27 - Auf den Wassern (3)

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„Beleidige nicht die Sprache meiner Mutter mit deiner verkümmerten Zunge, Altan", antwortete wiederum der kleine Mann, wohl der Kapitän der Manyoya, in der Sprache, die man westlich des Tiefwassers teilte und sorgte damit für gespitzte Ohren.

Altan? Wer oder Was war damit gemeint?

„Was hält die braune Jungfrau dieses Mal für mich bereit?", rief er hinterher und nahm Pat und seinen Freund Jullen in Augenschein. Beide tauschten sie verdutzte Blicke aus und Jullen schien mindestens genauso überfordert zu sein, in Kombination mit der erneut eingetretenen Stille, im Blickfeld des Kapitäns in den Möwenkleidern zu stehen.

Doch keinen Augenblick später trat Auberan an ihre Seite und gab ihnen mit eindeutiger Handbewegung zu verstehen, dass sie von ihrem Platz weichen sollten. Eine Aufforderung, der man widerspruchslos Folge leistete und die ein inneres Aufatmen zur Folge hatte.

Pat und Jullen gaben somit die Sicht auf die beiden Fässer frei, die zuvor an Deck gebracht worden waren und auf dessen Holz Auberan nun mit seiner geballten Faust aufklopfte. Das dumpfe Geräusch zeigte auch dem noch immer namenlosen Kapitän, dass beide Behältnisse zumindest nicht ohne Inhalt sein konnten.

„Ich hoffe", erschallte es von der Manyoya, „das das nicht wieder diese Pisse ist, die du uns das letzte Mal da gelassen hast. Eigentlich habe ich nämlich meinen Männern hier geschworen, dass ich deine Jungfrau alleine dafür auf den Boden des Wassers schicken würde."

Anstatt sich aufgrund dieser Drohung zu sorgen, lächelte Auberan lediglich amüsiert: „Deshalb bin ich auch überaus dankbar, dass du ein derart versöhnlicher Mensch bist, Necu. Die braune Jungfrau möchte schließlich noch weiterhin über die salzigen Wasser gleiten."

Ein großes Netz wurde über die Reeling geworfen, sodass Pat und sein ebenso schweigsamer Kamerad erneut zur Seite weichen mussten, um nicht anschließend wie ein hilfloser Fisch in dem grobmaschigen Geflecht aus dickem Seil zappeln zu müssen. Der kurze sprachlose Moment von eben, hatte Pat bereits gereicht um sich ein wenig einfältig vorzukommen. Als Tölpel wollte er nicht auch noch wahrgenommen werden.

Während Ndoo und Pipa unter den kritischen Augen der Goldhelme und ihres Befehlshabers mit dem Namen Necu, die beiden Fässer in das Netz wickelten, stieß Jullen Pat sanft in die Seite und stellte im Flüsterton die Frage, ob er ihm erklären könne, was genau sie hier taten? Und so gerne er seinem Freund geantwortet hätte, so blieb Pat ihm doch die Antwort schuldig.

Mit vereinten Kräften und unter mithilfe von Ndoo und Pipa, die die beiden Fässer über die eigene Reeling hievten, zogen die Goldhelme die Gaben der Schildkröte langsam zu sich hinauf an Bord.

Zuerst landete die Ware jedoch mit lautem Platschen in der dunklen Suppe, die sie alle umgab, schlug dann einmal, zweimal mit lautem Gepolter gegen die Schiffswand, bis sie anschließend unter, gut hörbar, größter Kraftanstrengung über die Reeling der Manyoya gezogen wurden.

Es dauerte schier endlos lange, bis Necu wieder in ihrem Blickfeld auftauchte. Währenddessen wog die Schildkröte sanft im Schlepptau der Manyoya über das Wasser. Während Jullen die Goldhelme nicht aus den Augen lassen konnte, beobachtete Pat den Kapitän der Schildkröte, der von der Seite ein wenig ungeduldig wirkte. Keineswegs nervös oder angespannt, sondern lediglich, als ginge ihm das alles nicht schnell genug.

Eines war jedoch klar. Auberan oder Altan, wie ihn Necu genannt hatte, tat dies nicht zum ersten Mal. Zwar mochten sich die beiden Schiffsführer kennen, vielleicht schätzten sie auch einander, doch war dies hier kein Akt der Freundschaft. Sie waren nicht den ganzen Weg von Rinken bis in die Seeblockade gefahren, um dort zwei Fässer Wein zu übergeben.

Wein, für den der kleine Mann auf der Manyoya nur noch Worte des Lobes übrig haben sollte.

„Bei der Zitze der Mutter, Altan! Wo nur hast du diesen überragenden Tropfen aufgetrieben, du mieser pirmensischer Hurenbock?"

SchöpferzornWo Geschichten leben. Entdecke jetzt