Die typischen Malfoy-Augen zuckten über unsere kleine Gruppe hinweg, dem Gespräch oder wohl eher Streit zwischen Harry und Bellatrix nur am Rande Beachtung schenkend. Rasch senkte ich den Kopf wieder, damit mir mein langes, rotes Haar wie ein Vorhang vors Gesicht fiel. Mit etwas Glück war Dracos Vater arrogant genug um sich nicht daran zu erinnern, dass die Weasleys nur eine Tochter hatten. Ich verabscheute mich für den Gedanken, aber vielleicht konnte ich so als weiteres Mitglied dieser Familie durchgehen.
"Was?", raunte Neville, vielleicht eine Spur zu laut. Doch über Bellatrix lautes Kreischen konnte ihn vermutlich sowieso niemand außer mir hören.
Verstohlen zuckte mein Blick kurz hoch, nur um ein weiteres Mal Mr. Malfoys grauen Augen zu begegnen. Hastig ließ ich den Arm des Gryffindor los und umschloss mit meiner frei gewordenen Hand mein Handgelenk, an dem das silberne Armband baumelte. Es war mehr ein Instinkt, als ein wirkliches Wissen, doch glücklicherweise konzentrierte er sich keine Sekunde später wieder auf sein Gespräch mit Harry.
Mir entwich ein erleichtertes Seufzen. "Cat?" Ach ja, meine Idee.
"Wir müssen hier weg", flüsterte ich und sprach damit nur das Offensichtliche aus. Bei Merlins Bart, wo war mein Gehirn, wenn ich es brauchte? "Wie wäre es, wenn ..."
Ich kam nicht dazu, meinen Satz zu vollenden, da Ron mir im selben Moment von vorne auf den Fuß trat. Nicht sanft, sondern mit solchem Schwung, dass ich meinte, meine Zehen brechen zu hören. Meine Handlung war schneller, als meine Gedanken dazu. Ohne es wirklich wahrzunehmen, drückte ich ihm meinen Zauberstab fest in den Rücken und zog in noch einen weiteren Schritt zurück, bemüht, möglichst geringe und unauffällige Bewegungen zu machen.
"Was zum Teufel sollte das, Ronald?", presste ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Verflucht, tat mein Fuß weh! Zaghaft versuchte ich ihn etwas zu bewegen und stellte beruhigt seine Unversehrtheit fest. Ich hätte diesen Idioten umgebracht, sollte ich wegen seiner Bosheit nicht mehr laufen können.
Er verzichtete darauf, sich loszureißen, doch ich konnte seinen inneren Kampf hören, als er zurückknurrte: "Regale zerschmettern."
Für diese Nachricht musste er mir fast etwas brechen? Hätte es nicht gereicht, mich anzustupsen oder etwas in der Art? Aber wie ich den Weasley kannte, hatte er diesen Part zu sehr genossen, um ihn sich verwehren zu lassen.
"Sobald Harry das Signal gibt", setzte er hinterher und wenn es nicht zu viel Aufmerksamkeit auf uns gezogen hätte, hätte ich ihn mit ebenso großem Vergnügen einfach von mir gestoßen. Stattdessen umschloss ich meinen Stab fester und tastete mit meinen Fingern an jeder noch so kleinen Einkerbung entlang.
'Einfach nicht an dein Unvermögen im Kampf denken', sagte ich mir, obwohl ich wusste, dass mich dies im Ernstfall die entscheidenden Sekunden kosten könnte. In der Theorie beherrschte ich all diese Zauber, in der Praxis auch, der Gedanke, sie jedoch in einer schnellen Abfolge zu nutzen, von ihnen abhängig zu sein und sie dabei noch auf bewegliche Ziele wirken zu müssen, verursachte ein mulmiges Gefühl irgendwo tief in meiner Magengegend.
Gespannt wie eine Feder harrte ich aus, zu versunken in meinen eigenen Überlegungen, um mich richtig auf das Gespräch vor mir zu konzentrieren. Ich hörte Malfoys schnarrende Worte, nahm Bellatrix wütendes Gekeife – welches doch sehr an Mrs. Black erinnerte – und das Lachen der Todesser wahr, es drang dabei allerdings nicht wirklich bis zu mir durch. Es war, als hätte ich mich selbst in Watte gepackt, um mich vor meinem Umfeld abzuschirmen und mich auf das Kommende vorzubereiten.
