Die Nachricht, dass Katie Bell ins St. Mungo eingeliefert wurde, traf mich am nächsten Morgen unvorbereitet heftig. Als ich auch noch den Grund erfuhr, drehte sich mir der Magen um. Einen Kloß in der Kehle schaute ich meinen angebissenen Toast mit der leckeren Erdbeermarmelade an, die ich sonst so gern mochte, doch musste ich schon würgen, wenn ich nur daran dachte, ihn fertig aufzuessen. Mir war der Appetit gründlich vergangen.
Die Jägerin aus Gryffindor war auf dem Weg von Hogsmeade zurück ins Schloss scheinbar mitten auf der Straße zusammengebrochen und wild schreiend durch die Luft geschleudert worden, woraufhin Hagrid sie aufgelesen habe und hinauf in den Krankenflügel brachte. Noch am selben Abend habe Madam Pomfrey beschlossen, mit ihrem Wissen könne sie der Schülerin nicht mehr helfen.
Über den Grund für dieses Ereignis herrschte jedoch allgemeine Verwirrung. Es war ein Fluch gewesen, ja, darüber waren sich alle einig. Auch die Tatsache, dass eine Kette daran schuld gewesen war, sickerte irgendwie im Laufe des Tages durch. Doch wo war diese hergekommen? Warum war ausgerechnet Katie das Ziel gewesen? Hatten ihre Eltern vielleicht dort draußen etwas getan, womit sie dem, dessen Name nicht genannt werden darf, in die Quere gekommen waren?
Spätestens in der sechsten Stunde - Verteidigung gegen die dunklen Künste - war ich so unkonzentriert, dass ich Dracos Zauber geradewegs durch meinen Schutzschild rasen ließ. Es kümmerte mich nicht einmal. Wenn es ein tödlicher Fluch gewesen wäre, ich gerade in diesem Moment dem dunklen Lord gegenüberstünde, ich wusste nicht, ob ich meinen eigenen Stab gehoben hätte. Was war, wenn Katie nicht geheilt werden konnte? Sie konnte die Kette kaum berührt haben, aber wusste ich, welcher Zauber darauf gelegen hatte? Er wäre fähig gewesen, jemanden umzubringen. Mehr wusste ich nicht.
Eine Sekunde später traf mich der rote Blitz direkt in die Brust. Ich sah noch Dracos erschrocken aufgerissene Augen, dann sank ich in mich zusammen.
Sobald ich wieder zu mir kam, war der Klassenraum verlassen. Nicht einmal mein Verlobter war mehr anwesend, nahm ich auch ganz deutlich seinen unverkennbaren Geruch an dem Schal wahr, den man mir unter den Kopf geschoben hatte. Meine Nase darin vergrabend, sog ich tief das vertraute Wacholder-Minz-Aroma ein. War doch nur ein Schockzauber gewesen. Halb so wild.
Mein Kopf brummte und auch meine Hand schmerzte wieder extrem. Dennoch hatte der Sturz auf den Boden bei mir wenigstens eine Sache bewirkt. Er hatte mich aus dem Dämmerzustand gerissen, in dem ich mich seit diesem Morgen befunden hatte.
Was hatte ich denn erwartet? Schon zu Beginn war mir klar gewesen, dass ich auf diesem Weg Opfer würde bringen müssen. Dass diese nicht klein waren, verstand sich eigentlich von selbst. Unter dem Befehl des dunklen Lords würde ich mehr als nur einen Mord begehen müssen, besser, ich fand mich schon einmal damit ab. Der Imperius würde ebenfalls nicht der letzte Unverzeihliche bleiben, den ich wirken musste. Mir blieb einzig die Hoffnung, nie meinem Bruder im Kampf gegenüberstehen zu müssen.
Plötzlich ertönten Schritte.
Erschrocken rappelte ich mich auf, musste aufrechtstehend jedoch einsehen, dass die Bewegung wohl zu schnell gewesen war. Vor meinen Augen fingen die Farben an, ineinander zu fließen, der Raum begann sich zu drehen. Ungewollt stolperte ich nach hinten, prallte mit dem Hintern gegen den Rand eines der Tische.
"Du bist wach."
Ich kannte die Stimme. Blinzelnd verschaffte ich mir wieder eine klare Sicht. Am anderen Ende des Raumes, direkt neben einer kleinen Tür, welche in seinen Vorratsraum führte, stand Severus Snape. Sein Haar war wie üblich zerzaust und auch sein Umhang war genauso fledermausartig aufgebauscht wie an jedem anderen Tag. Dennoch lag eine Kälte in seinem Blick, die ich so nicht von ihm gewohnt war. Da war nicht der winzigste Hauch eines Lächelns auf seinen Lippen.
Hastig straffte auch ich selbst meine Haltung und verlieh meiner Miene einen völlig leeren Ausdruck. Nicht umsonst hatte ich schließlich einen guten Lehrer gehabt.
Leider kaufte er mir den schwächlichen Versuch Selbstvertrauen zu mimen nicht ab. Tatsächlich zogen sich seine Augenbrauen bei meinem Anblick eher noch dichter zusammen und verliehen ihm einen düsteren Ausdruck. "Trink das." Überrumpelt fing ich den kleinen Flakon aus der Luft. "Es wird dir gegen den Schwindel helfen und den Kopfschmerzen vorbeugen, die du sicherlich im Laufe des Nachmittags noch bekommen wirst."
Mein folgendes "Danke" war kälter als Eis. Nichtsdestotrotz zog ich den Stopfen ab und schüttete mir den Inhalt ohne zu zögern den Rachen hinab.
"Du bist leichtsinnig und dumm."
Beinahe verschluckte ich mich an dem letzten Tropfen. "Wow, Professor, seit wann sind Sie so direkt?", fragte ich, bemüht meiner Stimme einen sarkastischen Ton zu geben. Ich wusste, wie sehr ihn das immer aufregte und im Moment wünschte ich mir nichts sehnlicher, als diesem Klassenzimmer zu entfliehen. Der schnellste Weg dorthin war sicherlich, von ihm hinausgeworfen zu werden.
Doch als habe er meine Gedanken gelesen - nur um sicherzugehen zog ich meine Okklumentikschilde etwas dichter - oder aber er hatte meinen flüchtigen Blick zur Tür gesehen, sagte er: "Vergiss es, Mariah. Du wirst nicht gehen, bevor wir dieses Gespräch beendet haben. Die Türe ist verriegelt."
"Ich habe Unterricht."
"Wo du dann ebenso konzentriert bei der Sache bist wie hier?" Kühl hob er eine Augenbraue und schlenderte hinüber zu seinem Schreibtisch, wo er sich auf den Stuhl dahinter sinken ließ. "Erinnerst du dich an meine Worte, kurz vor Beginn des Schuljahrs?"
Trotzig verschränkte ich die Arme vor der Brust. Natürlich tat ich das. Abgesehen davon sagte mir sein Tonfall, dass die Frage ohnehin eher rhetorischer Natur war.
"Du hast gerade erst herausgefunden, wie viel Wahrheit tatsächlich in ihnen steckte, nicht wahr?", bohrte er tiefer, legte wissentlich oder unwissentlich seinen Finger genau in die Wunde und drückte zu. Die Finger fest in Dracos weichen Schal gekrallt, starrte ich ihn wortlos an. Irgendwo über uns im Schloss läutete die Schulglocke, verkündete den Anfang, vielleicht schon das Ende der Mittagspause. "Du hast unverantwortlich und dumm gehandelt."
"Das sagtest du bereits. Nur nutztest du eben glaube ich das Wort leichtsinnig."
Er verengte die Augen zu Schlitzen. Ging jedoch noch immer nicht auf meine Provokation ein. "Wieso bist du so dumm und lässt dich von Mr. Malfoy in diese Sache mit Katie Bell hineinziehen?", fragte er und lehnte sich in seiner Position nach vorne, sodass er sich mit den Ellenbogen auf den Schreibtisch stützen konnte.
Ich sah seine Augen zu den vertrauten schwarzen Tunneln werden, noch ehe er einen Angriff auf meinen Geist wagen konnte. Vielleicht hätte er es auch gar nicht getan, dennoch wandte ich den Blick ab. Durch einen Spalt im Vorhang vor den Fenstern, konnte ich sehen, dass es draußen noch immer schneite.
Erleichterte es mich, dass er offenbar nicht wusste, was meine Aufgabe war? Müsste ihm sonst nicht klar sein, dass ich es gewesen war? Ein Akt der Verzweiflung.
"Der dunkle Lord wartet nur auf deine Schwäche. Was glaubst du, tut er, wenn er deinen richtigen Namen herausfindet? Ich werde dich nicht ewig schützen können."
Zornig sprang ich auf. Die Welt vor meinen Augen drehte sich dabei nicht mehr, weshalb ich hastig begann, durch den Raum zu wandern. "Wer behauptet, ich bräuchte deinen Schutz? Ich bin bisher ganz gut alleine zurechtgekommen. Die Tatsache, dass du nicht denkst, Draco hätte mich in die Sache mit hineingezogen, sagt doch schon viel." Ich wirbelte zu ihm herum. "So hoch kannst du gar nicht in der Gunst des schwarzen Lords stehen, wenn er dir nicht gesagt hat, was ich zu tun habe."
"Ich weiß, dass du seinem Leben ein Ende wirst setzen müssen." Die Worte, so ruhig und sachlich gesprochen, wie es nur er vermochte, nahmen mir so ziemlich den Wind aus den Segeln. Ich rührte mich nicht, was er wohl als Anlass nahm, weiterzusprechen. "Lass mich dir helfen, Mariah."
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Unknown Potter II - Hidden in the Dark
FanfictionCaitlyn hat endlich die Wahrheit erfahren. Auch wenn sie erkennen muss, dass diese sie in schreckliche Gefahr bringt. Ihr Vater ist gar nicht ihr Vater und ihr Bruder ist nicht tot, sondern kämpft tagtäglich um sein Überleben, jetzt, da der dunkle L...