35 - Krieger der Mutter (2)

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„Mein Herr? Auf ein Wort?"

Rokar, der Ältere, Hauptmann der Roten Brüder, jüngster Sohn von Rokar, dem Roten und zugleich dessen Nachfolger, wie er sich Terek einst in aller Ausführlichkeit vorgestellt hatte, kam auf ihn zu. Ein groß gewachsener, hagerer Mann, in rotgefärbte Leinen gekleidet, die jedoch von der Sonne ausgeblichen erschienen. Ganz im Gegensatz dazu, der vergoldete Stoffgürtel, der über seinen Hüften saß und an welchem normalerweise auch der silbern glänzende Krummsäbel baumelte, welchen er im Moment gleichwohl nicht bei sich trug. Er war ein fleißiger Mann, ohne Frage. Nicht nur, dass er in der Nacht zuvor beim Kampf gegen die Flammen mitwirkte, so war er doch auch einer derjenigen, die gerade zusammen mit fünf weiteren Männern, unter Ächzen und Stöhnen, einen weiteren, massiven Querbalken aus den Trümmern transportiert hatte, um diesen am Rande der Straße zu den weiteren wiederverwendbaren Materialien niederzulegen. Erst als er danach kurz zu verschnaufen gedachte, war sein Blick auf den Hohepriester der Mutter gefallen, den er nun sogleich ansprach.

Aufgrund der Tatsache, dass der Mann unbewaffnet war, waren Tereks Leibwachen versucht, ihre Speere nicht allzu drohend gegen ihn zu erheben. Trotz allem zeigten sie ihm doch recht unmissverständlich, dass sie einen Abstand von gut zwei Metern, zwischen ihm und ihrem Herren, für angebracht hielten.

„Ihr habt Euch letzte Nacht mit der Oberkrähe getroffen, wie ich gehört habe", sprach der Söldner, ohne jeden Vorwurf in der Stimme, nachdem er eine kurze Verbeugung angedeutet hatte, nach der er seinen herabfallenden, langen, öligen Haarschopf von pechschwarzer Farbe mit einer gekonnten Bewegung wieder hinter sich schwang.

Von wem konnte er dieses Wissen haben?

Terek nickte, ohne sich seine leichte Verwunderung anmerken zu lassen: „Die Blutkrähen sind mit der Erhaltung des innerstädtischen Friedens beauftragt."

Er deutete auf die Ruine hinter Rokar: „Das ist das Resultat eines Angriffs auf besagten Frieden."

Der rote Bruder drehte doch tatsächlich seinen Kopf in jene Richtung, in die Terek zeigte und reagierte mit gekünstelter Verwunderung.

„In der Tat", sprach er und wandte sein lächelndes Gesicht wieder seinem Auftraggeber zu.

Ganz anders als Herzfresser, besaß Rokar, der Ältere ein freundliches Antlitz. Dessen viele Furchen mündeten in Lachfalten um Augen und Mundpartie, oder umgekehrt. Die schwarzen Bartstoppeln wirkten, als hätte ihm jemand einen Hauch Asche ins Gesicht geblasen.

„Ich denke nur", fuhr der Söldnerhauptmann freundlich dreinblickend fort, „dass es mehr als gerecht wäre, wenn auch die Roten Brüder, die wir ja auch mit der Verteidigung dieser Stadt beauftragt sind, die gleichen Informationen erhalten würden, wie die Krähen. Stimmt es denn, dass Befreier die Urheber des Angriffs auf den inneren Frieden sind?"

Terek zögerte für einen kurzen Moment.

„Wir gehen nicht davon aus, dass Befreier für das Feuer verantwortlich sind", antwortete er, wohlwissend, dass man ihm nicht glauben würde.

„Ihr vielleicht nicht", noch immer gab sich Rokar als die Nettigkeit in Person, „aber alle anderen in dieser Stadt. Ich möchte ehrlich zu Euch sein, oh mein Herr, es ist mir herzlich egal, wer hier letztendlich nächtliche Feuer legt. Nicht egal ist mir, dass Ihr mich nicht über jene aktuelle Gefahr innerhalb der Mauern unterrichtet. Gefahr für Leib und Leben meiner Männer, wie ich doch meinen möchte."

„Hauptmann Hernak wird heute noch zu Euch und Hauptmann Hurion sprechen und alle Maßnahmen, die infolge der gestrigen Nacht getroffen wurden oder noch zu treffen sind, darlegen. Sobald Hauptmann Zadar aus der gelben Bucht zurückkehrt, wird auch er davon unterrichtet werden. Geduldet Euch noch ein wenig. Ihr werdet alle Informationen erhalten, die nötig sind", sprach Terek und hoffte dieses Thema damit erledigt zu haben.

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