Kapitel 30

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Die Stimmen kreisen in meinem Kopf. Ich versuche mich zu kontrollieren, doch bekomme es nicht hin. Irgendwann kann ich meine Tränen auch nicht mehr kontrollieren und eine Träne nach der anderen rollt über meine blasse Wange.
Ich stehe auf, nehme meine Tasche und renne so schnell wie möglich raus. Ich gehe ins Klo, das sich am Ende des Flurs befindet und schließe mich in der Kabine ein.
Was habe ich denn nun getan? Ich verstehe es nicht. Wieso bin ich überall das schwarze Schaf?
Als ich herauskomme, steht Kyle vor der Tür und wartet bereits auf mich.
„Baby, was ist passiert?“
„Sie haben alle über mich geredet. Sie haben schlimme Sachen gesagt. Sachen, die nicht stimmten.“; sage ich und verkneife mir die Tränen. Er schaut meine roten, verweinten Augen an und nimmt mich ganz fest in den Arm.
„Wenn ich das gehört hätte, glaub mir. Ich hätte was gesagt. Die werden noch sehen mit wem sie es hier zu tun haben.“, sagt er und schaut in die Leere.
Anschließend beschließt er mich auf andere Gedanken zu bringen. Er hebt meine Tasche hoch, die ich auf dem Boden abgestellt habe und nimmt meine Hand.
Wir gehen zum Auto. „Wo willst du hin. Wi- Wir müssen doch zum Unterricht.“
„Deine Gefühle sind wichtiger als der Unterricht.“
Ich zittere während der Fahrt. Würde er mich nun zum Therapeuten fahren? Er konnte mich aber doch nicht zwingen, oder?
Als wir auf einem großen leeren Parkplatz ankommen, aussteigen und uns umsehen, sehe ich kein Gebäude. Erleichtert atme ich aus.
„Wo sind wir hier?“, frage ich.
„Wirst du gleich sehen“, er zwinkert mir zu und nimmt meine Hand wieder.
Wir gehen über einen kleinen versteckten Weg, der uns zu einer wunderschönen, großen Wiese führt.
„Wow“, ich bin sprachlos.
„Wie gefällt es dir?“, er legt seine Hand auf meine Hüfte.
„Wundervoll“, flüstere ich erstaunt.
Ich gehe im beschleunigten Tempo den Berg herauf, auf den der kleine Weg führt.
Oben angekommen halte ich beide Hände vor meinen Mund und staune: „Omg Kyle!“
„Ja liebes?“, er kommt näher.
„Dieser Ausblick ist fantastisch.“
„Finde ich auch.“, sagt er, während er seinen Blick auf mir behält.
Ich muss Grinsen.
„Das ist mein Ernst Bella. Du siehst wundervoll aus.“
Ich umarme ihn. Anschließend setzten wir uns auf eine Bank auf dem Berg, die etwas älter aussieht. Es sieht nicht so aus, als würden hier öfter Leute hinkommen.
Wir sitzen dort eine ganze Weile. Als es windiger wird, kuschle ich mich in seine Arme.
Plötzlich fliegt über uns ein Heißluftballon vorbei.
„Schau mal!“, rufe ich und zeige nach oben. Er schaut hoch und grinst. Sein Griff um meinen Körper wird fester.
Überraschend legt er seine Hand auf meine Wange und streicht eine Haarsträhne aus meinem Gesicht. Ich schaue ihn an und die Welt scheint plötzlich stehenzubleiben. Es sind nur er und ich. Ganz allein. Er zieht mein Gesicht näher an seins und küsst mich ganz vorsichtig, so als sei ich aus Glas.
Mein Traum. Das war der Moment, von dem ich geträumt habe. Nur, dass es sich diesmal echter als echt anfühlt und es real ist.
Gegen 14 Uhr spazieren wir die Wiese entlang, sie ist sehr groß, grün und wunderschön.
„Ich würde hier gerne jeden Tag herkommen“, sage ich zu Kyle.
„Vielleicht ist das sogar machbar.“, er schaut mich stolz an und ich lege meine Hand in seine.
Meine Hand passt perfekt in seine. Es ist wie ein vollendetes Puzzle. Ich fühle mich lebendig.
Eins wird mir heute besonders klar. Hier zu sein mit Kyle. Das macht es zu dem schönsten Tag in meinem ganzen Leben. Dieser Tag ändert etwas in mir. Ich fühle mich hier sicherer. Nicht nur wegen Kyles Muskeln, sondern auch wegen der Ruhe die dieser Ort in meinen Kopf bringt.
Als es spät wird, beschließen wir loszufahren. Ich schreibe Mama eine Nachricht, dass ich auf dem Weg bin und wir steigen ins Auto. Er dreht die Musik ganz laut. Es lief gerade G Eazy – Me, Myself and I und ich fing an mitzusingen. Er strahlt, als er mich so sah.
Die Fahrt ist toll, wir lachen, wir reden und ich fühle mich nicht mehr alleine. Ich strahle über das ganze Gesicht. Mein Lachen kommt das erste Mal nach einer langen Zeit von Herzen und ich genieße jede Sekunde. Als wir bei mir zuhause ankommen, steigt er aus um mir die Tür zu öffnen. Anschließend bringt er mich zur Haustür, wo er mich noch einmal umarmt, meine Hand hält und mir einen Kuss auf die Stirn gibt. „Danke für den tollen Tag“, flüstert er.
„Ich sollte dir danken, du kümmerst dich echt um mich.“, sage ich, während ich auf die Klingel drücke.
„Ich liebe dich“, flüstert er, während er sich langsam von mir löst.
„Ich dich auch“, ich grinse ihn an.
„Hey Kyle“, Mum steht an der Tür.
„Hier ist ihre Tochter gesund und munter!“
„Dankeschön, aber was war denn los? Die Schule hat bei mir angerufen.“
Ich schaue auf den Boden. Ich will jetzt nicht darüber reden. Ich habe es gerade so gut verdrängt.
„Ihre Tochter wurde von ihren Klassenkameraden gedemütigt.“
„Was?!“, meine Mum schaut mich besorgt an.
"Liebling geht es dir Gut? Möchtest du drüber reden?", sie streicht mir über den Arm.
"Nein", flüstere ich.
"Ich dachte ich bring sie mal wieder zum Lachen, also sind wir zu einem Park gefahren, um sie auf andere Gedanken zu bringen. Tut mir leid, dass wir nicht Bescheid gesagt hatten."
"Schon Gut! Vielen Dank Kyle, du bist wirklich ein guter Junge", meine Mum schaut ihn dankend an. Er nickt höflich und verabschiedet sich anschließend.
Als wir drinnen sind, macht Mum mir einen Tee.
"Wo ist Dean?", frage ich besorgt.
"Was von seinem Kumpel abholen. Ich soll dir sagen, dass Morgen das Treffen mit Dad ist. Wenn das ok für dich ist.", ich nicke und trinke meinen Tee.
Abends falle ich erschöpft ins Bett.
Wo bleibt Dean bloß so lange? War ihm etwas passiert? Wie würde das Treffen mit Dad wohl werden? Würde ich mich vielleicht doch für ihn entscheiden und mit ihm mitkommen? Würde ich Kyle, Cloe, Mum und Dean hier zurücklassen?

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