26 - Schatten und Sonnenschein (3)

15 7 0
                                    

„Ich dachte deine Männer seien involviert?", ertönte eine tiefe, brummelige Stimme in einem vorwurfsvollen Ton. Als eine Antwort des Anderen ausblieb, legte Ersterer nach: „Ein Schweigen wird niemand dulden. Also?"

„Er war keiner meiner Männer. Alwek ist heute Morgen nicht aufgetaucht und man hat mir stattdessen den Neuen zugewiesen", erwiderte nun eine hörbar aufgewühlte Stimme. Sie gehörte eindeutig zu einem jüngeren Mann.

„Und du bist nicht auf die Idee gekommen, das zu überprüfen?", sprach die tiefe, verärgerte Stimme wieder und schloss augenblicklich seine nächste Frage an: „Wie soll ich das vor den Herren rechtfertigen?"

Über was wurde hier gesprochen? Auf der einen Seite fand er es nicht richtig zu lauschen, doch seine Neugierde war stärker.

„Ich dachte, er wäre eingeweiht gewesen. Er gehörte doch schließlich zu Herwig Jonges Kolonne", kam als Rechtfertigung zurück.

„Er gehörte zu Herwigs Bruder Henryk", wurde es nun lauter, „und der ist keiner von uns, du hässlicher, verblödeter Ochse."

Die Stimme bebte regelrecht und derjenige, zu dem sie gehörte schien laut schnaubend nach Fassung zu ringen. Zwar schaffte er es nicht allzu laut zu werden, doch sein Zorn war unüberhörbar:

„Wegen dir ist der Mann in den Kerkern gelandet. Du hattest die Verantwortung."

Nun horchte Di auf. Wer war im Kerker gelandet? Ein Soldat der Stadtwache etwa? Wenn ja, weshalb? Einer der Männer schien darüber jedenfalls nicht sehr erfreut zu sein.

„Das ist nicht fair", antwortete die immer brüchiger werdende Stimme des Anderen.

„Nicht fair?", fuhr ihn sein Gegenüber wieder an, „Ich bin derjenige, der Rechenschaft ablegen muss. Aber eines kannst du mir glauben. Ich werde dafür sorgen, dass du die Suppe mindestens zu gleichen Teilen auslöffeln wirst. Darauf kannst du dich verlassen!"

Schwere Schritte ertönten nun wieder und kurz darauf klang auch das gänsehauterzeugende Knarren der Tür an Dis Ohren, die anschließend mit einem lauten Rumms zugeworfen wurde. So laut, dass er unerwartet zusammenzuckte.

Zwar herrschte nun wieder Stille, doch wurde er das Gefühl nicht los, dass nur der wütende Mann durch die Tür geschritten war. Er traute sich daher immer noch nicht, sich wieder zu bewegen.

Glücklicherweise war Fuchs der gleiche Gedanke gekommen, denn nur kurz darauf hörte er ein lautes Seufzen und erneute Schritte, begleitet von leisem Gemurmel.

Leider konnte Di nicht verstehen, wie die Worte lauteten, doch stammten sie eindeutig von dem zweiten Mann, den Ersterer als einen verblödeten Ochsen bezeichnet hatte.

Di nutzte die Zeit um die hölzerne Konstruktion, unter der er sich hier versteckte, so weit es ihm im Halbdunkel möglich war, zu begutachten. Vier Räder konnte er erkennen, jedoch viel zu klein für eine Kutsche. Und überhaupt waren das hier niemals Kutschen. Über Kopf ertastete er eine Art Holzbalken, der in seinem Umfang einem Männeroberschenkel glich. Wie ein Speer ragte er einfach so fünf, vielleicht sechs Fuß über die Konstruktion hinaus. Natürlich handelte es sich nicht um einen Speer. Dazu war der Balken zu dick und es fehlte die Spitze. Just dort, wo diese hätte sein sollen, waren links wie rechts zwei, ja man konnte sagen, hölzerne Schilde angebracht.

Dieses Ding war Di fremd. Er mochte schon viele Bücher gelesen haben, doch er konnte sich nicht erinnern, dass etwas Derartiges schon einmal irgendwo beschrieben wurde.

Er würde auch vorerst nicht mehr dazu kommen, sich darüber ausschweifende Gedanken zu machen, denn so plötzlich wie das Gemurmel stoppte, begann der immer noch anwesende Mann laut zu sprechen: „Halt! Was hast du denn hier verloren, verdammtes Sudelkind?"

SchöpferzornWo Geschichten leben. Entdecke jetzt