung noch riechen zu können und konnte es seiner Ziehtochter nicht verdenken, dass sie angewidert die Nase rümpfte und unauffällig versuchte etwas Abstand zu ihm zu schaffen.

Genau in diesem Moment schwang die riesige Eingangstüre auf. Der Raum schien den Atem anzuhalten, als ihr Herr hereinkam.

Rote Augen, umgeben von schlangengleichen Zügen und Schlitzen als Nasenlöcher, glitten über jeden einzelnen der Anwesenden hinweg, während sein Zauberstab locker wie ein Taktstock zwischen seinen feingliedrigen Fingern ruhte.

Der Lehrer für Zaubertränke war der erste, der ehrerbietend den Kopf neigte. Nach und nach taten es ihm die Zauberer und Hexen gleich, bis endlich die kalte Stimme des schwarzen Lords erklang und gespenstig durch den Raum schwebte: "Genug der Förmlichkeiten. Wie ich soeben erfahren habe, haben wir einen weiteren Sieg zu verzeichnen."

Die versammelten Todesser schwiegen. Zu offenkundig war die Tatsache, dass ihr Herr den Moment auskosten wollte. Mit geisterhaft wehendem Umhang schritt er näher, seine Schlange Nagini schlängelte sich zu seinen Füßen über den rauen Boden. Keiner getraute sich eine Regung.

"Albus Dumbledore ist tot", verkündete er schließlich mit seidig weicher Stimme, als er einmal die volle Runde an seinen Anhängern vorbei hinter sich gebracht hatte. Seine Miene offenbarte Genugtuung und Severus Snape wagte aus dem Augenwinkel einen knappen Blick zu seiner Ziehtochter. Aus ihrem Gesichtsausdruck wurde er nicht schlau. Es war keine Angst, die sich darin abspiegelte. "Unsere beiden jüngsten Mitglieder haben sich ihrem Platz würdig erwiesen und ihre Aufgaben, die ich ihnen stellte, wenn auch mit einiger Verzögerung, letztendlich erfüllt."

Bellatrix Lestrange entwich ein unterdrücktes Kichern, angesichts des unterschwelligen Tadels in der Stimme des dunklen Lords. Dieser ignorierte es und senkte stattdessen einen Herzschlag lang seinen Blick hinab auf den weißen Zauberstab in seinen Händen.

Als er den Kopf wieder hob, hatte sich sein Mund zu einem unnatürlichen Lächeln verzerrt. Die roten Augen fixierten sich auf die beiden jüngsten Mitglieder dieser Runde. "Gut gemacht, Draco", flüsterte er, trat abermals einige Schritte auf ihn zu. Die Schlange zu seinen Füßen zischelte. Der junge Malfoy wurde blass um die Nase, schaffte es aber erstaunlicherweise, sein Zusammenzucken zu unterdrücken.

"Und du -" Die Angesprochene reckte das Kinn, woraufhin ihr das rote Haar in sanften Wellen über die Schultern den Rücken hinabfloss. Stolz erfüllte ihn, als er die junge Frau betrachtete, zu der sie sich im letzten Jahr entwickelt hatte. Im Gegensatz zu ihrem Verlobten blickte sie dem schwärzesten Magier ihrer Zeit ohne zu blinzeln ins Gesicht. "Ich wusste, du würdest deine Aufgabe mit Bravour meistern. Sehr gut, Mariah Elisabeth Potter."

Mit stählerner Miene erwiderte Caitlyn Snape auch weiterhin den Blick der flammend roten Augen und Severus Snape erkannte, dass seine Erziehung vielleicht doch in einigen Zügen richtig gewesen war. Während sich ihm selbst der Magen umdrehte und er all seine antrainierte Selbstbeherrschung benötigte, sich nicht auf den steinernen Boden zu ihren Füßen zu übergeben, trug sie die Aufdeckung ihrer wahren Identität mit Fassung, gar einer Spur Stolz und Gleichgültigkeit.

Eine Namensoffenbarung, die längst überfällig gewesen war.

Unknown Potter II - Hidden in the DarkWo Geschichten leben. Entdecke jetzt