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"Hee! Was bei allen sieben Höllen hast du in meiner Scheune zu suchen, Mädchen?!"
Nur schwer öffneten sich meine Augen, die Alpträume verkleben meine Gedanken wie Harz. Mühsam hob ich den Kopf zu einem Mann mittleren Alters. Seine kleinen Augen starrten mich zornig an.
"Ich warte!"
Mit einem Ächzen erhob ich mich aus dem Haufen Stroh. In der vergangenen Nacht war ich noch sehr lange unterwegs gewesen und diese Scheune schien mir als einziges gut geeignet für die Nachtruhe.
"Entschuldigung", nuschelte ich etwas verschlafen und unterdrückte höflichkeitshalber mein Gähnen, "Ich hatte für die Nacht ein Dach über dem Kopf gesucht. Wenn man mittellos ist, ist ein solches schwer zu finden."
Er musterte mich weiter mit seinen kleinen Augen, dann wurden seine Züge etwas sanfter.
"Kriegszeiten sind nicht einfach.. Für welchen König bist du?"
"Wie meinst du das?"
"Naja, es kommen fünf infrage, momentan. Zu welchem stehst du?"
Wollte er mich testen? Was antwortete man am besten auf eine solche Frage? Ich entschied mich für die geschickte Ausweich-Strategie.
"Ich bin für den rechtmäßigen König."
Nun lächelte der Mann. Er schien sich mit der Antwort zufrieden zu geben.
"Du siehst hungrig aus. Ich schlage dir etwas vor - Du machst hier in meiner Schenke den Abwasch und dafür bekommst du etwas zu essen."
Ich konnte froh sein, dass er mich nicht vom Hof jagte! Was blieb mir also anderes übrig, als anzunehmen? Zu gehen wäre hirnverbrannt gewesen!
"Das ist sehr freundlich", murmelte ich und nickte dankbar. Der Mann drehte sich um und führte mich aus der Scheune in die angrenzende Schenke. Ich fragte mich, wie schrecklich ich aussehen musste, dass mich die Gäste allesamt anstarrten.
"Hey, Callan, was hast du denn da aufgegabelt?!", grölte ein Mann aus der hinteren Ecke zu meiner flüchtigen Bekanntschaft.
Callan musste lachen.
"Nimm den Mund nicht so voll, Adryan! Sie ist vielleicht etwas heruntergekommen, aber immer noch hübscher als du!"
Der ganze Raum lachte grölend - selbst Adryan - und Callan drehte sich mit einem Zwinkern zu mir um.
"Hör nicht auf den alten Adryan! Der meint das nicht so."
Ich fühlte mich unwohl und rang mir ein Nicken ab. Männer in einer Schenke waren mir zuwider, vor allem im betrunkenen Zustand. Und das schienen hier alle zu sein.
"Greta, schmeiß den Ofen an! Hier braucht jemand eine ordentliche Portion Eintopf!", rief Callan und eine rothaarige Frau steckte den Kopf durch die Tür hinten in der Ecke.
"Sieben Höllen, was haben sie denn mit dir gemacht?!", rief die Frau und kam auf mich zu. Der eine oder andere Gast klatschte seine Pranke auf ihren Hintern, doch das schien sie nicht zu stören. Wenn das einer bei mir wagen würde, dachte ich mit leisem Knurren.
Greta stand nun direkt vor mir und nahm mein Gesicht grob in ihre Hände. Ich erstarrte und ließ die Prozedur widerstrebend über mich ergehen. Die Rothaarige mit den blattgrünen Augen musterte mich durchdringend.
"Götter, wie mager du doch bist!"
Was erwartest du denn von einer Vollwaise, die zu Kriegszeiten durch die Flusslande streunt, fragte ich mich in Gedanken, sprach dies aber nicht aus. Ich fühlte mich wie Vieh auf einer Zuchtschau. Ich erinnerte mich, wie auf einem Markt einmal eine war. Die eine Kuh dort wurde genauso gemustert wie ich jetzt. Ich riss mich los.
"Es geht schon, danke", murmelte ich und Greta schien zu verstehen.
"Greta, sie macht nachher den Abwasch für dich. Als Gegenleistung für etwas Essen."
"Mit meinem Eintopf solltest du wieder zu Kräften kommen!", sagte sie und verschwand grinsend wieder durch die Tür. Callan sah meine kleine Feldflasche, die an meiner Stoffhose baumelte. Ich erinnerte mich, wie meine Mutter früher immer den Kopf geschüttelt hatte, ihr Lachen erfüllte unsere kleine Küche.
"Habe ich zwei Jungs in die Welt gesetzt? Du sollst doch Kleider tragen, Lena! Und was hast du schon wieder mit deinen Haaren angestellt?? Du bist ein Mädchen!"
"Mama, das ist so viel praktischer für die Hausarbeit", hatte ich ebenfalls lachend protestiert, "Eine Hose lässt mich schneller laufen und kurze Haare stören nicht so bei warmem Wetter oder Regen." Es gefiel ihr natürlich nicht, aber ich hatte den Dickkopf meines Vaters geerbt. Sie hatte gewusst, dass jegliche Diskussionen zwecklos waren und es deshalb dabei belassen. Zwei Jungen... Ich wünschte, es wäre so gewesen! Vielleicht hätte ich sie dann beschützen können! Vielleicht hätte ich die Soldaten bekämpfen und meine Familie retten können...
Trauer überkam mich und ich kehrte zu Callan in die Realität zurück. Nicht aber, ohne mir nochmal durch die kurzen Haare zu fahren. Sie fühlten sich strohig an - das beruhigte mich aus irgendeinem Grund.
"Bier? Sonst hätte ich noch etwas Milch da.."
"Milch trinke ich gerne."
Ich hatte noch nie zuvor Bier getrunken. Ich sah immer, was es mit Menschen machte und hatte etwas Angst davor. Ich wollte nicht wissen, was es mit mir machen würde. Erschreckende Bilder kamen wieder hoch und ich musste mich heftig schütteln, um sie loszuwerden.
Callan war währenddessen zu einem alt aussehenden Mann gegangen und unterhielt sich mit ihm. Etwas verloren stand ich da und sah mich um.
"Komm her, Mädchen!", rief Callan plötzlich und vorsichtig ging ich zu ihm.
"Ja?"
"Du kannst dich hierher setzen, während du auf dein Essen wartest. Thoros ist ein lieber Mann und mit genug zu Trinken ein guter Geselle, nicht wahr?"
"Ich bin kein guter Geselle. Nur ein einfacher Geselle, da ist ein Unterschied. Bring mir bitte noch ein Bier."
Callan ging nickend und ich richtete meinen Blick auf den Mann vor mir.
"Thoros also..?"
"Thoros von Myr, genau. Das ist mein Name. Und wie heißt du?" ...

A Beast's HeartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt