Kapitel 13

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Sarah:

Ich saß vor dem Fernseher, brennend darauf wartend, dass es endlich klingeln würde. Ich war schon seit acht Uhr heute Morgen auf. Warum?! Weil ich Idiot keine Uhrzeit auf dem Zettel geschrieben habe. Urgh, dass konnte nur mir passieren! Ich war heute den ganzen Tag alleine, meine Eltern waren weg und meine Schwester war in der Universität. War gut für mich, ich wollte nicht ständig Angst haben, dass einer von ihnen irgendeinen peinlichen Auftritt lieferte. Ich wurde langsam immer ungeduldiger. Wo bleibt sie nur?! Es war fünf vor vier und ich lief schon zum fünften Mal in die Küche, um was zu trinken. Ich hasste es zu warten, es machte mich sowas von nervös und vor allem sie, brachte mich am Limit. Vielleicht hatte sie heute ja gar keine Zeit und konnte dementsprechend nicht kommen,... Dann hätte sie mir doch Bescheid gesagt, oder?! Ich werde noch wahnsin-... Knock. Knock. Ich bekam eine Gänsehaut. Es hat geklopft. Es hat geklopft!!! Reiß dich jetzt verdammt nochmal zusammen! Ich hoffte inständig, dass wir gut miteinander klar kamen, weil viel haben wir ja jetzt wirklich noch nicht miteinander zu tun gehabt und so konnte ich ihren Charakter nicht besonders gut einschätzen. Atme nochmal tief ein und beweg dich jetzt zur Tür. Jap, ich war da, wie eingefroren. Ich brauchte eine Ewigkeit um zur Tür zu kommen und verdammt, zitterte ich. Selbstbewusstsein, lass mich jetzt nicht im Stich! Komm schon, du kannst das! Der erste Schock ist ja jetzt schon rum, dass bedeutet, du wirst nicht mehr so arg geflasht sein, wie zuvor. Mit dem im Hinterkopf öffnete ich die Tür und war, wie sonst auch immer, sprachlos. Wie sie da stand, angelehnt am Türrahmen, mit einer schwarzen Adidas Jogginhose und einem weißen, dünnen, hoch gekrempelten Pullover, diese sportliche Seite stand ihr wahnsinnig gut. Aber am meisten ließ mich klar ihr Gesicht stutzen. Diese Augen,... Diese Haare,... Die Lippen,... Alles zusammen, mit der perfekten Gesichtsform. Wie konnte man nur so aussehen? Ich zwang mich dazu den Blick zu senken und bemerkte dann was. Ich musste grinsen, als ich dann doch wieder aufsah. Fragend hob sie eine Augenbraue. "Nur mit Socken?" Fragte ich deshalb und sie grinste ebenfalls etwas verlegen. "Komm rein." Ging ich ein Stück zur Seite und ließ sie rein. "Danke." Sie vermied irgendwie Augenkontakt, warum denn? "Ähm..." Überlegte ich, was ich sagen konnte, "...willst du was trinken?" Höflichkeitsform... Das machte man so, oder? "Nein, danke." Verdammt, sie war unsicher, dass erkannte ich ziemlich schnell. Kann es wirklich sein, dass sie mich nicht mochte?! Klasse, jetzt wurde ich verlegen. "K-komm mit, wir gehen in mein Zimmer." Sie nickte und lief mir hinterher. Mein Zimmer war das letzte und zum Glück auch das größte. Ich hatte einen Doppelbett darin, ein Schreibtisch, ein großen Schrank und einem Teppich. Außerdem hatte ich noch einen pinken Sitz sack und zwei Fenster. Meine Möbel bestanden alle aus Holz und mein Zimmer war ordentlich. Wir gingen rein und sie sah sich um, lächelnd: "Du hast Geschmack." Wandte sie sich dann zu mir und ich schwöre, dieses Lachen wäre selbst für die Vogue zu schön! "D-danke..." Ich habe doch jetzt nicht ernsthaft gestottert! Verdammt. "Ich bin gleich wieder da." Meinte ich