28 - Glut und Feuer (3)

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Ein kleiner Junge war mit ihr zusammen im Inneren einer Hütte. Konnte es ihre sein? Auch wenn sie kaum etwas wahrnehmen konnte, dass darauf hindeutete, so wurde es letztlich doch zu ihrer Wahrheit. Dieser Junge war in ihre Hütte gekommen, um sie zu sehen. Doch weshalb hatte sich dieser dann vor ihr abgewendet, ihr den Rücken zugedreht?

Es schien so, als habe der Junge Angst. Er verströmte sie zumindest in alle Richtungen. Es gab nichts, wovor man sich hätte fürchten müssen und doch erfasste bald darauf auch Suki ein unangenehmes Gefühl. Als läge eine drohende, unsichtbare Gefahr in der Luft.

Alle Versuche dem Jungen gut zuzureden scheiterten. Er blieb stumm und seine Angst strahlte weiterhin wie das Licht eines Feuers in den Raum hinein.

Die Konturen der kleinen Gestalt verschärften sich und plötzlich wurde ihr klar, dass es Hader war, der da vor ihr stand. Er zitterte wie die Oberfläche eines Sees nach einem Sprung in dessen kühles Nass.

Leises Wimmern war zu hören. Weinte er?

Natürlich weinte er. Er hatte seine Mutter, seinen Vater verloren.

„Und du hast Schuld", flüsterte eine Stimme in ihrem Kopf.

Lüge! Dies war eine Lüge. Suki hatte keine Schuld am Tod von Haders Eltern. Sie war diejenige, die von Matto vergiftet wurde. Sie war diejenige, die um Haaresbreite erstickt wäre, weil man ihr von der purpurnen Ranke ins Essen gemischt hatte. Schon zuvor hatte man sie attackiert, als sie im großen See baden und ihren Kopf freibekommen wollte, auch wenn sie noch immer nicht wusste, wer dahintersteckte. Streng genommen führte die Spur, angesichts der Fakten, aber doch in eine ganz bestimmte Richtung. Die Intention dahinter erschien ihr dennoch so undurchsichtig, wie der Nebel über ihren Köpfen.

Unwichtig, denn sie erinnerte sich wieder an einen Kuss vor sehr langer Zeit. Eine Handbewegung, die den kleinen Hader, damals wie auch jetzt, zurückschrecken ließ.

Daraufhin löste der Junge sich in Rauch auf. Grauer Rauch, wie er entstand, wenn sie ihre Toten zum alten Volk aufsteigen ließen. War Hader etwa tot?

Wo dieser gerade noch gestanden war, blieb jedenfalls nichts zurück, außer einem kleinen Häufchen Asche, fast schon zu winzig, um überhaupt als dessen Überreste durchzugehen.

Doch dann erkannte Suki, dass es keine Asche war, die dort am Boden lag, sondern eine Art Stein.

Bei näherer Betrachtung entpuppte es sich als des Geschenk des kleinen Kumaro Kwuzu'u.

Ein Splitter aus einem ihr unbekannten Material. Durchsichtig wie Wasser, aber fest wie Stein und dennoch leicht wie der Halm eines Farns. Ein Leuchten war davon ausgegangen, als sie es zum ersten Mal in Händen hielt und ein seltsames, nicht unbedingt unangenehmes Gefühl hatte ihren ganzen Körper ergriffen. Es waren nicht ihre Schnittwunden aus dem Schilf gewesen, rief sie sich in Erinnerung. Es war dieses Ding in ihrer Hand, welches ihr damals sämtliche Kraft aus dem Körper gesaugt hatte. Beinahe so, wie ein Egel, der sich anstatt an ihrem Blut, stattdessen an ihrem Bewusstsein labte.

Sie mochte es nicht spüren, doch auch jetzt wieder verwirrte es ihre Gedanken. Der kleine Junge war zurückgekommen, griff nach ihrer Hand, wie sie sah. Doch es war nicht Hader, der so plötzlich neben ihr aufgetaucht war. Es war Kwuzu'u, der sie anstarrte und zu ihr sprach. Sie verstand seine Worte nicht. Nur vereinzelte Fetzen der schwierig zu erlernenden Sprache der Kumari, drangen an ihr Ohr.

Unbedeutende Worte wie „Du" und „Mann", doch ließen diese sich nicht zu einem verständlichen Ganzen zusammenfügen.

Und da roch sie es. Unheilvoll kroch ihr der Geruch in die Nase, obwohl sie mit dem vertrauten Gestank alles andere als Unglück oder anderweitig Schlechtes verbinden sollte.

SchöpferzornWo Geschichten leben. Entdecke jetzt