Nur Merlin wusste, welchem Umstand wir es verdankten, uns ungesehen von den anderen Slytherins abzuzweigen und zwischen den Mitgliedern der anderen Häuser die Haupttreppe in die oberen Stockwerke zu nehmen. Einzig bei einem schwarzen Paar Augen war ich mir sicher, dass es uns die Stufen hinauf verfolgte. Sein Blick schien sich mir in den Rücken zu brennen.
Mit gesenktem Kopf, sodass meine Haare nach vorne fielen, eilte ich neben Draco die Flure entlang und wagte einzig hin und wieder einen Blick nach hinten über die Schulter. Das Getrappel der Gryffindors wurde allmählich leiser und im Stillen machte ich sieben Kreuze, dass wir zwischen den ganzen Löwen niemandem aufgefallen waren.
"Hier hinein", zischte Draco plötzlich und drängte mich mit der vollen Größe seiner Körpers in eine Nische im Mauerwerk. Seine Brust hob und senkte sich gegen meine, während er seine Arme zu beiden Seiten meines Körpers hielt. Im schwachen Licht der Fackeln sah ich seine Nasenflügel beben.
Dann hörte auch ich das Lachen. Vorsichtig unter Dracos Arm hindurchspähend, erkannte ich die Gestalt des Poltergeists Peeves, der an den Rüstungen entlangstrich, woraufhin die metallenen Helme oder Schilde scheppernd zu Boden fielen. Direkt vor unserem Versteck hielt er inne.
Angespannt hielt ich den Atem an. Ich wollte nur ungern von ihm entdeckt werden. Dracos Arme um mich herum spannten sich an und ich überlegte sogar, meinen Zauberstab zu ziehen. Wenngleich ich auch nicht die geringste Idee hatte, welchen Zauber ich gegen Peeves hätte verwenden können. Denn auch wenn er Angst vor unserem Hausgeist, dem blutigen Baron, hatte, hieß das nicht, er würde uns nicht verpetzen.
Als er sich endlich umdrehte und weiterschwebte, zog ich meine Hand wieder aus der Tasche hervor. "Wir müssen weiter", flüsterte ich, da mein Verlobter keine Anstalten machte, sich zu bewegen.
Zweifelnd sah er zu mir herunter. "Das ganze Schloss ist in Aufruhe. McGonagall hat die Sicherheitsvorkehrungen verschärft. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, sie ahnt etwas."
"Das kann sie nicht. Dennoch wäre sie blind, die Zeichen nicht zu sehen. Es ist ihre Pflicht, an Dumbledores Stelle auf die Schüler aufzupassen."
"Bist du dir sicher?", fragte er leise, wobei sein Atem mein Gesicht streifte. In seinen grauen Augen stand Unsicherheit, als er mir mit einem Finger vorsichtig eine Strähne meines Haares aus der Stirn strich.
Auf die Unterlippe beißend, schüttelte ich wie in Zeitlupe den Kopf. "Nein. Aber du weißt so gut wie ich, dass wir eine solche Chance vermutlich nie wieder bekommen." Ich griff nun meinerseits nach seiner Hand, die nach wie vor an meiner Wange lag, und drückte sie. "Alles, was wir tun müssen, ist warten."
Die Augen geschlossen, beugte Draco sich zu mir hinunter. Ich spürte die Berührung seiner Lippen auf meiner Stirn, als er mir einen sanften Kuss aufhauchte und erlaubte mir, mich einen Moment lang der Illusion hinzugeben, wir wären ein ganz normales Paar, das sich nach der Sperrstunde für romantische Momente aus dem Gemeinschaftsraum geschlichen hatte. Diese Fantasie auskostend, legte ich ihm meine Hände an die Wangen und stellte mich auf die Zehenspitzen. Er roch wie immer. Minze mit einer Spur Wacholder, was ich tief in mich aufsog, um kurz darauf unsere Lippen miteinander zu versiegeln.
Für den Bruchteil einer Sekunde erstarrte er, als könne er überhaupt nicht fassen, was ich gerade tat. Dann gab er seine starre Haltung auf und zog mich dichter an sich heran, zwei Hände an meinem Rücken.
Ein leises Seufzen konnte ich mir nicht verkneifen, sobald sich unser Kuss vertiefte. Ich schmeckte das Abendessen auf seinen Lippen, spürte sein seidiges blondes Haar zwischen meinen Fingern. Wenn sich unsere Probleme nur so einfach lösen ließen, wie uns dieser Kuss vorgaukeln wollte.
Der Gedanke war wie kaltes Wasser. Vollkommen von der Magie des Augenblicks gefangen, dem sanften Druck seiner Hände in meinem Rücken und der Wärme seines Körpers, hatte ich kurzzeitig wirklich vergessen, weshalb wir uns eigentlich in dieser Maueröffnung befanden. Halb verborgen hinter dem Schild einer von Peeves unangetasteten Ritterrüstung.
Langsam löste ich mich von Draco. Die Versuchung war groß, die Hände wieder in seinen Nacken zu legen und uns so die Möglichkeit zu nehmen, wieder zu Atem zu kommen. Wir beide atmeten schwer. Hastig schlug ich die Augen nieder und sagte mit belegter Stimme: "Es wird Zeit." Die gleichen Worte, wie bereits vor wenigen Minuten unten in der Eingangshalle. Sie waren nach wie vor wahr.
Es fühlte sich an, wie eine Wanderung durch die Tiefen des schwarzen Sees. Jeder Schritt schien mich mehr Kraft zu kosten als der vorherige. Die Luft schien Wellen zu schlagen und der drohende Schatten dessen, was wir zu tun gedachten, immer größer zu werden. Alleine Dracos Hand in meiner wies mir den Weg und hinderte mich daran, einfach umzukehren.
Bis wir schließlich im Raum der Wünsche vor dem Verschwindekabinett standen, in dem viele wohl nur einen übergroßen Schrank gesehen hätten, hatten wir kein einziges weiteres Wort miteinander gewechselt. Wozu? Es war alles geklärt, was es zu klären gab.
"Ich werde ihn rufen", murmelte ich und krempelte bereits meinen Ärmel hoch, bevor Draco etwas erwidern konnte. Der Anblick des dunklen Mals war ein Schock. Der schwarze Totenschädel zeichnete sich noch dunkler auf meiner blassen Haut ab als gewöhnlich. Möglicherweise ahnte der dunkle Lord den bevorstehenden Ruf schon herbei. Die Schlange wand sich in ekelerregend ruhiger Art über meinen Unterarm, schien mich anzustarren und herauszufordern.
"Soll ich ...?" Erschrocken zuckte ich zusammen. Ich hatte nicht mitbekommen, dass Draco zu mir getreten war und ebenfalls auf meinen entblößten Arm hinabsah. Zärtlich schlangen sich seine Finger um mein Handgelenk. Ihre Kälte bildete einen angenehmen Kontrast zu dem Schmerz, der nach wie vor von dem Mal ausging.
Der Blick in seine stahlgrauen Augen gab mir Kraft. Ich sah meine eigene Spiegelung in ihnen, hielt mich an ihnen fest. Dann hob ich meine rechte Hand und drückte meinen Zeigefinger ohne weiteres Zögern auf das Tattoo.
Die Qual fraß sich wie ätzende Säure durch meine Adern und ein Schrei entwich meinen Lippen. Einzig der ruhige Griff meines Verlobten hinderte mich daran, zu Boden zu stürzen. So ging ich nur in die Knie, die Augen zusammengepresst, um die Tränen am Fließen zu hindern. Meine Nase kribbelte und mein Kiefer schmerzte von der Härte, mit der ich meine Zähne aufeinanderpresste, damit mir kein weiterer Schrei entkam.
Beruhigend strich Draco mir immer wieder mit einer Hand über den Kopf und schaffte es dadurch wirklich, mich nach einigen Minuten dazu zu bringen, mich wieder auf die Beine zu kämpfen. Zwar war der Schmerz nicht vollständig verschwunden, aber immerhin auf ein erträgliches Maß geschrumpft. Die Stärke kehrte in meine Beine zurück und als schließlich die Luft im Raum von Magie bewegt umschlug, war ich längst so weit, vollkommen ohne Dracos Hilfe zu stehen.
Die Schultern gestrafft trat ich einige Schritte von ihm weg. Gerade rechtzeitig. Denn die Tür des Kabinetts schwang ächzend auf, gab den Blick auf eine Person mit lockigem schwarzen Haar und irrem Grinsen preis.
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Unknown Potter II - Hidden in the Dark
FanfictionCaitlyn hat endlich die Wahrheit erfahren. Auch wenn sie erkennen muss, dass diese sie in schreckliche Gefahr bringt. Ihr Vater ist gar nicht ihr Vater und ihr Bruder ist nicht tot, sondern kämpft tagtäglich um sein Überleben, jetzt, da der dunkle L...