und rannte förmlich aus dem Zimmer. Fuuuuuuuuck. Sie war also doch wirklich hier! Ich dachte ich wäre darauf vorbereitet, aber ihre Präsenz haute mich komplett um. Ich holte einen weiteren Stuhl, damit wir uns zu zweit hinsetzten konnten. Als ich ins Zimmer kam, kam sie sofort zu mir und nahm mir den Stuhl ab. Wow, war sie höflich. Loura hatte es zwar erwähnt, aber trotzdem hatte ich es nicht so erwartet. Sie stellte ihn an den Schreibtisch hin und schenkte mir ein atemberaubendes Lächeln. Oh mein Gott, ich war wohl doch verliebt. Als ich mich setzten wollte, schob sie den Stuhl etwas hinter, und wartete, bis ich mich gesetzt habe, bevor sie sich selber setzte. Ich musste gerade wohl wie ein Idiot grinsen, denn sie gab mir erneut einen fragenden Blick, jedoch ebenfalls mit einem Grinsen: "Was ist?" Ich zuckte mir den Schultern: "Ich wusste nicht, dass du so ein Gentlewoman bist."- "Jemanden wie dich sollte man nicht anders behandeln." Gab sie selbstverständlich zurück und mein Herz raste verdammt schnell! Jemanden wie mich?! Sie öffnete ihren Laptop und schaltete ihn an. Schönes Gerät,... War das nicht das neuste Apple Modell? "Unser Thema ist ja die Entstehung der Polarlichter..." Fing sie dann an zu reden, während sie eine Datei öffnete und das richtige Dokument heraus suchte, "... Ich habe schon etwas angefangen... Wenn dir was nicht gefällt, dann bitte sage es, dann können wir es ändern." Sie schob mir ihr Laptop etwas hin und ich begann es durchzulesen. Sie hatte schon mehr als zwei Seiten geschrieben... und es war echt gut. Ehrlich gesagt, hätte ich echt nicht gedacht, dass sie so etwas drauf hatte, aber allem anschein nach, hatte ich mich wohl enorm getäuscht. "Wow... Das,... Das ist ziemlich gut." Gestand ich, als ich fertig mit dem lesen war. "Danke." Leicht verlegen wandte sie den Blick von mir ab. Hatte sie mich etwa die ganze Zeit zugesehen, als ich vertieft in ihrer Arbeit war? Okay, jetzt werde ich wohl ernsthaft verrückt. Wieso sollte sie denn? "Dann lass uns mal weitermachen." Stoppte ich dann die Stille erfolgreich und wir arbeiteten weiter. Fast vier Stunden später lehnten wir uns erschöpft zurück. Es machte echt Spaß mit ihr zusammen etwas schulisches zu machen. Sie wusste sehr sehr viel, wirklich verdammt viel. Dinge, die ich definitiv noch nie in meinem Leben davor gehört hatte... und ich dachte, ich wäre voll das Genie, aber ich konnte mit ihr kaum mithalten. Das coole war, dass sie es nicht als selbstverständlich erachtete und daher auch nicht arrogant wurde... Sie erzählte es einfach nebenbei und konnte mir ernsthaft jede Nachfrage beantworten. Erstaunlich. "Wieso weißt du so viel?" Sie zuckte mit den Schultern: "Ich lese ziemlich viel... Eine Angewohnheit, wenn man nicht sonderlich viel am Tag vor hat." Sie wollte mir gerade weis machen, dass sie nicht viel am Tag machte?! "Du machst doch sicherlich was mit Freunden." Platzte es mir dann einfach raus und sie sah mich wieder an: "Freunden?" Ich nickte: "Ja, ich weiß zwar nicht, wie es in Deutschland war, aber ich bin mir sicher, dass du wahnsinnig viele Freunde gehabt haben musst... Hier will so gut wie jeder in der Schule mit dir befreundet sein... Du hast jetzt schon mehr Freunde, als ich in meinem ganzen Leben überhaupt haben werde." Ja, so war es,... Traurig aber war. Sie lachte nur ganz schwach: "Nein." Sagte sie einfach nur und sah auf ihre Finger, "...Du hast jetzt schon mehr Freunde, als ich jemals bisher gehabt habe oder haben werde." Gestand sie dann, aber ich verstand sie nicht und wollte weiter nachfragen, doch sie kam mir zuvor: "Was mit den ganzen aus der Schule ist?" Wieder gab sie mir ein schwaches Lächeln: "Was sind daran wahre Freunde? Wenn was ist, auf wie vielen von denen kann ich zählen? Wie viele mögen mich, so wie ich wirklich bin und nicht wegen was auch immer sie an mir sehen? Wie viele von denen würden hinter meinem Rücken nicht über mich ab lästern? Und wer von denen würde sich allen ernstes um mich Sorgen machen, wenn was ist? Da bleibt nicht mal einer von den ganzen übrig und auf falsche Freunde kann ich wirklich verzichten." Erklärte sie es mir und so habe ich es noch gar nicht gesehen. Sie hatte Recht, keiner von denen war für eine wirkliche Freundschaft geeignet, deshalb war sie auch in der Schule immer alleine unterwegs, trotz der ganzen Freundschaftsanfragen. Jetzt tat sie mir Leid. Dachte sie das auch von mir? Möglich wärs... und das brach mir förmlich das Herz. Ich wollte, dass sie anders von mir dachte, dass sie wusste, dass ich sie nicht ausnutzen oder so etwas wollte. Sie hätte zwar was anderes verdient, was besseres, als mich, aber versuchen wollte ich es definitiv. Jede einzelne Faser meines Körpers verzehrte sich nach ihr und auch mein Kopf weigerte sich über was anderes zu denken. Aber wie zum Teufel sollte ich das schaffen?! Wieso sollte sie ausgerechnet mit mir befreundet sein wollen?! "Also dann,... Es ist schon spät." Sie machte den Anstand auf zustehen und wollte anscheinend wirklich gehen! "Nein!" Kam ich ihr abrupt dazwischen. Sie hielt inne und sah mich fragend an. Oh man, dass war peinlich... "Ähm... du kannst ruhig noch etwas bleiben,.. Natürlich nur wenn du willst." Meinte ich kleinlaut, noch immer sehr peinlich berührt von meiner Aktion gerade. Sie kratzte sich kurz am Kopf und schien über das Angebot nachzudenken. Sag Ja, bitte, sag Ja. "Es wäre besser, wenn ich gehen würde. Deine Eltern kommen sicherlich bald und ich will keine Umstände machen... Vielleicht ein anderes mal." Entschied sie sich und meine Stimmung sank sofort. Sie wollte lieber gehen, als mit mir weiterhin abzuhängen. Habe ich was falsches gemacht? Sie mochte mich wohl wirklich nicht. Aber warum?! Warum wollte sie weg von mir?! "Oh..." Ich senkte den Kopf kurz, um die nötige Energie aufzutreiben ein erzwungenes Lächeln aufzusetzen. Mit Erfolg. Wir gingen zur Tür und ich öffnete sie. "Dann bis demnächst." Verabschiedete ich mich und sie nickte: "Danke, nochmal." Dann schloss sie die Tür hinter sich und ich stand alleine im Flur. Seufzend schmiss ich mich aufs Sofa und schaltete den Fernseher an. Irgendwas war los mit ihr, jetzt wo ich so darüber nachdachte. Ich mein, sie redete nur, wenn man sie etwas fragte. Selber mir eine Frage gestellt hat sie gar nicht, sie wirkte auch auf keinster Weise neugierig. Sie saß auch immer mit einer Art Sicherheitsabstand von mir entfernt und wich ziemlich schnell meinen Blicken aus... Ich wollte unbedingt wissen, wieso. Aber wie bitte, sollte ich anstellen, es herauszufinden... Puh, noch nie hatte mir jemals jemand so den Kopf verdreht!

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