So reagierte ich auch nicht sofort auf Harrys gebrülltes, "Jetzt", sondern erst als bereits fünf verschiedene Reducto Flüche in die Regale links und rechts von uns einschlugen. Der hoch emporragende Regalbau schwankte und tausende der enthaltenen Glaskugeln fielen zu Boden, wo sie zersprangen und weiße Schemengestalten, beinahe wie Geister, in die Freiheit entließen. Ihr Stimmengewirr, welches über vermutlich längst vergangene Zeiten berichtete, vermischte sich mit dem Lärm des zerberstenden Glases. Die Aufforderung meines Bruders zum Loslaufen brauchte ich nicht mehr.
Die Regale schwankten bedrohlich und noch mehr Glaskugeln begannen herabzufallen. Schützend hielt ich mir einen Arm über den Kopf, um mich notdürftig vor den herabfallenden Glassplittern zu schützen und hechtete blindlings den anderen sechs hinterher. Alle riefen durcheinander, Schmerzensschreie waren zu hören und ohrenbetäubendes Krachen, als die Regale weiter in sich zusammenbrachen. Inmitten all dessen die unheimlich widerhallenden Satzfetzen, der aus den Kugeln befreiten Gestalten. Seher, wie ich vermutete.
Plötzlich wurde ich von hinten gepackt und zu einer hochgewachsenen Gestalt herumgewirbelt. Ich sah nur flüchtig die Totenschädelmaske unter der Kapuze hervorblitzen und handelte ohne Zögern. "Impedimenta." Umgehend erstarrte der Todesser mitten in der Bewegung und ich konnte mich aus seinem versteinerten Griff lösen.
Hastig wirbelte ich herum und rannte weiter. Wo waren die anderen? Ich gab mir Mühe, meine Panik nicht Überhand gewinnen zu lassen, doch damit tat ich mich verdammt schwer. Keiner von ihnen, mit Ausnahme vielleicht meines Bruders, scherte sich groß um mein Befinden. Nicht verwunderlich, hatte ich ihnen schließlich auch keinen großen Anlass dazu gegeben. Es wäre einfach, mich hier in diesem Gewühl abzuhängen und den Schergen des dunklen Lords zu überlassen.
Über den Lärm hatte ich keine Chance, mich am Geräusch ihrer Schritte zu orientieren und die Zeit für einen Ortungszauber blieb mir auch nicht. Dicht hinter mir konnte ich immer wieder aufs Neue Schatten und Schemen ausmachen, traute meinem eigenen Urteil jedoch nicht so ganz. Es konnten genauso gut nur die Bewegungen der geisterhaften Propheten sein.
Direkt vor mir brach klirrend ein weiteres Regal in sich zusammen und ich konnte mich nur mit einem atemlosen 'Protego' davor schützen, zerschmettert zu werden, als wäre ich genauso zerbrechlich wie eine dieser kleinen Prophezeiungen. Schlitternd kam ich zum Halt, blickte hektisch nach links und rechts, lauschte, in der Hoffnung mehr als nur den Lärm hören zu können.
Ein kleines Metallschildchen auf Augenhöhe verriet mir, dass ich mich am Ende von Reihe siebenundneunzig befand. Wie groß war diese Mysteriumsabteilung? Das Aufeinandertreffen mit den Todessern hatte am Anfang dieser Regalreihe stattgefunden. Der Gedanke erschien mir unmöglich. Waren wir etwa ebenso lange die Reihen entlanggewandert?
Irgendwo aus der Dunkelheit ertönte ein Schrei und mehrere Lichtblitze flogen hin und her. Wie erstarrt verharrte ich. War das einer von uns gewesen, der da gefallen war? Oder war es einer der Todesser gewesen?
"Cathy!" Mein Kopf ruckte hoch. Diese Stimme würde ich vermutlich überall heraushören. Sie kam von rechts, vielleicht zehn bis zwanzig Schritte entfernt. Ich setzte mich in Bewegung, als mein Bruder erneut meinen Namen schrie.
Gerade als ich glaubte, ihn erreicht zu haben, verschwand er durch eine Türöffnung. Ich dachte nicht über meine Handlung nach, eine Eigenschaft, die ich im Laufe dieses Tages nicht nur einmal an den Tag gelegt hatte, und stürzte hinter ihm her.
Kaum hatte ich den ersten Schritt über die Schwelle gewagt, verlor ich den Boden unter den Füßen.
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Unknown Potter II - Hidden in the Dark
FanfictionCaitlyn hat endlich die Wahrheit erfahren. Auch wenn sie erkennen muss, dass diese sie in schreckliche Gefahr bringt. Ihr Vater ist gar nicht ihr Vater und ihr Bruder ist nicht tot, sondern kämpft tagtäglich um sein Überleben, jetzt, da der dunkle L...