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Jamie

Ich starre in den tristen Himmel und frage mich, was zur Hölle der Herr im Himmel sich dabei gedacht hat,mich auf die Welt zu setzen.

Heute regnet es und es gefällt mir aus dem Fenster zu sehen und zu beobachten wie die Blätter von den Bäumen fallen. Es gefällt mir zu sehen,wie der Baum immer leerer,immer nackter,immer hässlicher wird.

Ich schlage meinen Kopf immer wieder gegen den Fensterrahmen. Lausche den Tropfen,die mein Fenster hinunter fließen und stelle mir vor,dass sie rot wären.

Das Fenster ist belegt,mein Zeigefinger bewegt sich wie von selbst und zeichnet ein Kreuz darauf. Dann noch eins und noch eins.
Sie vermehren sich solange,bis das gesamte Fenster damit bedeckt ist.

,,Was machst du da?",reißt mich Fiona aus meinen Gedanken. Gedankenverloren und ohne aufzusehen antworte ich :,,Mein Grab zeichnen"

,,Und wieso tust du das?",flüstert sie. Ja Jamie,wieso tust du das? Ich zucke mit den Schultern. ,,Einfach so"

,,Willst du nicht lieber ein Herz malen oder eine Sonne?" Ich schüttle den Kopf. ,,Wieso sollte ich das tun,wenn ich keine Sonne sehe,keine Liebe fühle?"

,,Wenn es wieder warm ist,siehst du sie doch. Ich kann dir zeigen wie man eine malt,wenn du das nicht weißt"

Ich reiße mich vom Anblick meines Grabes los und sehe zu meiner kleinen Schwester hinunter,die mich mit großen Augen ansieht. Erst jetzt wird mir bewusst,was ich da gerade eigentlich gesagt habe. ,,Das war nur Spaß,Fiona. Ich habe Windräder gemalt"

Sie will näher ans Fenster laufen um sie sich anzugucken,doch ich wische einmal drüber,bis alles weg ist. ,,Sie waren hässlich",füge ich hinzu.

,,Du sollst runter kommen,das Abendessen ist fertig" Ich nicke. ,,Ich komme gleich" Sie nickt und verschwindet. Mein Kopf dreht sich wie von selbst zum Fenster und ich seufze.
Ich schlage meinen Kopf gegen die Scheibe und wünschte,dass sie in tausend von Teilen springen würde,doch nichts passiert.

Ich bin versucht es ein weiteres Mal zu tun,doch dann höre ich Schritte und springe vom Armaturenbrett. ,,Kommst du?",fragt Alison und ich nicke.

Seite an Seite,laufen wir die Treppe hinunter. Ich spüre ihren Blick auf mir,doch ignoriere sie. Ich nehme neben Dean Platz und sehe auf den Tisch. Es ist jedes Mal ein komisches Gefühl für mich einen vollen Esstisch zu sehen,zumal wir früher froh darüber waren normale Nudeln zu essen oder Brot.

Jetzt sehe ich Kartoffeln,Gemüse,Fleisch,Fisch. Für jeden ist etwas dabei. Alle anderen haben ihre Teller schon mit Essen beladen,alle bis auf ich. Ich sehe mich um und überlege,was ich mir nehmen soll. Ich habe keinen Hunger und mir ist nicht nach essen zumute.

Ich nehme mir eine Kartoffel und ein Hähnchenschenkel. Alison und Dean sehen sich gegenseitig an und dann mich. Ich zucke mit den Schultern. ,,Keinen Hunger",nuschel ich und bevor sie was sagen können,stecke ich mir die Gabel mit der Kartoffel in den Mund.

Ich würge das Essen hinunter und versuche dabei an etwas anderes zu denken. Es schmeckt bestimmt gut,weil ich weiß,dass Alison eine gute Köchin ist,doch ich schmecke nichts. Man kann mir ein Steak hinlegen und es würde für mich nach Pappe schmecken.

,,Schmeckt es euch?",fragt sie in die Runde.

Dean legt seine Hand auf ihre. ,,Es schmeckt vorzüglich,Schatz" Ihre Lippen verziehen sich zu einem breiten Lächeln,ihre Augen beginnen zu leuchten und ihre Wangen verfärben sich rosa.

,,Schmeckt lecker",stimmen Fiona und Lenny mit ein. Alison sieht jetzt mich erwartungsvoll an,weil sie weiß,oder erahnen kann,wie schwer es mir fällt jetzt hier zu sitzen und mit ihnen gemeinsam zu essen. ,,Schmeckt",sage ich ohne sie anzusehen. Würde sie mir in die Augen sehen,würde sie wissen das ich Lüge.

Verbotene Gedanken Teil 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt