40 - Wölfe im Fuchspelz (2)

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Bald erreichten sie ein größeres Gebäude, vor welchem ein einsamer Feuerkorb einen verloren wirkenden Schein orangenen Lichts spendete. Krummschwert betrat das Gebäude wortlos. Es besaß keine Türe, lediglich ein verblichener Vorhang aus grauem Stoff hing schlapp vor dem breiten Durchgang. Von dem Geruch, den das Gebäude verströmte, drehte sich Pat beinahe der Magen um. Auch Pferd zögerte zunächst weiterzugehen, doch als Krummschwert wieder seinen Kopf hinter dem Vorhang hervorstreckte und sie mit energischer Handbewegung herbeiwinkte, verbrachten sie Jullen schließlich in das Innere des stinkenden Bauwerks.

Kaum dort angelangt, kamen bereits zwei Frauen in grauen Gewändern angerannt, um sich dem verletzten Wüstenfuchs anzunehmen. Sie warfen einen kurzen Blick auf die abgebundene Wunde und zerrten Jullen, mit Krummschwerts Unterstützung, in einen Nebenraum, der ebenfalls durch einen Vorhang von dem schmalen Flur getrennt war. Als Pat und Pferd ihnen folgen wollten, wurden sie von einem beleibten Wachmann aufgehalten, den sie zunächst gar nicht bemerkt hatten.

Pferd versuchte mit ihm zu diskutieren. Ein hitziges Wortgefecht schaukelte sich zwischen beiden hoch.

„Freund. Krank. Freund.", bemühte nun auch Pat lautstark seinen spärlichen Hundewortschatz, welcher sich leider größenteils aus Flüchen und Zoten zusammensetzte, wie er erneut feststellen musste.

An dem dicken Kerl mit dem hässlichen Gesicht biss er sich damit jedoch die Zähne aus. Er ließ sie nicht weiter durch den zweiten Vorhang.

„Venua?", ertönte nun eine Stimme in Pats Rücken.

Als Pferd und er sich umdrehten, kam eine alte, etwas gebückt gehende Frau den Flur entlang und auf sie zugelaufen. Ihr langes, graues Haar und ihre ledrige Haut legten unverblümt ihr fortgeschrittenes Alter offen. Doch ihre Augen, diese braunen, klaren Augen, die sich im Schein der Laterne, welche sie bei sich trug, präsentierten, passten nicht so recht zu ihr.

„Du Fuchs aus Venua?", fragte sie ihn in abgehackten Worten.

Pat nickte. Pferd blickte nur zwischen beiden hin und her und der dicke Wachmann hatte sich prompt, beinahe demütig, zurückgezogen, als die alte Frau erschienen war.

„Wer seid Ihr? Warum sprecht Ihr meine Sprache?", wollte Pat wissen.

„Name dieser lautet M'Kelya. Als Diener von Mutter ich sprecht viele Sprachen. Krank Freund ist fremder Diener der Mutter ebenso?"

Fremder Diener der Mutter. Ein Shahisapar. Zum ersten Mal war ihm eine Bezeichnung in der Hundesprache geläufiger. Pat bejahte erneut mit einem Kopfnicken.

„Mein Kinder wird umsorgen krank Freund. Er ist gut bei uns zuhause. Sei dir sicher. Jetzt gehe."

„Er wird wieder auf die Beine kommen?", wollte Pat eine Antwort hören, ehe er ihrer Aufforderung nachzukommen gedachte.

Sie lächelte. Ein warmes, freundliches Lächeln, welches augenscheinlich auch ihrem Wachmann galt, der Pat und seinen füchsischen Bruder, ohne handgreiflich zu werden, Richtung Vorhang drängte, bis beide wieder auf der staubigen Straße landeten.

Aus irgendeinem Grund fühlte Pat sich komisch nach jenem kurzen Gespräch mit jener seltsamen, alten Frau. Und doch beschloss er, das Gebäude nicht noch einmal zu betreten. Nicht jetzt. Nicht mehr heute.

Offenkundig hatte man mittlerweile den Aufruhr am Stadttor unter Kontrolle. Unzählige Waffen, Speere, Schwerter und Äxte glitzerten inzwischen im Schein des aufgehenden Mondes und der zahlreichen Fackeln, die den weitläufigen Torbereich indes erhellten. Man führte einzelne Männer und Frauen mit auf den Rücken gefesselten Händen ab. Auf beiden Seiten schafften sie zudem ihre Verletzten zur Seite. Weitere Kundschaft für M'Kelya?

SchöpferzornWo Geschichten leben. Entdecke jetzt