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                                Theresa

Die restlichen Stunden ignoriert Jamie mich. Ich sehe ihn weder in Mathe,noch in Literatur,was wohl heißt,dass er schwänzt und höchstwahrscheinlich besoffen in einer Ecke liegt.

Nach meiner letzten Stunde,setze ich mich in meinen Wagen und mache mich auf den Weg nach Hause. Ich habe meine Mutter und meine Schwester seit über zwei Wochen nicht mehr gesehen. Ich würde jetzt nicht sagen,dass ich meine Mutter vermisst habe.

Das erste was sie zu mir sagt,als sie die Tür öffnet ist. ,,Wie siehst du denn aus,Theresa? Hast du etwa zugenommen? Was trägst du da? Was ist mit deinen Haare passiert?"

,,Freut mich auch dich zu sehen,Mutter",sage ich trocken und betrete das Haus. Sie läuft mir hinter her. ,,Geh dich frisch machen und zieh dir etwas anderes an,Theresa"

Ich weiß ganz genau,wieso ich diesen Moment so sehr in die Länge gezogen habe. ,,Wo ist Lily?" ,,Sie ist bei den Whites drüben". ,,Wieso hast du mir das nicht gleich gesagt?,dann wäre ich erst später oder morgen gekommen"

,,Weil ich dich sehen wollte,du kannst morgen nochmal vorbei kommen. Für meinen Geschmack,könntest du öfter als nur alle zwei Wochen kommen. Du meldest dich nie,vernachlässigst du Liam auch so,wie deine Familie?"

Ich seufze. ,,Soll das etwas ein ja sein?",fragt sie mich wütend. ,,Ich habe ihn herbestellt,er sollte jeden Moment hier sein"

,,Mutter",rufe ich empört. ,,Wieso lädtst du ihn ohne mein Wissen ein?"

,,Muss ich dich um Erlaubnis bitten,um deinen Freund bei uns einzuladen oder was?"

Am liebsten würde ich Ja schreien,doch ich bin klug genug um einfach den Mund zu halten. Als es dann klingelt,rennt sie glücklich zur Tür. ,,Hallo Liam,Theresa ist gerade gekommen und freut sich unglaublich dich zu sehen". Ich kann nicht anders,als mit den Augen zu rollen.

Ich unterdrücke ein seufzen und zwinge mir ein Lächeln auf das Gesicht. ,,Liam",Grüße ich ihn und grinse ihn an. Es fühlt sich komisch an,mein Gesicht schmerzt,so sehr sind meine Lippen zu einem gezwungenen Lächeln verzogen.

Er kommt auf mich zu und nimmt mich in den Arm,meine Mutter sieht uns mit einem zufriedenen Blick zu. Er löst sich von mir,streicht mir übers Gesicht. Ich schließe die Augen und stelle mir vor, dass nicht er,sondern Jamie vor mir steht,stelle mir vor,dass es Jamie ist,der mich berührt,dass es Jamie ist,der mir einen sanften Kuss auf die Lippen haucht.

,,Ich habe dich vermisst",sagt er leise,seine Augen leuchten und ich wünschte,es wären diese grünen Augen,die mich jetzt ansehen würden.

Ich will ihm auch sagen,dass ich ihn vermisst habe. Meine Zunge fühlt sich plötzlich ganz schwer an. Mein Mund wird ganz trocken und meine Stimme versagt,als wüsste ich nicht,wie man spricht.

,,Ich habe gedacht,dass wir vielleicht spazieren könnten?"

Ich nicke wie in Trance,greife nach seiner ausgestreckten Hand,ohne es wirklich zu wollen. Wir verlassen gemeinsam das Haus,laufen durch ein Kornfeld. Es ist heiß,die Sonne scheint,die Vögel zwitschern.

Alles ist perfekt,alles sollte perfekt sein.
Ich sollte mich gut fühlen,ich sollte Lächeln,wirklich,real,Lächeln,doch ich tue es nicht. Stattdessen starre ich auf den Boden,starre auf die Erde und zähle.

Ich zähle die Sekunden,zähle die Minuten und verdränge den Gedanken,dass ich Liams Hand halte,anstatt die von Jamie. Liam bleibt stehen,ich bleibe stehen. Ich sehe zu ihm auf,sehe ihm in die freundlich,braunen Augen. Er lächelt mich so liebevoll an,das mein Herz schneller schlägt,vor Schmerz,vor Angst,vor Selbsthass.

Er streicht mir langsam über die Wange,sieht mir dabei in die Augen. ,,Ich bin froh dich zu haben,Tessa",sagt er leise und ich erschaudere.
,,Auf dich kann ich mich immer verlassen,egal wie schlecht es mir geht,du bist immer für mich da. Du und ich"

Mein Magen rebelliert,mir wird übel. Meine Augen brennen,meine Unterlippe bebt. ,,Ich liebe dich" Der Druck in meinem Magen wird stärker,so stark,dass ich mir die Hand vor den Mund halten muss. Liam sieht mich besorgt an und als er nach meiner Hand greifen will,übergebe ich mich.

Ich drehe mich von ihm weg und kotze mir die Seele,mein schlechtes Gewissen und hoffentlich mein verdammtes Herz aus dem Leib. Liam legt mir seine Hand auf den Rücken,streicht sanft darüber und ich übergebe mich ein weiteres Mal. Die Tränen sind nicht aufhaltbar.

Mit wackligen Beinen richte ich mich wieder auf,wische mir die Tränen aus dem Gesicht und sehe überall hin,nur nicht zu Liam. ,,Gehts dir nicht gut? Komm ich bringe dich nach Hause",sagt er besorgt und nimmt meine Hand.

Mir wird wieder schlecht,ich denke an nichts,versuche mir einzureden,dass alles in Ordnung ist. Wir sind in wenigen Minuten wieder bei mir zuhause. Ich liege auf meinem Bett und Liam kniet davor. Er streicht mir über die Stirn und ich schließe die Augen,weil ich es nicht ertrage ihn anzusehen.

Du hast ihn betrogen. Du bist eine Betrügerin. Du hast ihn nicht verdient. Du verdienst niemanden. Du wirst ihm das Herz brechen,ihn brechen.

Die Tränen rollen mir übers Gesicht,ein Schluchzer verlässt meinen Mund. ,,Alles wird gut,Tessa" Ich drücke meine Augen fester zusammen,schüttle meinen Kopf.

,,Liam,ich",stottere ich.

,,Psst,beruhig dich"

Ich schüttle heftig mit dem Kopf,öffne die Augen und sehe ihn an. ,,Es tut mir so leid",schluchze ich.

,,Was tut dir leid?",fragt er einfühlsam. Wieso muss er nur so fürsorglich sein? Wieso kann er nicht so ein Arsch wie Jamie sein? Wieso bin ich ein so schlechter Mensch?

Ich antworte ihm nicht,sehe weg und starre stattdessen die Decke an. Ich beiße mir auf die Lippe,damit sie endlich aufhört zu beben.
Ich unterdrücke die Tränen,wische die Reste weg,versuche zu atmen.

,,Ich glaube ich werde krank",flüstere ich,meine Stimme zittert. ,,Das wird wieder,Tessa,du musst deshalb nicht weinen,ich bin für dich da" Er drückt mir einen Kuss auf die Stirn.

Ich habe das nicht verdient. Ich habe ihn nicht verdient. Ich muss mich von Jamie fern halten,ich kann Liam das nicht antun,ich kann ihm nicht das Herz brechen. Ich will ihm nicht das Herz brechen.

,,Ich möchte einfach nur schlafen"

Verständnisvoll nickt er. ,,Aber natürlich,wenn etwas ist,ruf mich an und ich komme. Gute Besserung,Tessa" Er drückt meine Hand und verlässt das Zimmer.

Als er weg ist,lasse ich meinen Tränen freien Lauf. Ich weine,ich schluchze,ich kreische ins Kissen. Meine Brust schmerzt,ich bekomme kaum noch Luft. Ich versuche mich zu beruhigen,nicht daran zu denken,dass ich Liam so sehr verraten habe,wie es nur möglich ist.

Als mein Handy klingelt,will ich weg drücken,als ich sehe,dass Jamies Name aufblitzt,schleudere ich es kreischend in die hinterste Ecke meines Zimmers.

Es ist seine Schuld,alles,einfach alles. Es ist die Schuld dieser verdammten Augen,die Schuld seines unverschämten Charmes. Ich hasse ihn. HASSE,HASSE,HASSE IHN.

Es klingelt mindestens eine Minute und es macht mich verrückt,dass ich am liebsten aufspringen und ran gehen würde. Als es endlich aufhört zu klingeln,drücke ich mir das Kissen so fest gegen das Gesicht,dass ich kaum noch atmen kann.

Betrügerin. Ich bin eine verdammte Betrügerin. Ich verdiene Liam nicht. Ich hasse Jamie. Ich will Jamie.

Verbotene Gedanken Teil 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt