33 - Die Mission der Söhne (2)

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Er war nach Venuris aufgebrochen um zu einem gestandenen Mann, zu einem anerkannten Soldaten zu werden. Die beste Voraussetzung für ein sorgenfreies Leben. Dann wäre er irgendwann nach Rinken zurückgekehrt, hätte sein Mütterchen in die Arme geschlossen, wie auch seine beiden geliebten, jüngeren Geschwister Mak und Serea. Ganz besonders die kleine Serea, die noch zu jung gewesen war, um zu verstehen warum er gehen musste.
Und nun sollte er sein Leben geben, um den Hohepriester Namuns zu ermorden? Um als namenloser Deserteur auf dem Kontinent der Köter zu sterben?

So hatte er sich das nicht vorgestellt. Und doch erinnerte er sich plötzlich an das, was Amwaldt ihm auf die Frage nach dem Sinn der Namun-Reise, geantwortet hatte, bevor er in einen andauernden Zustand der Benebelung überzugehen begann: „Soll mich der Wind doch auf die hinterste der tausend Inseln verschlagen. Was zu tun ist, wird getan werden."

Warum aber gerade sie Fünf? Warum erhob nicht die Regentin das Schwert gegen den Hohepriester? Ihr Großvater hatte schon einmal einem namunschen Oberhaupt eine Niederlage beigebracht und hatte dabei nicht annähernd so viele Männer zur Verfügung gehabt, wie seine Enkelin heute.

Vielleicht sollte Pat sich aber einfach weniger Sorgen machen.

„Wer zu viel denkt, verliert", hatte Lukwan Grauwasser ihnen immer wieder einzuschärfen versucht. Womöglich hatte sein Ausbilder Recht. Womöglich hatten sie alle Recht.

Was zu tun war, würde getan werden. Ein gestandener Mann wüsste das und würde es akzeptieren.


Zumindest versuchte Pat nun auf andere Gedanken zu kommen, weg von diesem Irrsinn, weshalb er sich für ein anderes Gesprächsthema entschied: „Diese Lubyra Zamani. Was ist sie? Und was macht sie mit Jullen?"

„Sie ist die Heilerin der Armen", bekam er prompt als Erklärung, „sie wird deinen jungen Freund wieder zum Stehen bringen. Er ist lediglich geschwächt und sie gibt ihm wieder Kraft."

„Aber ich habe noch nie ein solches Wesen gesehen", entgegnete Pat.

Das schien Amwaldt zu amüsieren: „Sie ist eine Lubyra. Ein Fellmensch. Es gibt nur noch wenige von ihrer Sorte hier im Süden. Die meisten von ihnen waren einst den Verlockungen der alten Krysari-Könige erlegen und gen Norden gezogen. Dafür hat man ihresgleichen in den Landen des Sonnengottes lange Zeit verfolgt und getötet. Aber das sind Geschichten aus einer Zeit, in der noch nicht einmal die Jungfrau Nara geboren war."

Die alten Könige? Er erinnerte sich: „Es hieß immer, dass der Hohepriester ein Bündnis mit einem König eingegangen wäre. Müssen wir diesen dann nicht auch töten?"

Plötzlich lachte Amwaldt laut auf. Erst da bemerkte Pat, dass er schon lange keinen der Söhne mehr derart hatte lachen hören.

„Diesen König gibt es gar nicht", begründete Amwaldt seinen kurzen, ungewohnten Emotionsausbruch und er erklärte ihm auch, wieso.

„Die surmesischen Wächter, mit denen ich gesprochen habe, erzählen, dass die Befreier ihn erfunden haben, um den Hohepriester und seine Truppen daran zu hindern, in ihren blutigen Feldzug gegen den Osten einzugreifen. So wie es aussieht, ist dieser ihnen auf den Leim gegangen, doch niemand scheint ihn mehr umstimmen zu können. Geoyi Jun'Ilie, der mächtigste Mann Surmes, plant nun, wie auch Mezerte, gegen die Befreier ins Feld zu ziehen. Nicht zu Pferde über den Landweg, wie es die Feuerreiter taten, sondern über die See. Er möchte die, von den Mezerti gehaltene, östliche Hauptstadt Kapolor sichern und von dort aus eine Stadt nach der anderen zurückerobern."

„Aber wenn sie sich doch nur gegenseitig bekriegen, wieso fürchten wir uns dann vor ihnen? Die Regentin meine ich."

„Dreimal darfst du raten, für welchen Gott die Befreier kämpfen. Und dann wirst du wissen, wen der Zorn der Mutter als nächstes treffen wird. Ich habe Gespräche der Wächter belauscht. Sie sprechen davon, dass sie das Land, auf dem die Sonne nicht scheint, für die Entsendung ihrer Bluthunde, bestrafen wird."

SchöpferzornWo Geschichten leben. Entdecke jetzt