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Zornig starrte ich meinem Jüngsten nach, ehe ich erneut zu meinem Kelch griff und ihn leerte. Wie konnte er auch nur ansatzweise daran denken, Ansprüche auf Casterlystein stellen zu dürfen? Auf dass dann dort Huren seine Beraterinnen bildeten! Schon mein Vater hätte die Lannisters fast in den Ruin getrieben, Tyrion würde dies vermutlich fortführen. Alles, wofür ich jahrelang gekämpft hatte, würde verblassen. Nein, das würde ich in meinem Leben nicht zulassen!
Ich hoffte, es würde ihm eine Lehre sein! Und noch mehr hoffte ich, dass er sich gerade meine letzten Worte zu Herzen nahm. Ich war es Leid, immer ein Auge auf seine Aktivitäten werfen zu müssen. Ich hatte so schon genug zu tun.
Ein leises Seufzen verließ meine Lippen. Warum nur konnte diese kleine Kreatur nicht wenigstens etwas mehr wie Jaime sein, wenn Joanna schon für ihn gestorben war? Tywin, hör auf, dachte ich plötzlich. Du darfst dich von ihm nicht provozieren lassen. Außerdem wartet da noch jemand auf dich...

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Ich hatte mich auf den Balkon zurückgezogen und starrte in den Hof hinab, versuchte mich zu beruhigen. Er war nicht auf mich sauer, sondern auf seinen Sohn. Er würde gleich bestimmt wieder die Ruhe selbst sein - und ich sollte Recht behalten.
Er seufzte zwar, doch er sprach wieder komplett ruhig, als er sich neben mir einfand und ebenfalls in den Hof hinab blickte.
"Was hast du mitbekommen?"
"Alles. Von Anfang bis Ende. Ich habe Euch noch nie so dermaßen zornig erlebt."
Er fuhr sich mit der Hand durch das Gesicht, wirkte plötzlich müde und abgekämpft.
"Ich war auch eigentlich nicht gewillt, es dir zu zeigen. Verzeih mir."
"Es gibt nichts zu verzeihen", murmelte ich leise.
"Casterlystein will er haben... Er hat es doch jetzt schon für diese kurze Zeit nicht hinbekommen, mich als Hand des Königs zu vertreten. Wieso sollte ich ihm dann unser Zuhause in seine kleinen dreckigen Hände geben?"
"Redet nicht so hart von ihm", bat ich leise - und erntete einen finsteren Blick.
"Was weißt du schon?!", blaffte er plötzlich, drehte sich auf den Hacken wieder um und ging hinein. Ich ging ihm nach, legte ihm die Hand auf die Schulter und drehte ihn zu mir herum, ehe ich seine Hände ergriff und mich mit ihm auf das Bett setzte.
"Ich weiß, dass ich jetzt nicht bei Euch sein könnte, wenn er nicht gewesen wäre. Ich würde vermutlich noch immer auf Harrenhal hocken, oder wäre vielleicht längst Opfer einer der Soldaten dort geworden."
Er öffnete kurz den Mund, wollte protestieren. Doch er stockte und schloss ihn schließlich wieder. So sehr er sich auch bemühte, er konnte kein Argument zum Protest finden.
"Dieser "missratenen, boshaften kleinen Kreatur" verdanke ich es, dass ich Euch hierher folgen durfte, Tywin", flüsterte ich nun und nahm vorsichtig sein Gesicht in meine Hände, "Ihm verdanke ich ein Zuhause und das Gefühl von Liebe. Nicht alles, was er tat, ist prinzipiell schlecht."
Er sah mich stumm an, bevor ich ihn zaghaft küsste. Ganz vorsichtig und sanft. In seinen Augen lag wieder dieser traurige Schleier.
"Was habe ich falsch gemacht, dass meine Kinder mir andauernd so auf der Nase herumtanzen?"
"Seid nicht so hart zu Euch selbst, Tywin. Gebt Euch nicht die Schuld dafür. Ihr seid auch nur ein Mensch und Eure Stärken liegen eben woanders."
Er sah mich zweifelnd an und ich strich ihm mit leichtem Lächeln über den Bart. Es war Zeit, mein Herz sprechen zu lassen.
"Ich habe nie von einem besseren Strategen gehört! Euer Zug gegen Stannis war ein voller Erfolg, Ihr habt die Stadt und tausende Seelen gerettet. Ihr lehrtet mich das Lesen, unterrichtetet mich weiterhin in verschiedensten Lektionen - Ihr habt es als einziger wirklich geschafft, komplett bis an mein Innerstes durchzudringen. Durch meinen Panzer, welchen ich mir all die Jahre lang erschaffen hatte. Ihr hieltet all die Jahre all der Last stand. Ich bewundere Euch, Tywin. Es ist mir eine Ehre, in Eurer Nähe verweilen zu dürfen. Ich liebe Euch."
Wir verharrten einen Moment, dann fasste er mich sanft an den Schultern und ließ sich langsam zur Seite auf das Bett fallen. Ich ließ mich von ihm mitziehen, verlor ihn dabei nicht ein einziges Mal aus den Augen. Mein Herz schien zu rasen, als er sich zu mir herüber beugte und seine Lippen auf meine Stirn drückte.
"Und dafür bin ich dir mehr als nur dankbar, Lena. Sei dir dessen immer gewiss!"
"Selbstverständlich", ich überlegte einen Moment, "Habt Ihr eigentlich Hunger?"
"Mir ist nach der Diskussion eben der Appetit vergangen. Ich möchte mich ausruhen."
Ich verstand und wollte aufstehen, da ergriff er meine Hände.
"Nein, du sollst hier bleiben... Es sei denn, du möchtest das nicht, dann darfst du natürlich gehen..."
Es schien ihm fremd zu sein, auf anderer Leute Willen einzugehen. Ich lächelte leicht und strich mit dem Daumen über seinen Handrücken.
"Ich werde bleiben, wenn Ihr es wünscht."
Er nickte und erhob sich, um sein Gewand auszuziehen. Ich blickte unbeholfen weg.
"Du darfst ruhig hinschauen, Lena", murmelte er leise und ich hörte ihn lachen. Doch ich schüttelte den Kopf.
"Ich ... das..."
In Unterwäsche stand er nun vor mir, ergriff plötzlich mein Kinn.
"Sehe ich so schlimm aus?"
Mein Blick glitt unweigerlich über seinen Körper, ehe ich hastig den Kopf schüttelte und hart schluckte. Er sah unwahrscheinlich gut aus!
Mit einem Schmunzeln legte er sich wieder hin, ich schob vorsichtig das Gewand über meinen Körper. In dem dünnen Stoff von Unterhose und Hemd saß ich nun da und verspürte ein Gefühl von Hitze in den Wangen, als ich seinen Blick bemerkte.
"Was seht Ihr mich so an?"
"Du siehst hinreißend aus", raunte er und hielt mir die Hand hin. Ich ergriff sie zögerlich und ließ mich von ihm zu sich unter die Decke ziehen. Sie war dünner als die auf Harrenhal - Aber hier war es auch deutlich wärmer. Ich zitterte dennoch wie Espenlaub, Tywin legte vorsichtig den Arm um mich und strich behutsam über meine Schulter.
"Ganz ruhig, Lena. Dir wird nichts passieren. Ich bin bei dir."
Langsam wurde ich ruhiger, lauschte seinen leisen Worten. Erschöpft gab ich mich dem hin und drehte mich in seine Richtung, schmiegte mich an seine warme Brust.
"Tywin, ich liebe Euch", murmelte ich noch einmal und der Druck seiner Hand um meine Schulter festigte sich etwas.
"Ich dich auch, Lena. Schlaf gut." ...

A Beast's HeartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt