25 - Welke Blüten (1)

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Als die Falken die Nachrichten brachten, herrschte finstere Nacht. Zum Teil enthielten sie widersprüchliche Kunde, geschrieben von vielen verschiedenen Händen. In einem Punkt herrschte jedoch Einigkeit. Haasmehor, die nördlichste Stadt vor der toten Steppe, war gefallen.

Das krysarische Heer kam ebenfalls in der Dunkelheit und ließ den Verteidigern, so musste man es zumindest annehmen, keine Chance zu reagieren.

„Wäre es zu einer Belagerung gekommen, würden die Worte anders lauten. Diese Schriften hingegen wurden in Eile angefertigt", versicherte ihm Malto zähneknirschend.

Es war der kleine Mann mit dem Beinamen „der Große", welcher ihn in jener Nacht aus dem Schlaf holen ließ, um ihm die vielzähligen Botschaften persönlich zu überreichen. So konnte sich der Hohepriester letztlich selbst von dem Wahrheitsgehalt der Aussagen seines Informanten überzeugen.

Terek wusste natürlich um die ungünstige Lage Haasmehors, welches von allen Seiten attackiert werden konnte und rechnete ihr daher auch von Anfang an keine große Chance aus, einen Vormarsch Schwarztränes zu überstehen. Das es jedoch so schnell, quasi über Nacht, passieren würde, das hatte er sich nicht einmal in seinen düstersten Zukunftsausblicken vorzustellen gewagt.

Wie es dem König nur möglich gewesen war, die Stadt so schnell einzunehmen, blieb ihm ein Rätsel. Hatte man sich doch vor Ort auf eine Belagerung vorbereitet, was es für ihn unmöglich machen durfte, die Stadt beispielsweise einfach zu stürmen.

„Rokhejlhor dürfte gewarnt sein. Möglicherweise heilt sie das von ihrer Sturheit", bemerkte Malto, stets mit den Zähnen malmend. Sicher, die Nordmannen vertraten mehrheitlich die Ansicht, es wäre besser an ihrem Geburtsort zu sterben, als von dort zu fliehen. Vielleicht fand zumindest bei den Rokhejlori nun ein Umdenken statt. Eigentlich hielt Terek Maltos Gedankengänge diesbezüglich für falsch, vielleicht sogar für etwas makaber. Wenn die Geschehnisse in Haasmehor jedoch dazu beitrugen weitere Leben zu retten, hatte es dann nicht doch etwas Gutes?

Haasmehor, bedeutend kleiner als die Hauptstadt, verfügte über rund einhundert, gut ausgerüstete Verteidiger entlang seiner Mauern.

Emorhors Verteidigung setzte sich dagegen aus rund dreihundert Mann der Stadtwache, sowie etwa vierhundert Söldnern, zur einen Hälfte bestehend aus den Blutkrähen und zur anderen aus den Roten Brüdern, den Schwertern der Mutter sowie den Wüstenfüchsen zusammen. Siebenundsiebzig Mann der Geflüchteten befanden sich zudem gerade noch in Ausbildung bei seinem Truppenhauptmann Hernak. Würde das ausreichen? Könnte die Hauptstadt mit dieser Stärke standhalten?

Yilbert Zur'Konyett war sogar versucht weitere Söldnertruppen anzuheuern. Inzwischen begeisterte sich Tereks Übergangshand, trotz dessen kleinem Disput mit Herzfresser, sehr für die käuflichen Schwerter. Spätestens seit dem Zeitpunkt, als bekannt geworden war, dass die Feuerreiter vor Kapolor im Osten eingetroffen waren, um dort verlustfrei einen „erbärmlichen Versuch einer Belagerung" niederzureiten, wie es in der Schrift hieß, die ihnen die „gute Tochter", die den schlichten Namen Ajali trug, übersandt hatte.

Jenes Mädchen, die Altersangaben pendelten überaus großzügig zwischen acht und sechzehn Jahren hin und her, hatte nach der fehlgeschlagenen Übernahme durch die Befreier kurzerhand die Führung der größten östlichen Stadt übernommen und wurde somit völlig unverhofft zur Nachfolgerin von Elondo Mes'Alwatu, der zuvor als Vertreter der Mutter in Kapolor agierte und der bei den innerstädtischen Kämpfen ums Leben gekommen war.

Terek jedoch hielt wenig davon sich die Stadt mit zwielichtigen Gruppierungen vollzupacken, die kaum mehr als zehn Köpfe zählten und die allesamt unbeschriebenes Pergament darstellten.

„Zweifelhafter Ruf ist Spiel mit Hand über Feuer. Kein Ruf ist Spiel mit Messer an Kehle", lautete der Rat Hernaks zu den Vorschlägen des Stadtverwalters und dieser hatte damit gar nicht mal Unrecht.

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