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Ich war traurig, als ich Margaret gegenüber stand. Anfangs war sie mir suspekt gewesen, doch nun mochte ich sie sehr. Sie hatte mich versorgt, als Lorch mich verprügelte und mir mit Lord Tywin und seinem Fieber geholfen. Sie schien mir die engste Verbündete hier und nun musste ich mich auch von ihr wieder trennen. Ja, die Götter hatten einen verdammt schlechten Sinn für Humor.
"Margaret, Lord Tywin will mich mitnehmen. Ich wollte mich von dir verabschieden und noch einmal Danke sagen, dass du mir geholfen hast. Das werde ich dir nicht vergessen!"
Margaret legte die Hand auf meine Schulter und ich zuckte zusammen. Sie verstand und zog die Hand zurück, ehe sie mich musterte.
"Ach, nichts zu danken. So, Lord Tywin will dich also mitnehmen ja?", sie klang bestürzt, "Pass bloß auf dein Herz auf."
"Wie meinst du das?", erwiderte ich. Plötzlich zuckte die alte Magd zusammen und zog mich an den Schultern dichter zu sich.
"In deinem Herz regiert nicht nur Hass, Lena. Höre gut zu, da existiert auch noch etwas anderes, ich habe es gesehen. Lass dich nicht zerstören."
Ehe ich darauf antworten konnte, war Ser Alrik hinter mich getreten.
"Lord Tywin möchte aufbrechen."
Er schien ungeduldig, denn er zog mich einfach mit sich.
"Ich werde eines Tages wiederkommen!", rief ich ihr noch zu, doch sie schüttelte nur den Kopf und verschwand hinter der Ecke.
Ich wollte nicht mit Lord Tywin ziehen, ich wollte hier bleiben. Ich hatte mich an den Gestank und die Gesellschaft gewöhnt. Aber erneut schien mir ein Gefühl von Heim verwehrt. Wut durchflutete mich.
Im Hof saß bereits Lord Tywin im Sattel seines weißen Pferdes, um ihn herum seine Bannerträger. Neben seinem Pferd stand ein etwas kleineres, ein junger Fuchs.
"Ich nehme an, dass du alleine noch nicht so gut reiten kannst, deshalb hältst du dich neben mir", erklärte der Lord. Ehe ich es mich versah, hob Ser Alrik mich in den Sattel. Ich hatte noch nie zuvor auf einem Pferd gesessen, ich fühlte mich unwohl.
"Schau, wie ich die Zügel halte", erklärte Lord Tywin, "Halte sie genauso. Gut so."
Die Halfter der beiden Tiere waren durch einen Strick zusammengebunden, eine Flucht wäre mir also unmöglich gewesen.
"Auf geht's!", rief der Löwe plötzlich laut und die Pferde setzten sich mit einem Schnauben in Bewegung. Starr saß ich da und starrte auf meine Hände, die fest die Zügel umklammerten. Ich bekam kaum noch mit, was um mich herum passierte. Ich hielt mich zitternd im Sattel und konzentrierte mich nur noch auf mein Pferd. 
Erst als wir schon eine ganze Weile geritten waren, wagte ich es, den Blick zu heben. Die Dämmerung setzte langsam ein und als ich mich vorsichtig umdrehte, wurde Harrenhal hinter uns immer kleiner. Es schien, als bildeten die Rotröcke eine lange Schlange, so marschierten sie in Reih' und Glied hintereinander, in den Händen Speere und Schilde. Egal, wohin ich sah, überall ragte mir der goldene Löwe auf rotem Grund entgegen, das Maul zu einem ewigen Brüllen geöffnet. Ich spürte einen zunehmenden stechenden Schmerz in meinem Kopf, je länger ich dieses Wappen sah. So richtete ich meinen Blick einfach starr geradeaus. Wann immer ich kurz nach rechts schielte, sah ich Tywin ebenso starr geradeaus blicken, so als könne er sein Ziel schon direkt vor uns sehen. Ernst blickte er drein, aber anders kannte ihn auch niemand. Wir schwiegen die ganze Zeit, nur die Geräusche von Soldaten und Pferden waren zu hören.
Als die Nacht anbrach, kamen wir in den Teil des Landes, den ich eigentlich nie wieder betreten wollte. Jungfernteich war nicht mehr weit, ebenso der Marktplatz. Seit vielen Jahren der Ort meiner Alpträume. Doch auch wenn ich mich eigentlich dagegen sträubte, so verspürte ich zunehmend den Drang, den Platz zu betreten. Meinen Weg zu gehen zu dieser einen bestimmten Schenke. Und ehe ich es mich versah, richtete ich meinen Blick auf den Löwen rechts von mir.
"Lord Tywin, ich ... hätte da mal eine Frage..."
Zunächst bedachte er mich mit einem Seitenblick. Dann drehte er ganz den Kopf zu mir und sah mich fragend an.
"So, so, du hast eine Frage. Stelle sie mir, ich bin gespannt."
Plötzlich fühlte ich mich äußerst unwohl. Je länger ich in seine neugierig funkelnden, blauen Augen sah, desto unruhiger schien ich zu werden. Schließlich gab ich mir einen Ruck. Es war doch nur eine einfache Frage, was sollte schon passieren? Nun - es war Lord Tywin, dem ich sie stellte. Da konnte alles mögliche passieren.
"Nun, i-ich hatte mich gefragt, ob ... ob ich kurz zu dem Marktplatz hier in der Nähe reiten dürfte..."
"Weshalb sollte ich das erlauben?"
Seine Miene war unergründlich. Seine Stimme war gespickt mit Misstrauen, er schien nicht ein einziges Mal zu blinzeln.
"Ich ... das ist ein Ort von hoher Bedeutung für mich", begründete ich leise und merkte, wie meine Stimme abbrach. Betreten senkte ich den Kopf und wartete auf sein Nein. Doch zu meiner Verwunderung fiel seine Antwort anders aus.
"Kevan, führe die Truppen an, ich muss mir etwas ansehen."
"Aber haben wir nicht gerade dafür Kundschafter?", erwiderte sein Bruder. Tywin wirkte ungeduldig.
"Hier links von mir sitzt womöglich die beste Kundschafterin, was die Flusslande angeht. Jetzt führe die Truppen an, wir holen euch wieder ein."
Kevan nickte, wenn auch verständnislos, ehe Tywin die Hacken in die Seite seines Pferdes stieß und ich es ihm nachtat.
"Du musst mich dorthin führen, Lena. Du kennst dich hier wesentlich besser aus, als ich."
Ich wusste den Weg noch ganz genau, als wäre ich nie einen anderen gegangen. Je näher wir dem Ziel kamen, desto mehr runzelte ich die Stirn. Bilder kehrten zurück, unterschiedliche Erinnerungen stürmten auf mich ein. Wie Wellen brachen sie über mir zusammen und ich brauchte meine volle Konzentration, um mich nicht darin zu verlieren.
Wir stoppten am Rande des Marktplatzes. Er schien wie ausgestorben, keine Menschenseele war zu sehen. Nur in den kleinen Häusern am Rand brannte Licht in den Fenstern, erhellte etwas den sandigen Boden zu unseren Füßen. Ich stieg von meinem Pferd und schluckte...

A Beast's HeartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt