Eine eiskalte Hand hatte sich um mein Herz geschlossen und drückte es zusammen, presste solange, bis ich tatsächlich um meinen Herzschlag bangte. Ich riss die Augen auf. Die Schwärze, die ich sah, war undurchdringlich und verstärkte meine Panik nur noch mehr. Meine schwere Daunendecke war klamm und irgendwie hatte ich es geschafft, mich bis zur Hüfte darin einzuwickeln wie in eine Zwangsjacke.
"Cat. Caitlyn ... Wach auf." Ich spürte, wie mich jemand an den Schultern schüttelte.
Angsterfüllt schloss ich die Augen und tastete mit den Fingern nach meinem Zauberstab. Jegliche Möglichkeit, rational zu denken, war mir verwehrt. Ein Gefühl, tief aus meinem Innern aufsteigend, sagte mir, dass irgendetwas gewaltig schieflief. Ich konnte das schmale Stück Holz nicht finden. Ich war wehrlos. Ausgeliefert.
Nun schluchzte das Mädchen. "Holt doch einer Professor Snape. Was ist nur mit dir?"
Das Schütteln hatte etwas an seiner Heftigkeit nachgelassen, ich merkte es kaum mehr. Mir war übel, als hätte ich zum wiederholten Mal zu viel vom Festessen gegessen. Am liebsten würde ich meinen Magen auf der Stelle entleeren. Aber das durfte ich nicht. Es würde mich zu sehr schwächen.
Eine neue, bekannte Stimme gesellte sich zu der ersten. Sie klang besorgt. "Was ist passiert?"
"Ich weiß es nicht. Sie ist schreiend aufgewacht und will sich einfach nicht beruhigen lassen."
Durch den Nebel der Furcht bemerkte ich kaum, wie sich die Matratze auf der einen Seite absenkte. "Cathy?" Der Name klang zu vertraut. Am liebsten hätte ich geschrien, verbot mir jedoch diesen Luxus. Meine Hand ging erneut auf die Suche und tatsächlich gelang es mir, meinen Zauberstab zu finden. Die Angst war zu groß, als dass ich wirkliche Erleichterung hätte fühlen können. Ich wusste nicht, was los war, aber herumsitzen würde mir in diesem Augenblick vermutlich nichts bringen. Ich musste aufstehen und ihn retten. Ich hob den Stab.
Plötzlich breitete sich ein brennender Schmerz auf meiner Wange aus. Ich blinzelte und tatsächlich zog sich die Dunkelheit zurück und ließ mich die Umrisse von mehreren Gestalten erkennen. Schluchzend sank ich in mich zusammen und wurde gleich darauf in ein schützendes Paar Arme gezogen.
Der vertraute Geruch nach Flieder und Wacholder umhüllte mich und sorge dafür, dass der Damm brach. Die Panik verließ zwar langsam meine Glieder, jedoch fiel es mir nach wie vor schwer, wirklich herunterzukommen. Meine Wange brannte von der Ohrfeige. "Mein Bruder", flüsterte ich heiser und krallte mich mit einer Hand in Dracos T-Shirt, während ich mit der anderen den schmalen Stab umschlossen hielt. "Irgendetwas stimmt nicht."
Mein Körper bebte vom Weinen. "Scht ... Alles wird gut, Mary. Ich bin ja da." Auch mein Freund sprach so leise, dass niemand von den Umstehenden ihn hören konnte. "Sollen wir zu deinem Vater?"
Als wir den Gemeinschaftsraum zur Hälfte durchquert hatten, öffnete sich der steinerne Durchgang, welcher hinein in die kalten Kerker führte. Noch immer zitterte ich, obwohl der junge Malfoy mir meinen warmen grünen Umhang um die Schultern gelegt und zusätzlich seinen Arm um mich geschlungen hatte. "Professor Snape." Es brauchte keine weiteren Erklärungen. Mein Vater hastete auf meine andere Seite und gemeinsam geleiteten sie mich durch die Kerker, bis zu seinem Büro.
Mit jedem Schritt, den wir hinter uns brachten, wurde ich kräftiger und meine Muskeln hörten auf zu zittern. Zwar liefen mir weiterhin Tränen über die Wangen, aber es war mir wieder möglich, einen klaren Gedanken zu fassen. Als ich mich schließlich auf der grünen Couch in den Privaträumen meines Vaters niederließ, vergrub ich den Kopf in meinen Händen. Wieso bei Merlins Namen hatte ich so austicken müssen? Peinlicher ging es nicht mehr.
