Kapitel 22

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Sarah:

"Ähm, naja, da gibt es eigentlich nicht so viel zu erzählen..." Darauf war ich schon den ganzen Abend am meisten gespannt gewesen. Ich wusste so gut wie nichts über meinen Schwarm und jetzt würde ich über sie geupdated werden... Endlich. "Nun ja, ich bin 16, komme aus Deutschland, bin aber eine Latina. Meine Eltern fanden es damals besser, wenn wir in Deutschland aufwachsen würden, weil dort das Schulsystem besser ist. Ich habe einen älteren Bruder und eine ältere Zwillingsschwester. Meine Geschwister und ich sind verteilt in Amerika, um an unterschiedlichen Universitäten später studieren zu können und den Schulabschluss im Auslad machen zu können... Tja,... Meine Hobbies bestehen hauptsächlich aus Sport Aktivitäten...." Jetzt verstehe ich es, man konnte Latinas einfach nicht widerstehen. Was ich aber echt nicht gedacht hatte ist, dass sie eine Zwillingsschwester hatte. Das muss cool sein. "Alle drei Kinder im Ausland studieren lassen muss für deine Eltern teuer sein." Meinte Dad und sie schüttelte den Kopf: "Für meine Eltern nicht. Wir arbeiten alle, damit wir selbstständig unsere Wohnungen bezahlen können, oder die Sachen, die wir hier eben brauchen, wie Essen oder Klamotten und wir übernehmen auch die kompletten Schulkosten." Wir alle stutzen, außer Loura natürlich. "Diese ganzen Kosten zahlt ihr selber?" Wiederholte Sophie perplex und Sina nickte: "Ja, somit lernen wir selbstständig zu werden, Verantwortung zu übernehmen und unsere eigenen Entscheidungen zu treffen und damit zu leben."- "Wow, dass muss hart sein." Fand ich, aber sie verneinte: "Nein, es war eigentlich unsere Idee... So haben wir einen enormen Freiraum... Aber ich muss zu geben, dass es meiner Mom m Anfang gar nicht gefallen hat."- "Das kann ich mir gut vorstellen, sie weiß ja gar nicht, was ihr so treiben könntet." Gestand Mom. Loura winkte ab: "Die drei sind wahnsinnig vernünftig..."- "Soll das heißen, ihr ward immer brav gewesen?" Glaubte es meine Schwester nicht und Sina lächelte: "Oh Gott, nein. Wir haben viele Sachen angestellt. Sachen, die vor allem meine Mutter in den Wahnsinn getrieben haben..." Wir wollte wissen, welche Sachen und sie überlegte: "Meine Schwester und ich haben, als wir noch jünger waren, die meisten Sachen zusammen angestellt. Ich weiß noch, als ich einen riesen Streit mit meiner Familie hatte und ich dann einfach abgehauen bin. Meine Schwester hat als einzige zu mir gehalten und versprach mir, niemand was zu sagen, wo ich bin. Ich war zwei Tage lang weg, ohne, dass jemand wusste, wo. Meine Eltern waren dabei die Polizei zu rufen, aber meine Schwester hielt sie davon ab..." Zwei Tage und zwei Nächte einfach abgehauen? Sie hatte Mut. Natürlich, was denn sonst, begannen auch meine Eltern Momente aus meiner und Sophies Kindheit zu erzählen... Nur mit einem kleine Unterschied, sie waren nicht cool, sondern peinlich. "Hast du eigentlich einen Freund?" Fragte Mom aus dem nichts. "Mom!" Sie rollte nur mit den Augen: "Gott Sarah, dass ist nur eine alltägliche Frage, ich blamiere dich ja nicht." Ne, gar nicht. Total beschämt senkte ich meinen Kopf und schüttelte ihn ungläubig. Alle am Tisch lachten, aber ich traute mich nicht Sina anzuschauen,... irgendwie hatte ich Angst vor ihrer Antwort,... aber ich wollte es auch irgendwie wissen. "Nein, ich habe keinen." Verneinte sie und Erleichterung überkam mich. "Wieso hat ein junges Mädchen wie du keinen Freund?" man sah ihr an, dass sie das Thema nicht mochte... aber mir entging auch nicht Sarahs Blick, der ängstlich war. "Ich habe momentan keine Zeit und auch kein Interesse an einem