06 - Hinter schwarzen Mauern (1)

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Conreth Kressen erwartete sie in einer kleinen Kammer, in der es fürchterlich nach Käsefüßen roch.

Der kleine, fette Mann mit der roten Schweinsnase war der Quartiermeister der Kaserne. Herrscher über einen hässlichen Klotz aus schwarzem Stein, welcher die Unterkünfte beherbergte, die bereits jetzt schon aus allen Nähten zu Platzen drohten.

Am Hafen Rinkens herrschte manchmal weniger Gedränge als hier, bemerkte Pat und musste sich beherrschen nicht zu lachen, während Tesso hinter Kressens Rücken dessen unbeholfene, watschelnde Gangart imitierte.

„Die Kammern in den Erd- und Obergeschossen sind bereits alle voll", hatte er erklärt und ein quietschendes Eisengitter aufgestoßen, hinter dem eine steile Treppe lag, welche ihre Gruppe in die Kellergeschosse führen sollte.

Zwar spendeten einige, glühende Kohlebecken mit ihrem roten Schimmer etwas Licht und Wärme, doch die feuchte Kälte klammerte sich einem hier unten förmlich an die Glieder.

„War das hier mal ein Gefängnis?", wollte Rott wissen, woraufhin Kressen nur ein kurzes Grunzen ertönen ließ. Ob dies nun Ja oder Nein bedeutete, klärte sich erst, als der Quartiermeister ihnen die Tür zu einer Kammer aufsperrte, die kaum größer war als das, was man sich eben unter einer Kerkerzelle vorstellte. Eine alte Eisenkette mit Handfesseln baumelte an der Wand gegenüber der Tür. Anscheinend gab es auch noch eine Zweite, an diese erinnerten jedoch nur noch zwei Löcher, dort wo sich wohl einst deren Halterung befunden haben musste.

„Hier haben die Motts, Grans und Masnachs ihre Feinde eingeschlossen. Nur, dass es irgendwann zuviele wurden, um sie alle unter die Erde zu schaffen", erklärte Kressen.

„Und schließlich hat man die Stadtherren Moteems selbst unter die Erde geschafft", bermerkte Temu.

„Nicht ganz", korrigierte ihn Rott, „Der rote Palu hat die Leichen der Herren bis zum Ende des Krieges an den Mauern der Stadt aufgehängt und sie anschließend verbrennen lassen."

„Das war nur eine Redensart, Rott. Ich meinte dass nicht genau so, wie ich es gesagt habe", entgegnete Tesso augenrollend.

So gerne er sich an Gesprächen über den großen Krieg auch beteiligte, so war Pat nun jedenfalls nicht danach zumute. Mit den Fingern fuhr er über eine der kargen, feuchten Steinwände des leeren Raumes. Keine Betten, nicht einmal ein Nachtopf, einzig gähnende Leere. Normalerweise würde man hier keine sechs Hunde übernachten lassen, aber sie sollten sich hier einrichten? Er schauderte, als ihm der Gedanke an Ratten und Spinnen durch den Kopf huschte, die sich als einzige hier heimisch fühlen dürften. Die Nächte würden also nicht besser werden, als jene, die er mit Kune zusammen in einer Höhle verbracht hatte. Die wahrscheinlich unangenehmste Erinnerung an seine Reise von Rinken in die Hauptstadt.

„Da drin stehen nicht einmal Betten. Der Regent kann doch wohl kaum von uns erwarten, dass wir hier schlafen, geschweige denn leben sollen?", beschwerte er sich.

Conreth Kressen stierte ihn nur aus seinen kleinen Schweinsäuglein an und musterte ihn von oben bis unten: „Der Regent erwartet einen Scheiss von euch. Wenn es dir nicht passt, Jungchen, dann kannst du gerne wieder gehen. Jeder andere der bleibt", er wandte sich an Pats Mitstreiter, „wird von uns Decken bekommen, um die Zeit hier unten zu überbrücken. Sobald wieder Kammern oben freiwerden, werdet ihr dort unterkommen. Im Moment jedoch sind wir brechend voll. Der alte Menk hat es in den letzten Jahren schlicht verschlafen eine eigene Kaserne zu errichten, deswegen seid ihr ja schließlich alle hier."

„Steinfurt, Windheim und Gottesgnaden betreiben noch immer die Kasernen der Herren und bilden für die Stadtwachen der Westlande aus, doch alle zusammengenommen sind sie nicht einmal ansatzweise so groß, wie diese hier", erklärte Ruker, worauf Kressen erneut nur mit einem Grunzen zu antworten wusste. In der menschlichen Sprache bedeutete dies wohl soviel wie ‚Geh' mir nicht auf den Sack, Klugscheißer'.

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