"Hier. Trink das." Der Meister der Zaubertränke drückte mir eine kleine Phiole in die Hand, ehe er sich in seinen Stuhl hinter dem Schreibtisch sinken ließ. Draco setzte sich dicht neben mich und legte ein weiteres Mal den Arm um meine Schultern. "Was ist passiert?"
Ich wartete mit meiner Antwort und entkorkte stattdessen das Fläschchen. Skeptisch schnüffelte ich daran, ehe ich es entschieden wieder verschloss und auf den Tisch stellte. "Danke, aber ich brauche keinen Beruhigungstrank, Vater." Er neigte knapp den Kopf. Irgendwie wirkte er ungewöhnlich müde auf mich. Nicht so, als hätte meine nächtliche Panikattacke ihn aus dem Schlaf gerissen, sondern eher, als wäre er überhaupt nicht erst ins Bett gekommen. Sein Reiseumhang hing vorne auf der Garderobe und wirkte feucht. Zögernd warf ich einen Blick zu meinem Freund. Seine grauen Augen wirkten so unverwüstlich, er hielt meiner Musterung stand. Es konnte nichts schaden. "Warst du beim dunklen Lord?"
Knarrend schob mein Vater den Schreibtischstuhl zurück und erhob sich. Den Rücken uns zugewandt, langsam die Regalreihen seiner heiß geliebten Bücher entlang schreitend, bejahte er. "Aber du weichst meiner Frage aus, Mariah."
Mein wahrer Name aus seinem Mund war so selten, dass er durch den Raum zu hallen schien wie der Schuss einer Kanone. Mir fiel es schwer, ein Zusammenzucken zu verhindern. "Ich habe geträumt." Es klang so banal, so unwirklich, wie ich es einfach so daher sagte und doch war mir klar, wie viel mehr dahinterstand. Ein derartiges Erlebnis hatte ich bis jetzt nur ein einziges Mal gehabt. Damals bei der dritten Aufgabe, als Harry mit dem toten Cedric aus dem Labyrinth wieder auftauchte. Bis heute wusste ich nicht, wieso ich so empfand, auch wenn ich die starke Vermutung hatte, es hinge mit Harrys Narbe und unserer Verbindung zusammen. "Weißt du, ob irgendetwas mit meinem Bruder ist?"
Mein Vater wandte den Kopf und sah mich über seine Schulter hinweg an. Etwas in seiner Miene wirkte gequält. "Soweit ich weiß, geht es ihm gut." Ich konnte in seinem Blick lesen, wie er mich stumm fragte, ob ich mehr Informationen wollte, allerdings schüttelte ich den Kopf. "Da war noch mehr, habe ich recht?"
Ich tastete nach Dracos Fingern, umschloss sie fest mit meinen und senkte den Blick. Mal abgesehen von den anderen Träumen diese Nacht, welche mich definitiv ebenfalls nicht zu Freudensprüngen verleiten konnten – Draco, der mich mit meinem Bruder betrog, war nur einer davon und bei weitem nicht der abwegigste – war da noch etwas gewesen. Letztes Jahr hatte ich nur dieses Gefühl empfunden, war vollkommen auf Harry fokussiert gewesen und auch dieses Mal war es so gewesen. Beinahe hätte diese Angst um meinen Bruder, die inzwischen im Prinzip zu meinem ständigen Begleiter geworden war, es geschafft, all diese Bilder aus meinem Gedächtnis zu bannen.
Stetig strich Dracos Daumen in kleinen Kreisen über meine Finger und beinahe verlor ich mich in diesem Rhythmus. Ich hob den Kopf. "Hat der dunkle Lord irgendetwas über mich gesagt? Will er mich sehen?" Die Situation war so vertraut. Vor beinahe genau einem Jahr hatte ich ihm eine ähnliche Frage gestellt und damals hatte die Antwort mir den Boden unter den Füßen weggerissen.
Jetzt, zusammen mit meinem Freund auf dem Sofa sitzend, der seinerseits meine Finger beinahe zerquetschte, wusste ich nicht, was ich hören wollte. Würde ich es verkraften, wenn er mit den gleichen zwei Buchstaben antworten würde?
Severus Snape hatte sich zwar bei meinen Worten angespannt und drehte sich nun vollständig zu mir um. Das erlösende Wort entschlüpfte seinen Lippen und ich sackte unmerklich in mich zusammen. "Nein."
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Unknown Potter II - Hidden in the Dark
FanfictionCaitlyn hat endlich die Wahrheit erfahren. Auch wenn sie erkennen muss, dass diese sie in schreckliche Gefahr bringt. Ihr Vater ist gar nicht ihr Vater und ihr Bruder ist nicht tot, sondern kämpft tagtäglich um sein Überleben, jetzt, da der dunkle L...