Freund, dass bedeutet nur Stress." Erklärte sie und das fühlte sich für mich an, wie ein saftiger Schlag mitten ins Gesicht. "Dann ja vielleicht für eine Freundin..." Schlug Mom vor und ich habs gesagt, dass es noch peinlich wird. "MOM!" Unterbrach ich sie und ich sah entschuldigend zu Sina, die mir ein leichtes Lächeln gab. "Themawechsel, sofort!" Sophie half mir da raus und fing an über ihre Arbeit zu sprechen. Nach fast zwei Stunden des Erzählens, räumten Mom und Dad den Küchentisch ab. Wie erwartet, bot Sina ihre Hilfe an, aber Gast war Gast und Mom bestand darauf, dass sie es alleine auch schaffen würde. Ich trank kurz noch was, als ich wiederkam war Sina nicht mehr im Esstisch. Sophie und Loura wollte ich nicht fragen, wo sie sein könnte. Die beiden wüssten es sowieso nicht, sie waren zu sehr miteinander beschäftigt. Ich schaute im Flur, da war sie aber nicht, also ging ich ins Wohnzimmer und da stand sie. Vor unserem großen Wohnzimmerfenster stand sie da, wie es einem nur in Filmen so vorkam. Mit dem Rücken zu mir, sah sie raus, auf das verschneite New York, ganz still. Ich blieb, wo ich war, ich wollte sie nicht stören, sie sah so verträumt aus. Dann aber griff sie in ihre Tasche und holte eine ganz kleine und dünne Schachtel raus. Sie öffnete sie, nahm da etwas raus, es sah aus wie eine Pille, klein länglich und weiß. Sie tat sie sich in den Mund und steckte das Päckchen wieder weg. War sie etwa krank? Wieso hatte sie nichts gesagt? Warum habe ich nichts gemerkt? Ich konnte sie schlecht jetzt darauf ansprechen, also behielt ich es erstmal für mich. Ich wartete noch kurz, bevor ich zu ihr hinging und mich neben ihr stellt. "Und, gefällt dir der Abend?" Fragte ich sie, sie drehte sich nicht zu mir, sondern starrte einfach weiter aus dem Fenster: "Sehr." Dann lächelte sie, "Ich weiß nicht, warum genau du Angst davor hattest."- "Hast du schon die Geschichten vergessen, die meine Eltern über mich erzählt haben?" Erinnerte ich sie nochmal daran. "Es sind immerhin Geschichten, die du später noch deine Kinder über deine Vergangenheit erzählen kannst..." Jetzt wandte sie sich etwas zu mir: "Du solltest eigentlich glücklich sein,... Das das Sachen sind, über die du jetzt lachen kannst." Da hatte sie wohl recht... "Komm, wir sollten wieder zu den anderen gehen." Meinte sie und ging wieder zurück ins Esszimmer. Ich ging ihr nach, mir trotzdem darüber Gedanken machend. "Du siehst aber ganz schön müde aus." Stellte dann Dad fest, als wir saßen du Sina setzte ein schwaches Lächeln auf: "War nur ein langer Tag gestern." Keinem von uns entging der besorgte Blick, den Loura ihrer jüngeren Cousine gab, sie allerdings schüttelte nur minimal den Kopf auf und senkte dann ihren Blick. Louras Besorgnis war ihr im Gesicht deutlich anzusehen, irgendwas stimmte hier nicht. Wir unterhielte uns noch eine habe Stunde, dann stand Sina auf und verabschiedete sich höflich. Mom und Dad liebten sie, dass stand schon al fest. Als sie dann weg war, machten sie uns das auch klar. "Sie sah aber ganz schön fertig aus." Sprach mom nochmal das Thema an und Loura nickte: "Sie hat gestern noch sehr lange gearbeitet." Damit gaben sie sich zufrieden. Wir alle entschieden uns noch ein Film anzusehen, es war ja noch nicht mal neun. Ich schenkte dem Film aber ziemlich wenig Aufmerksamkeit, genau wie Loura, sie starrte ununterbrochen an die Decke. "He, ist alles in Ordnung?" Fragte sie meine Schwester. "Ja,.... alles gut." Antwortete sie knapp, aber Mom wusste es besser. Psychologen eben. "Loura, was ist los?" Sie versuchte erst alles abzustreiten, aber es schlug fehl. "Schätzchen, ich erkenne dich jetzt schon seit drei Jahren und dank meinen Beruf, kannst du mir nichts vormachen." Da konnte sie sich jetzt nicht mehr rausreden. Sie seufzte und gab nach: "Es ist wirklich nichts,.... mir geht nur nicht diese eine Geschichte aus dem Kopf." Gestand sie und wir bleiben alle still, hörten alle zu, was sie sagte bzw. uns diese eine Geschichte erzählte. "Ich habe neulich jemanden diese Gesichte erzählen hören und ich frage mich einfach, ob man ihr helfen hat können." Man sah ihr an, dass es ihr etwas unangenehm war. "Erzähl uns die Geschichte, ich bin mir sicher, dass wir dir helfen können." Ermutigte Mom sie und es half, sie nickte: "Es handelt von einem kleinen Mädchen. Sie war 13, würde in drei Monaten 14 werden und war eins der glücklichsten Mädchen gewesen. Sie lachte zu jeder einzelnen Sekunde am Tag, beklagte sich nie, über etwas, dass sie nicht hatte, sie war einfach zufrieden, mit dem was sie hatte. Eines Tages kam sie von der Schule nach Hause und meinte, sie hätte Angst. Keiner glaubte ihr, jeder glaubte, es sein ein Scherz und nahmen es nicht erst. Ein paar Tage später weigerte sie sich in die Schule zu gehen. Sie musste trotzdem. Und kam nicht wieder. Die Eltern riefen die Polizei, aber sie machten nichts, denn das Mädchen war noch keine 24 Stunden verschwunden... Die Familie warteten jede Sekunde ab, dass sie eine erleichternde Nachricht bekämen,... aber es kam einfach keine. Auch ihre eine Cousine und ihr Cousin waren da, beiden hat sie gesagt, dass sie Angst hätte und Hilfe brauche, aber keiner hat auf sie gehört. Und jetzt war sie verschwunden... sie hatten es alle irgendwie schon gewusst und doch hat keiner was dagegen getan. Dann am Abend, bekamen sie eine SMS, in der stand: Ich werde sterben, Momi. Völlig verzweifelt fingen sie selber an zu suchen, überall, in der Schule, auf dem Sportplatz, bei Freunden, aber nichts, keine Spur von ihr. Spät in der Nacht, schon eher am frühen Morgen, bekamen sie einen Anruf vom Krankenhaus, sie hätten dort ihre Tochter. Alle fuhren hin, das schlimmste sich ausmalend,... es war noch schlimmer. Das Mädchen wurde am Straßenrand gefunden, Blut überströmt, war sie ohnmächtig verprügelt worden. Sie hatte viele Schnittwunden, die Narben sind bis heute geblieben... Keiner weiß genau, was in der Nacht passiert ist, man weiß nur, dass sie schwer verletzt wurde und auch Spuren einer versuchten Vergewaltigung gefunden wurden...." Sie stoppte kurz, "... Sie wurde nie wieder, so wie früher... " Dann sah sie zu Mom, "... Was ich mich frage ist, warum hat keiner der Familie ihr geglaubt? Warum hat keiner etwas dagegen unternommen, ihr geholfen und das alles vielleicht verhindern können? Warum haben sie sich gegen das Vertrauen entschieden?" Wir saßen alle nur da, regungslos, diese Geschichte war einfach nur zu traurig. Mom war etwas überfordert, mit so einer Frage hatte sie nicht gerechnet: "Ältere neigen dazu dem Nachwuchs nicht bei allem ernsten Glauben zu schenken. Zudem rechnet niemand damit, dass so ein Vorfall der eigenen Familie widerfahren könnte. Wieso beschäftigt dich diese Geschichte so?" Loura zuckte mit den Schulter: "Ich habe mich nur gefragt, was ich in der Situation gemacht hätte und ich dachte darüber vielleicht an Artikel zu erfassen..." Ob diese Geschichte wahr ist? Keine Ahnung, ich hoffte nicht... "Aber ist ja nur eine Erzählung, die wahrscheinlich nur erfunden ist..." Meinte Loura und schenkte diesmal wirklich ihre Aufmerksamkeit dem Fernseher. Meine Gedanken verharrten noch kurz auf diese Geschichte, bevor sie dann wieder zu Sina wechselte... Was sie wohl gerade machte? Wahrscheinlich schlafen...

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