"Ich mache mir Sorgen." Aus dem Augenwinkel sah ich Draco zu mir herantreten. Rasch riss ich mich wieder von seinem Anblick los, zu sehr lenkte mich seine wunderbare Statur in der grünen Quidditchuniform ab. Er weckte Gefühle in meinem Innern, die mir völlig neu waren und mit denen ich mich zum jetzigen Zeitsprung unter keinen Umständen auseinandersetzen wollte. Angestrengt spähte ich zwischen den Holzbrettern hinaus aufs Spielfeld.
Hände, welche sich von Hinten auf meine Hüften legten, ließen mich zusammenzucken. "Um das Spiel?"
Obwohl ich wusste, dass es das nicht war, überlegte ich für einen Augenblick. Hatte ich wirklich Angst vor diesem Spiel? Alleine schon der Gedanke daran war absurd. Es war nicht mein erstes und würde sicher auch nicht mein letztes bleiben. Auch gegen Gryffindor hatte ich bereits gespielt, nur dieses Mal wusste ich, wen das implizierte. "Findest du nicht auch, dass alles viel zu ruhig und unspektakulär ist?"
"Ruhig und unspektakulär?" Dracos Stimme klang beruhigend über meinem Ohr, während er bedächtig seine Hand an meinem Unterarm entlang, bis zu meinem Handgelenk gleiten ließ. Für einen kurzen Augenblick dachte ich, er hätte doch irgendwie die Geschichte mit meinem Strafsatz herausgefunden, allerdings verharrten seine Fingerkuppen über dem Silberarmband. "Nennst du das hier nichts?"
Ich entzog mich der Berührung und wandte mich zu ihm um. "Denk nur einmal an die letzten Jahre. Das erste war noch einigermaßen ruhig, aber im zweiten Jahr lebten wir bereits in ständiger Gefahr. Das dritte Jahr begann mit Blacks ..." Eine Gänsehaut überzog meine Arme, sobald ich Sirius Nachnamen aussprach. "... Ausbruch aus Askaban. Beinahe das gesamte Schuljahr verbrachten wir in Angst. Dann bei der Quidditchweltmeisterschaft der Auftritt der Todesser und das Erscheinen des Mals am Himmel. Du weißt, welche Angst mir das Ganze machte. Dazu kam dann das Trimagische Turnier und ..."
Sanft senkte er seinen Zeigefinger auf meine Lippen und brachte mich so zum Verstummen. Wir wussten beide, dass ich nicht weiterreden musste. Unser viertes Jahr in Hogwarts, das Jahr, in dem alles begann den Bach hinunterzugehen, war gleichzeitig der Zeitpunkt, zudem ich um meinen wahren Familiennamen erfahren hatte. Seit dem hatte ich angefangen, beinahe in ständiger Wachsamkeit zu leben. Unter keinen Umständen konnte, durfte ich zulassen, dass mein Bruder von mir erfuhr. "Ich weiß sehr gut, was du meinst. Dennoch solltest du anfangen, dich auf die positiven Seiten des Lebens zu konzentrieren."
"Die da wären?"
Der Sucher öffnete gerade den Mund, als es draußen auf den Tribünen mit einem Mal still wurde. Ein knackendes Räuspern drang durch das ganze Stadion, ausgehend vom Stadionsprecher Lee Jordan aus Gryffindor. Ich richtete mich auf, löste mich von Draco und blickte in die angespannten Gesichter meiner Teamkollegen. Es hatte keinen Sinn, ihnen jetzt noch einmal ins Gedächtnis zu rufen, was bei diesem Spiel auf der Waage lag. Häufig genug hatte ich es ihnen eingeschärft und sollte es mir auch nur ansatzweise gelungen sein, Flint eine würdige Nachfolgerin zu sein, würde jeder von ihnen unsere geplanten Taktiken im Schlaf aufsagen können.
Daher schenkte ich ihnen nur ein ermutigendes Nicken, schulterte meinen Besen und führte sie hinaus aufs Feld. Kaum hatten wir die schützende Umgebung der Umkleide verlassen, verließ die Aufregung, die zuvor wenigstens noch zaghaft an mir genagt hatte, meinen Körper und eine wunderbare Selbstsicherheit legte sich über mich. Mit zügigen, entschlossenen Schritten gab ich nach außen wieder das Bild der stolzen Slytherin ab und auch innerlich fand ich zurück in meine Rolle als Caitlyn Snape, die Tochter des Zaubertrankmeisters. Es war albern, dass mir ausgerechnet hier das Verhalten gelingen sollte, mit welchem ich im Alltag zu kämpfen hatte, doch die jubelnden Gesichter der Slytherinfans, war deren Anzahl im Publikum auch erheblich kleiner als die der Gryffindorfans, gaben mir Kraft.
In der Mitte des Feldes, direkt neben Madam Hooch und gegenüber der Gryffindorkapitänin, verharrte ich schließlich. "Kapitäne, gebt euch die Hand!"
Das Kinn stolz gereckt streckte ich Angelina Johnson meine Hand entgegen. Die Jägerin überragte mich bestimmt um anderthalb Köpfe, reichte mir jedoch mit ausdruckslosem Gesicht ihre eigene. Ein kurzes Händeschütteln und Madam Hoochs Stimme erklang von Neuem: "Auf die Besen. Drei ... Zwei ... Eins ..."
Von dem Moment an, da meine Füße den Boden verließen, hatte ich den Eindruck, in einem Rausch aus Farben zu versinken. Ich jagte dem Quaffel hinterher und beförderte ihn ein ums andere Mal mithilfe von Warrington und Adrian durch die Torstangen an Ron vorbei. Ich beteiligte mich nicht an den Schmähgesängen meines Hauses, die mit jedem Tor, welches fiel, weiter anzuschwellen schienen, sondern fegte weiter durch die Luft, während ich hier und da Anweisungen an mein Team brüllte.
Es sah gut aus für uns. Sogar sehr gut. Nicht lange und wir lagen weit vor den Gryffindors, während die Stimme des Stadionsprechers immer niedergeschlagener wurde.
Nur Minuten schienen vergangen zu sein, als bereits Madam Hoochs Schlusspfiff ertönte. Die rot golden gekleidete Welle auf der Tribüne brach in Jubelschreie aus und ich musste nicht einmal den Kopf drehen, um zu wissen, wie der Spielstand aussah. Erschöpft schloss ich die Augen, fuhr mir mit der behandschuhten Hand durchs Haar und zog mir dabei ungewollt noch mehr Strähnen aus dem Zopf, als ohnehin schon befreit waren. Langsam ließ ich mich gen Boden trudeln, wo bereits die Hälfte meiner Mannschaft wartete. Verwirrt sah ich mich um, meine Augen huschten über das Feld, bis ich schließlich Draco und seine Gorillas, meine Treiber, drüben beim gegnerischen Sucher entdeckte. Die Weasley Zwillinge waren auch bei ihnen und sie schienen lautstark miteinander zu streiten, als ich aus dem Augenwinkel eine pinke Kröte die Tribüne hinunterkommen sah.
Schulterzuckend wandte ich mich ab. "Gehen wir uns umziehen."
Erst am nächsten Tag erfuhr ich vom Flugverbot für meinen Bruder und die Weasley Zwillinge. Offenbar durch ebenjenen Streit gestern provoziert. Sehr zu meiner Verwunderung schwieg Draco sich zu diesem Vorfall aus, obwohl er normalerweise nie eine Gelegenheit verpasste, Harry schlechtzumachen. Ich wollte es tatsächlich überhaupt nicht wissen. Zwar missfiel mir mein eigener Gedankengang, jedoch kam ich nicht umhin festzustellen, welch riesige Chance mit diesem Wirken Umbridges für uns einherging. Die beiden Treiber von Gryffindor und ihr Starsucher waren raus, was uns Slytherins neuen Hochmut verschaffte. An die Niederlage im Eröffnungsspiel dachte schon bald keiner mehr und ich drängte meine Mannschaft zu neuen Höchstleistungen auf dem Quidditchfeld.
Es fiel mir weiterhin schwer, nicht aus der Rolle der braven Tochter zu fallen, was allerdings ebenfalls zunehmend leichter wurde. Freitagsabends traf ich mich nun regelmäßig mit meinem Ziehvater, was unserem Verhältnis äußerst gut kam und kurz vor Weihnachten glaubte ich sogar daran, ihn vielleicht wieder als richtigen Vater akzeptieren zu können. Natürlich waren da auch noch mein Bruder und meine leiblichen Eltern, doch ich war mir beinahe sicher, mit diesem Umstand leben zu können, insofern ich mich nur von ihm fernhielt.
Am Abend vor dem Beginn der Weihnachtsferien wälzte ich mich vor dem Einschlafen noch unruhig von der einen Seite auf die andere. Draco würde morgen früh nach Hause abreisen und ich vermisste ihn jetzt schon. Natürlich hatte er mir angeboten, ihn zu begleiten, allerdings hatte ich das Angebot schlussendlich abgelehnt, weil ich selbst noch genug zum Lernen hatte und mich irgendetwas beim Gedanken, die Ferien im Hause Malfoy zu verbringen, abschreckte. Ich hatte nicht die geringste Ahnung, was es war, auch wenn eine leise Stimme in meinem Hinterkopf beständig, "der dunkle Lord", flüsterte.
Irgendwann musste mich der Schlaf über diesen düsteren Gedanken wohl doch eingeholt haben, denn mitten in der Nacht schreckte ich auf, zitternd vor Kälte und Panik. Den Schrei, der sich von meinen Lippen löste, konnte ich nicht verhindern.
DU LIEST GERADE
Unknown Potter II - Hidden in the Dark
FanfictionCaitlyn hat endlich die Wahrheit erfahren. Auch wenn sie erkennen muss, dass diese sie in schreckliche Gefahr bringt. Ihr Vater ist gar nicht ihr Vater und ihr Bruder ist nicht tot, sondern kämpft tagtäglich um sein Überleben, jetzt, da der dunkle L...