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                                  Jamie

Die Wände um mich herum sind dunkel,fast schon schwarz. Die Rollläden sind hinunter gezogen,sodass kein Licht ins Zimmer gelangt.
Ich liege auf meinem Bett und starre an die Decke.

Ich warte darauf,dass mir die Augen zufallen und ich endlich schlafen kann. Ich warte darauf,dass ein neuer Tag beginnt und der jetzige endlich endet.

Heute ist einer dieser Tage,die mich einfach nur ankotzen. Ich habe schlechte Laune,ich habe Kopfschmerzen,das Geräusch meines Herzschlages nervt mich und ich vermisse meinen Bruder.

Vier Jahre ohne seine Stimme,sein Lachen,seine Nähe,sind vergangen.
Unendlich lang und doch kommt es mir vor,als hätte ich ihn erst gestern verloren.

Es vergeht kein Tag,an dem ich ihn nicht vermisse. An machen Tagen sehr und an  anderen ist es zu unerträglich,um daran zu denken.

Ich liege seit heute morgen in meinem Bett. Die Zimmertür ist verschlossen und Alison klopft jede Stunde an,um zu sehen,ob ich ich wirklich noch lebe oder es nur vortäusche.

Sie lebt jeden Tag in Angst um mich und das schmerzt mich,weil ich weiß,dass es meine Schuld ist,dass sie sich jeden Tag sorgen um mich machen muss.

Eigentlich sollte sie wissen,dass ich mir nichts antun werde,nicht nachdem was Art getan hat. Nicht nach dem ich weiß,wie schlecht es danach meiner Familie ergangen ist. Nicht nach dem ich weiß,wie schlimm sich so ein Verlust anfühlt.

Wenn ich vier qualvolle Jahre überlebt habe,schaffe ich es noch weitere 60.
Es klopft zum zehnten Mal an der Tür und ich kann nicht anders,als frustriert zu schnaufen.

,,Jamie,geht es dir gut?",dröhnt Alis Stimme in mein Zimmer. Am liebsten würde ich sie ignorieren,doch ich weiß,wie es das letzte mal geendet hat,also rufe ich ihr zu. ,,Ja,genau wie vorhin,alles gut"

Ihre Schritte entfernen sich wieder und ich bin wieder in meinen Gedanken versunken. Wie es das letzte mal geendet hat.

Sie hat wie gerade eben an die Tür geklopft,ich habe sie ignoriert und zwei Minuten später hat Dean die Tür eingetreten,während Alison bitterlich geweint hat. Seitdem antworte ich immer und zu jeder Zeit,wenn sie anklopft.

Es vergehen ungefähr fünf Minuten,als es ein weiters mal klopft,doch dieses Mal hört es nicht auf,als ich antworte. Also stehe ich auf,genervt davon,dass sie mich nicht in Ruhe lässt.

Ich will schon etwas sagen,als ich in die großen,blauen Augen von Fiona sehe. Sie sieht mich schüchtern an,seit dem ich von heute auf morgen beschlossen habe,mir die gesamte Haut mit Farbe zu verzieren.

,,Ich kann nicht schlafen",flüstert sie.
Ich bücke mich zu ihr hinunter und hebe sie hoch. Die Tür schließe ich mit meinem Fuß.

,,Dann schläfst du eben neben mir,Prinzessin"
Sie beginnt zu kichern und vergräbt ihr Gesicht vor ihren kleinen Händen.

Ich lege mich mit ihr zusammen zurück ins Bett. Sie decke ich zu und streiche ihr eine blonde Locke hinters Ohr.

,,Mama und Papa schlafen schon"
Innerlich zucke ich zusammen. Fiona hat sich in den letzten Jahren angewöhnt,Ali und Dean als ihre Eltern zu betrachten.

Die zwei haben Fiona adoptiert und Dean kümmert sich auch gut um sie und Lenny,doch daran gewöhnen werde ich mich wahrscheinlich nie. Vielleicht liegt es auch daran,dass Alison und Dean noch so jung sind oder ich einfach ein Eltern komplex habe.

,,Und sie wollten nicht das du mit ihnen in einem Bett schläfst?"

,,Doch Papa hat es mir angeboten,aber ich bin doch ein großes Mädchen,deshalb habe ich abgelehnt"

,,Schläft denn Lenny schon?"

Sie nickt kräftig und gähnt mir dann ins Gesicht. ,,Es ist Zeit schlafen zu gehen,Fiona. Gute Nacht und schlaf gut" ich drücke ihr einen Kuss auf die Stirn und sie schließt die Augen.

Wenige Sekunden später schläft sie tief und fest,während ich wacher nicht sein könnte.
Die Nächte sind für mich immer das schlimmste. Ich kann meistens nicht schlafen,und wenn ich dann doch einschlafe,wache ich nach wenigen Stunden wieder auf.

Ich will mich nicht beschweren,weil ich weiß,dass es schlimmer sein könnte.
Ich weiß von McKenney,dass Art tagelang kein Auge zu bekommen hat,nicht einmal,wenn er Schlaftabletten genommen hat.

Art und ich sind zwei verschiedene Menschen,versucht McKenny mir klar zu machen,doch irgendwie will ich ihr nicht glauben. Ich weiß,dass es ihm viel schlechter als mir ergangen ist,zudem er noch körperlich krank war und ich es nicht bin.

Ich bin physisch Kerngesund. Ich sehe auch keine Dinge,die eigentlich nicht da sein sollten,ich kann oft schlafen. Bei mir ist es eher emotional. Ich kann nichts mehr fühlen,seit Art weg ist. Weder Freude noch Schmerz.

Manchmal ist der Anblick von Alison und Dean mir einfach viel zu viel,dass ich weg sehen muss. Sie lieben sich sehr und genau das ist mein Problem.

McKenny,hat mir oft versucht zu erklären,dass jeder Mensch fühlen kann,wenn er will. Es ist wie ein Schalter,den ich abgestellt habe und selbst wieder anstellen muss,doch wo der Schalter liegt,das muss ich selbst herausfinden.

Sie sagt,es wird nicht immer so sein.
Sie sagt,dass der Himmel irgendwann wieder blau und nicht schwarz sein wird. Sie sagt,dass mein Lachen auch irgendwann wieder meine Augen erreichen wird und ich weiß nicht,ob ich ihr glauben kann.

Hat sie nicht auch zu Art gesagt,dass es Heilung für ihn gibt? Hat sie nicht auch zu ihm gesagt,dass alles wieder gut wird? Und nun,wo ist Art? Er liegt unter der Erde,vergessen und einsam.

Ich kneife meine Augen zusammen,lausche der Stille und versuche an nichts zu denken. Morgen ist ein neuer Tag und eine neue Chance auf Glück.

Verbotene Gedanken Teil 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt