Kapitel 21

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15 Jahre zuvor

"Jared, du kriegst mich nicht!"

Kichernd rannte ich durch unsere Wohnung und sah dabei immer wieder nach hinten. Aber Jared war nicht so flink wie ich, sodass ich ihm immer einen Schritt voraus war. Auch er lachte laut, während er mir hinterher lief.

"Das glaubst auch nur du! Diesmal bekomme ich dich."

Als Jared mir diese Worte zurief, musste ich nur noch mehr kichern. Er hatte mich bei unserem Spiel noch nie fangen können: Und heute wollte ich es ihm besonders schwer machen.

Mein Blick fiel auf den versteckten Wandschrank im Zimmer von Papa. Schnell sah ich nach hinten, um zu gucken, ob Jared mich sehen konnte, aber er war noch in einem ganz anderen Raum. 
Schnell huschte ich in den Schrank, der eigentlich ein Hohlraum in der Wand war und schloss den Eingang hinter mir. Jetzt konnte man von außen nur Holzleisten sehen und niemand würde denken, dass man sich hier verstecken kann. Außer man kennt das Versteck.

Jared wusste, dass es das Versteck gibt, aber er würde nie denken, dass ich mich beim Fangen spielen verstecken würde. Das war ja auch eigentlich nicht nett. Trotzdem musste ich die ganze Zeit aufpassen, dass ich nicht ganz laut lache, denn ansonsten hätte er mich direkt gefunden.

Ich saß bestimmt stundenlang im Wandschrank und Jared kam einfach nicht. Suchte er mich überhaupt noch? Vorsichtig öffnete ich die Tür, aber niemand war im Zimmer. Dann entschied ich mich, mein Versteck zu verlassen, um nach Jared zu suchen.

Es dauerte nicht lange, bis ich ihn in unserem Zimmer sah, wie er ein Foto von ihr ansah und leise weinte. Plötzlich wurde ich ganz traurig und meine Augen wurden feucht. Mit langsamen Schritten ging ich zu meinem Bruder und stellte mich neben ihn.

Sie sah so hübsch aus auf dem Bild. Genau wie sie auch in echt immer ausgesehen hatte. Lange blonde Haare mit ganz großen Wellen und genau so blaue Augen wie meine. Sie trug ein Kleid mit bunten Blumen und hatte Krone aus Gänseblümchen in den Haaren. 
Aber das Schönste an dem Bild war ihr Lächeln. Immer wenn Mama gelächelt hatte, mussten wir beide auch lächeln.

Jetzt musste auch ich weinen. Da umarmte mich Jared und sagte mir, ich solle nicht weinen. Aber ich konnte nicht anders. Ich vermisste meine Mama doch so sehr.
Auch Jared vermisste sie ganz doll.

"JUNGS?"

Wir erschraken beide wegen dem lauten Schrei und ich sah ängstlich zu Jared. Papa war zu Hause und seit Mama weg war, ist er richtig gemein geworden. 

"Jared, Papa klingt böse. Was mache ich denn jetzt nur? Vielleicht haut er mich ja wieder."

"Mach dir keine Sorgen, Kleiner. Es wird nichts passieren."

Ich hörte Schritte auf der Treppe und überlegte, ob ich mich verstecken sollte. Aber Papa war schon da.

"Jared, Schatz. Könntest du bitte schon einmal den Tisch decken? Wir kommen dann gleich nach."

Ich wollte nicht, dass Jared geht. Er war doch mein großer Bruder. Er musste mich vor Papa beschützen. 
Als Jared aus dem Zimmer gegangen war, guckte Papa mich ganz böse an und kam immer näher zu mir. 

"Du siehst aus, wie deine Mutter. Deine blonden Haare, deine blauen Augen. Deine Gesichtszüge. Du bist ihr Ebenbild, aber weißt du was? Du bist nicht sie."

Dann tat Papa mir weh.

___

Normalerweise schreibe ich hier ja nichts, aber zu diesem Kapitel muss ich einfach was sagen. :)

Dieses Kapitel ist etwas anders, denn ich finde es wurde mal Zeit, ein Kapitel über Jareds Vergangenheit zu schreiben. Da er in diesem Kapitel noch ein Kind ist und das Kapitel aus der Sicht seines Bruders - der auch noch ein Kind ist - erzählt wird, habe ich versucht ein bisschen "kindlicher" zu schreiben. Ob das wenigstens teilweise geklappt hat, müsst ihr beurteilen.


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