Kapitel 60

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Harry P.O.V.

Ich parkte vor der Schule, wartete auf Belle, die auch schon aus der Schule hinausstürmte, mit ihren schnellen Schritten, beunruhigte sie mich ein wenig. Mit traurigen Blicken, saß sie sich neben mich. "Was ist passiert?", fragte ich. Denn sie kam normalerweise nie so von der Schule raus. Ich weiß, sie hatte eine schlaflose Nacht. Aber diesmal war es was anderes.

Sie streckte ihren Finger so, dass sie auf jemandem deutete. Ich folgte ihrem Finger entlang, bis dahin, wo sie hinzeigte. Mein Mund stand offen, alles in mir wurde starr. Ich sah ihn nun das erste Mal nach vier Jahren. Er wartete in der Ecke auf jemandem. Sein Rücken war gelehnt an der Wand. Er zog eine Zigarette aus der Tasche, zündete es an, schnaufte daran und atmete den Rauch aus.

Ich schluckte stark, meine Hände versuchten die Autotür zu offen. Belle schaute mich verwirrt an, wusste was ich vorhatte. Ich stieß die Tür auf, bewegte mich aus dem Wagen und ging direkt auf ihm zu.

Zayn.

Seine Blicke fielen auf mich, die Zigarette fiel ihm aus der Hand. Um seinen Patzer zu vertuschen, trat er darauf und tat so, als wäre es beabsichtigt gewesen, die Zigarette auf den Boden zu werfen. Ich räusperte mich, hielt meine geballte Faust vors Gesicht, versicherte mich, dass ich meine Stimme nicht verloren hatte und machte Halt, als ich genau vor ihm stand.

Nachdem ich dachte, er sei tot, gab es so viel, was ich ihm eigentlich gesagt hätte. Ich wäre ihm in die Arme gefallen, ich hätte ihm gesagt, wie furchtbar es war, zu wissen, dass er nicht mehr am Leben ist.

Nun, steht er genau vor mir und ich fand keine Worte, die ich formen konnte. Es gab nichts, was ich ihm sagen wollte. Aber dennoch stand ich hier gegenüber ihm und starrte auf den Boden. Ich hob mein Kopf, betrachte sein Aussehen, was sich verändert hat. Er wirkte viel älter mit seinem Bart. Die Haare hatte er nach oben gegelt und er hatte einen Ohrring.

"Ist was?", brach er die Stille. Ich schüttelte nur den Kopf, mir war unklar, was ich machen sollte. Sollte ich ihm eine reinhauen? Eben weil er uns alle angelogen hat. Sollte ich ihm in die Arme fallen? Eben weil er für mich ein guter Freund war. Sollte ich einfach abhauen und gehen? Eben weil, er mich nicht sehen will.

Ich konnte aber nichts von dem Tun, weshalb ich wie angewurzelt da stand und die Fäuste ballte. In Zayns braunen Augen bemerkte ich das Kühle, den Hass, den er in sich trägt. Davor sollten wir uns alle fürchten.

"Harry, lass uns gehen!", Belle stand hinter mir. Ich habe nicht bemerkt, dass sie ausgestiegen ist. Sie krallte sich fest an meinem Arm und blickte in Zayns braunen Augen. Sein Gesichtsausdruck hat sich ein wenig verändert. Ich konnte darin seine Verletzlichkeit erkennen. Was ist nur aus ihm geworden? Wieso trieb er es so weit und lügte uns an?

Die Wut in mir stieg immer mehr. "Wieso hast du uns angelogen?", zischte ich. Meine Stimme klang kraftvoll und stark, was ich nicht gedacht hätte. "Geht dich doch nichts an!"

"Ach, ja? Wir haben um dich getrauert. Um so einen wie dich!"

"Wieso trauert ihr auch? Ich bin euch nichts wert!"

"Was redest du da überhaubt?", meine Stimme erhob sich.

Zayn trat etwas näher und sah bedrohlich aus. "Die Wahrheit!"

"Was ist dein Problem?"

"Du bist mein Problem!", er gab mir einen Schubs, provozierte einen Kampf, wie an dem Tag, als wir gemeinsam auf dieser Geburtstagsparty waren und anfingen zu kämpfen.

"Hört bitte auf!", Belles Stimme klang verletzlich, traurig und schwach. Um sie nicht zu kränken, wehrte ich mich nicht. Denn ich wollte mich wirklich nicht mit Zayn schlagen.
Er ist mir zu wichtig.

"Seit wann bist du so geworden?", Belle hatte schon Tränen in den Augen. "Seit wann?", schrie sie laut. "Seit eurer Hochzeit!"

"Wieso?"

"Ich habe keinen Platz mehr in dieser Familie. Ich bin allein. Ich bin nutzlos!"

"Was redest du da?"

"Belle, verdammt. Als ich erfahren habe, dass Yasser nicht mein Vater ist, bin ich durchgedreht. Nur, weil ich mich von dir getrennt habe, weil er mit deiner Mutter zusammen kam. Ich habe die Gefühle abgestellt, dich als meine Schwester gesehen. Aber als Yas mir alles berichtet hat, brach die Welt in mir zusammen. Verdammt. Vielleicht wäre ich derjenige gewesen, der dich geheiratet hätte. Vielleicht hätten wir zusammen einen Sohn", er fing an zu weinen. In mir brannte es wie Feuer. Ich fand keine Worte dazu, auch meine Gedanken spielten verrückt. Ich war also wirklich sein Problem.

Belle P.O.V.

Die Stimme in mir schwieg. Die Stille zeriss mein Herz in tausend Teile. Sprachlos blickte ich in seine braunen Augen, drehte mich zu Harrys grünen Augen. Er schien genauso geschockt zu sein wie ich. Er drehte sich um, ging zurück zu seinem Wagen und stieg ein. Währenddessen blieben seine Fäuste immernoch geballt.

Entsetzt starrte ich umher, bis ich wieder Zayns Augen traf, was sich mit Schmerz füllte. "Verdammt, Belle. Ohne dich will ich nicht leben!", flüsterte er mir zu. Ich schluckte stark, mir war nicht mehr bewusst, ob mein Körper sich noch bewegen konnte.

"Das ist der Grund weshalb ich gegangen bin!", fügte er hinzu. All die Jahre habe ich mich gefragt, wieso er verschwand und einfachso ging. Ich wollte einfach wissen, was passiert ist. Er steht jetzt vor mir und ich kann die Fragen einfach nicht mehr stellen.

Ich konnte Harry nicht in Stich lassen. Vor allem nicht meinem Sohn. Länger konnte ich hier nicht mehr bleiben. "Ich...muss gehen!", meine zittrige Stimme verwunderte ihn. Er nickte nur noch, hob seine Hand, um mein Gesicht in seine Hände zu nehmen. "Ich weiß, es ist an der Zeit für michaus deinem Leben zu gehen, aber ich kann nicht."

Eine Träne fiel ihm über die Wange. Er drückte mir einen Kuss auf die Stirn, wie er es damals auch getan hatte. So viele Jahre sind einfach vergangen. Ich konnte das alles einfach nicht erwidern. Mit langsamen Schritten, drehte ich mich um und ging auf das Wagen zu. Beim Einsteigen zögerte ich ein wenig, bemerkte, das Zayn schon verschwunden war.

Ich stieg ein, lehnte meinen Kopf an die Scheibe und sah zu, wie Harry losfuhr. Meine Gedanken kreisten umher, wie das Auto selbst. Ich dachte an die Tage zurück, an die Erinnerungen und versuchte einen Sinn daraus zu finden. Vergeblich.

"Em..-", Harry hielt inne, versuchte die richtigen Worte zu finden. "Empfindest du was für ihn?", war seine Frage. Die Frage ging zig mal durch meinem Kopf. Ich versuchte eine Antwort darauf zu finden, kam zu dem Entschluss, dass ich die Antwort doch eigentlich kenne. "Nein!" Harry atmete erleichtert tief ein und aus. Sein Lächeln kehrte zurück. Natürlich empfand ich nichts für Zayn. Nur das vorhin, verwirrte mich ziemlich. Verständlich. Es ist etwas was ich nicht gerechnet hatte.

Yes, schon bei Kapitel 60. (Y)

Die Zeit vergeht echt sehr schnell.
Ich weiß noch, als ich anfing diese Geschichte zu schreiben.

Danke nochmal, an diejenigen, die dafür fleißig voten und kommentieren.

Ich freue mich jedes Mal darauf. ♥

Another Love #Wattys2016Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt