"Avery!"
Ich beschleunigte meine Schritte noch etwas, um den Abstand zwischen uns zu vergrößern.
"Wir müssen reden!"
Wie konnte er bestimmen, dass wir reden mussten? Wir hatten rein gar nichts zu bereden.
"AVERY!"
Er schrie so laut, dass ich leicht zusammen zuckte. Ein Blick zur Seite zeigte mir, dass alle Leute, die sich in dem Gang befanden, mich anstarrten.
Aber sie waren es ja nicht anders von mir gewohnt. Schließlich hat sich genau diese Situation schon einmal in diesen Gängen abgespielt. Nur war es damals ich, die wie eine Verrückte herumgeschrieen hat und ein Gespräch führen wollte.Natürlich war es unwahrscheinlich, dass sie sich an mich erinnerten - immerhin gingen zehntausende Studenten auf diese Uni - aber ich hatte trotzdem das Gefühl, dass sie genau wussten, wer ich war.
Glücklicherweise war das Schicksal an diesem Tag auf meiner Seite gewesen, denn wenige Sekunden später ertönte eine mir nur allzu bekannte Stimme.
"Jared, Schatz? Was veranstaltest du denn für einen Aufstand? Lass Avery doch mal in Ruhe, sie muss bestimmt in eine Vorlesung und hat keine Zeit."
Erleichtert verlangsamte ich meine Schritte wieder.
Selbstverständlich habe ich Sara nichts von dem erzählt, was zwischen mir und Jared vorgefallen ist. Zum Einen kennen wir uns nun wirklich nicht lange genug, um das zu besprechen und zum Anderen wäre es ziemlich unpassend, gerade mit ihr über meine Probleme mit Jared zu reden."Ich hätte aber Zeit für dich... wenn du verstehst, was ich meine."
Ich konnte förmlich hören, wie sie mit ihren Augenbrauen wackelte. Da ich nicht unbedingt weiter daran denken wollte, was Sara und Jared jetzt tun würden, war ich froh, endlich in einen anderen Gang einbiegen zu können.
Außer Puste lehnte ich mich gegen einen Spind. Mir war gar nicht aufgefallen, wie schnell ich gerannt sein musste, um Jared zu entkommen - oder meine Ausdauer war einfach grottig.
Ja, wahrscheinlich eher letzeres."Avery!"
Verdammt, was wollten heute nur alle von mir? Konnte man nicht einmal etwas Zeit für sich alleine haben?
"Wir müssen reden!"
Auch wenn es eindeutig nicht Jareds Stimme war, die mich rief, mein natürlicher Fluchtinstinkt verleitete mich dazu, erneut die Flucht zu ergreifen.
Wahrscheinlich lag es auch daran, dass er genau die gleichen Worte wie Jared benutzte und ich somit ein Déjà-vu hatte."AVERY!"
Ein Stück vor mir erblickte ich dann meine Rettung: die Damentoilette.
Dachte ich zumindest.
Leider genoss ich den Moment meines Triumphes etwas zu lange und vergaß schlichtweg, dass es noch etliche Meter waren, die meine Privatsphäre und mich trennten. Das führte dazu, dass ich einfach gemütlich zur Toilette weiterspaziert war."Was ist los mir dir?"
Logan packte meinen Oberarm und zog mich zu sich.
"Oder viel wichtiger: Was will Jared bitte von dir?"
"Ähm, Jared? Wieso? Was soll er von mir wollen?"
Gut so Avery, versuch auf ahnungslos zu machen und lächele ihn einfach ganz nett an.
"Dir wird ja wohl aufgefallen sein, dass er dir schreiend durch das halbe Gebäude gefolgt ist."
"Echt? Hm, ne. Komisch, hab's gar nicht gemerkt."
Sofort blitzte etwas in seinen Augen auf. Erstaunlicherweise machte es mir gar keine Angst, wie sonst immer. Mittlerweile waren bereits sechs Tage vergangen, in denen alles zwischen und gut war.
Es war fast eine ganze Woche her, dass Logan gewalttätig geworden war. Und das war doch ein gutes Zeichen, oder? Ich spürte einfach, dass wir wieder auf dem richtigen Weg waren. Immerhin machte mir seine gelegentlich aufkeimende Wut keine Angst mehr.
Okay, vielleicht ein bisschen.
Aber er hat gesagt, dass er es nie wieder tun würde und manchmal muss man sich nun einmal auch einfach gegenseitig vertrauen. Oder?
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Don't You See?
Teen FictionAverys erstes Jahr am College hat begonnen. Während sich ihre Kommilitonen mit den üblichen Problemen eines Studienanfängers rumschlagen, hat sie ganz andere Sorgen: Logan. Seit zwei Jahren sind die beiden ein Paar, aber plötzlich verändert er sich...