Kapitel 47

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Da nun etwas mehr als die Hälfte des Semesters vorbei war, beschlossen die Professoren, dass es Zeit war, dass die Gruppen ihre aktuellen Ergebnisse präsentieren sollten. Diese kurzen Vorträge sollten in einem riesigen Auditorium gehalten werden, da alle Studenten, die es interessierte und natürlich alle, die selbst an ihren Projekten arbeiteten, zuhören können sollten.
Auch wenn ich selbst mittlerweile weder eine Gruppe, noch ein Projekt hatte, wollte ich mir die Vorträge unbedingt anhören. Zu Finn sagte ich, dass es mich einfach interessierte, woran die anderen gearbeitet hatten, aber natürlich war das Schwachsinn. Der eigentliche Grund saß in der ersten Reihe neben Sara. Es machte mich rasend zu sehen, wie gut sich die Beiden verstanden, wie locker sie miteinander reden konnten.
Er wusste immerhin, was sie mir angetan hatte - auch wenn ich weiß, dass sie keine Ahnung hatte, was ihre Worte für Auswirkungen haben würden. Das konnte niemand erahnen. Mal davon abgesehen waren sie ja auch zusammen und somit war es nur logisch, dass sie sich gut verstanden. Es wäre naiv von mir zu denken, dass er sich um mich gekümmert hatte, weil er mich wirklich mochte. Und damit meine ich wirklich, wirklich mochte. Ich hatte ihn angerufen und dann hatte er sich verpflichtet gefühlt, mir zu helfen und ich hatte ihn auch noch darum gebeten, bei mir zu bleiben. Er hätte aber auch jeder anderen Person, die er besser kannte, geholfen; es lag an der Situation, nicht an mir.

Sara legte Jared einen Arm um die Schulter und zog ihn ein Stück zu sich, um im etwas ins Ohr zu flüstern. Daraufhin lächelte Jared sein wunderschönes Lächeln, was dafür sorgte, dass mein Magen sich verkrampfte. Ich ballte meine Hände automatisch zu Fäusten, wobei ich meine Fingernägel in meine Handinnenfläche bohrte. Irgendwie hielt mich der leichte Schmerz davon ab, komplett durchzudrehen. 
Sara und Jared erhoben sich von ihren Plätzen und machten sich bereit, auf die Bühne zu steigen, um ihren Vortrag zu halten.
"Ist das nicht der Typ von letzter Woche?", flüsterte Finn mir ins Ohr, wobei er mir so nah gekommen war, dass ich seinen warmen, feuchten Atem auf meiner Haut spüren konnte.
Da ich nicht in der Lage war, auch nur einen Ton herauszubringen, nickte ich einfach. Daraufhin entfernte er sich wieder ein Stück von mir, legte dafür aber sofort seine Hand auf meinen Oberschenkel und begann auf diesem hinauf- und hinabzufahren, um mich zu beruhigen. Automatisch legte ich meinen Kopf auf Finns Schulter ab. 
Sara stand mittlerweile auf der Bühne und sah Jared dabei zu, wie er noch einmal einige Blätter von ihrem Platz holte, um danach ebenfalls auf die Bühne zu kommen. Sobald er oben stand, ließ er den Blick einmal lächelnd über das Publikum schweifen, bis er bei mir hängen blieb. 
Sofort erstarb sein Lächeln und sein gesamter Körper verspannte sich merklich. Er starrte mir schier endlos in die Augen, bis er sich schließlich abwandte und sein Lächeln wieder aufsetzte. Es schien, als wäre niemandem sonst im Raum dieser komische Moment eben aufgefallen, außer mir. Oder niemand fand es seltsam genug, um sich darüber zu wundern.

Ich hörte nicht wirklich zu, sondern beobachtete einfach Jared. Er sah so perfekt aus. Seine Haare waren etwas verwuschelt und sein dunkelgraues T-Shirt spannte sich über seine Brust. Sofort wünschte ich mir den Moment zurück, in dem ich einfach in seinen Armen lag und er mich hielt. Ich wusste genau, wie es sich anfühlte, über seine muskulöse Brust zu streichen und ich wusste, wie sich seine Lippen auf meinen anfühlten. Bei dem Gedanken an unsere Küsse seufzte ich leise auf, was Finn jedoch total falsch interpretierte.
"Ja, das gefällt dir, Babe. Nicht?" Mir war gar nicht aufgefallen, dass seine Hand mittlerweile etwas weiter mein Bein hochgewandert, als es in der Öffentlichkeit angemessen gewesen wäre.
Ich sagte nichts, sondern nahm einfach seine Hand in meine und verschränkte unsere Hände miteinander. Nicht, weil ich mich ihm auf romantische Art hingezogen fühlte, sondern einfach, damit er aufhörte.
Während all dem hatte ich keine Sekunde lang den Blick von Jared abgewandt. Ich bekam ihn nicht oft zu sehen, wenn er glücklich war. Und das tat er gerade: Er wirkte glücklich, während er da vorne stand. Aber ich sah, dass sein Lächeln nicht breit genug war, dass die Grübchen hervortraten, die sein Lächeln noch viel unwiderstehlicher machten. 

Es schien, als sei der Vortrag beendet worden, denn die Beiden sahen sich lächelnd an und umarmten sich kurz, bevor sie die Bühne verließen. Ich hoffte die ganze Zeit, dass Jared auf dem Weg von der Bühne runter noch einmal zu mir sehen würde, aber das tat er nicht. Er ließ den Blick tatsächlich noch einmal über das Publikum streifen, aber mich ließ er bewusst aus, was für einen weiteren Krampf in meiner Magengegend und ein schmerzhaftes Zusammenziehen meiner Brust verantwortlich war.
Abrupt stand ich auf und zog Finn, dessen Hand ich immer noch in meiner hielt, mit mir mit nach draußen. 
Sobald wir an der frischen Luft waren, verschwand die Enge in meiner Brust merklich und ich hatte endlich wieder das Gefühl, normal atmen zu können. Wir gingen zusammen zu einer Bank vor dem Auditorium und setzten uns hin.
"Alles klar, Babe? Du wirkst... aufgewühlt." 
"Ja. Ja, ja, alles okay.", sagte ich - wahrscheinlich etwas zu schnell.
Finn holte stumm eine Packung Zigaretten aus seiner hinteren Hosentasche und reichte mir eine.
"Ich glaube, du brauchst grade eine. Nicht?" Ein schelmisches Grinsen stahl sich auf sein Gesicht und ich nahm die Zigarette dankbar an. 
Nachdem ich sie angezündet hatte, nahm ich einen tiefen Zug, der tatsächlich dafür sorgte, dass ich mich etwas beruhigte. Währenddessen hatte Finn mit seinem Mund meinen Hals in Beschlag genommen und küsste mich, bevor er begann an meiner Haut zu saugen. Seine Lippen waren kein Vergleich zu Jareds Lippen. Sie waren trocken und während er meinen Hals mit ihnen berührte, spürte ich, wie sie leicht an meiner Haut kratzten.
Jareds Lippen hingegen waren weich und warm. Selbst seine härteren, stürmischen Küsse waren sanft. 
Ich hinderte mich augenblicklich daran, weiter über Jared nachzudenken. Die letzten Wochen hatte ich es immer geschafft, nicht an ihn zu denken. An seine Zärtlichkeit. Daran, wie liebevoll er war. Und jetzt war ich seit etwas mehr als einer Woche wieder zurück und ich machte mir ununterbrochen Gedanken über ihn. Ich sollte damit aufhören.

"Wow, Avery. Sieh dich doch mal an, wie tief kann man nur sinken?" Beim Klang der Stimme gefror mir das Blut in den Adern. Ich atmete einmal tief ein und aus, bevor ich meinen Kopf in die Richtung wandte, aus der die Stimme kam.

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