65.

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"Lena! Lena, wach auf, sieben Höllen! Du träumst!"
Einzig und allein der Schein des Kaminfeuers erhellte den Raum, als ich mit einem erstickten Schrei hochfuhr.
"Tywin!"
Ich spürte den Schweiß auf meiner Haut, während mein Herz raste. Voller Angst saß ich da, schnappte nach Luft und wartete vergeblich auf das beruhigende Flüstern meines Löwen. Das zarte leise Versprechen, dass es ihm gut ging und sich dies nicht ändern würde. Das Versprechen, dass ich nie mehr allein war.
Vor mir hockte Darian, die Haare noch zerzaust vom Schlaf.
"H-Hab' ich dich geweckt...? Entsch-schuldige bitte...", stotterte ich und zitterte stark. Er schüttelte den Kopf und zog mich plötzlich in eine Umarmung.
"Ist schon gut. Ich hörte dich rufen und habe dich schnell aufgeweckt. Alles ist gut."
Ich konnte nicht mehr. Ich vergrub das Gesicht an seiner Schulter und begann bitterlich zu weinen.
"Nichts ist gut!...Wenn er jetzt wirklich in den Krieg zieht...und dann..."
Ich konnte es nicht einmal aussprechen. Das Bild von dem toten Tywin hing mir immer noch vor Augen und ließ sich einfach nicht vertreiben.
Darian hielt mich einfach fest und strich mir vorsichtig über den Rücken.
"Kleines, nicht weinen."
Ich erschrak. Er klang genau wie mein Vater!
"Glaubst du, er würde sich jetzt einfach so in eine Schlacht stürzen? Das ist doch bescheuert!"
Ich blickte ihn verweint an, musste stark blinzeln, um wenigstens seine Konturen zu erkennen. Er hatte recht, Tywin war dafür viel zu schlau. Aber die Angst war dennoch da. Angst, ihn an den Tod zu verlieren.
"Ich bin mir sicher, dass er noch in der Hauptstadt ist, wohl behütet von den Wachen der Burg. Denkst du nicht?"
Ich wischte mir unwirsch über die Wangen und nickte knapp. Durch das Weinen versiegte meine Stimme, ich war zum Sprechen nicht mehr fähig.
"Versuch, zu schlafen", flüsterte Darian und drückte mich sanft an der Schulter zurück auf die Liege. Ich starrte ihn panisch an, schüttelte heftig den Kopf.
"Ich habe Angst", hauchte ich tonlos und er ergriff meine Hand.
"Versuche es. Tywin würde bestimmt auch nicht wollen, dass du wach bleibst. Du musst dich ausruhen, auch wenn die Furcht da ist. Ich bleibe bei dir, wenn du möchtest."
Ich nickte und hielt weiter fest seine Hand, während ich langsam erneut die Augen schloss und mich der Erschöpfung gänzlich hingab...

~~~

Am nächsten Morgen war ich schon sehr früh aufgestanden. Je mehr ich arbeitete, desto besser ließen sich die grausamen Gedanken vertreiben. Deshalb machte ich mich auf den Weg zu Cersei, um mit ihr weitere Pläne für die Zukunft zu besprechen. Mein Enkel war dafür nicht geeignet, das wusste sie ebenso gut wie ich.
Ich wollte gerade in ihre Gemächer eintreten und hatte die Hand bereits um den Türgriff gelegt, als ich Stimmen hörte. Cerseis und auch Tyrions.
"Du hast was getan?!", fragte mein jüngster gerade und klang sprachlos, "Wenn er das herausfindet, wird er toben und schäumen vor Wut. Du kennst ihn ganze vier Jahre länger als ich."
"Er wird es nicht herausfinden, glaube mir. Er denkt, sie wäre aus freien Stücken fortgelaufen, diese dumme kleine Hure."
Ich hielt inne, beugte mich leicht vor und runzelte die Stirn. Sprachen sie etwa über Lena und mich?
"Du bist und bleibst grausam, Schwesterherz", sprach nun Tyrion, immer noch hörbar sprachlos, "Denkst du nicht, das wäre die Chance gewesen, ihn einmal milder im Urteil zu erleben? Die Tage, die sie hier war, war er entspannter und längst nicht so bissig wie sonst. Zumindest allgemein betrachtet."
"Was schert mich das? Wenn sie auch nur einen Funken Verstand besitzt, wird sie nicht wiederkommen. Und Vater verhält sich wie immer, also ist das zu verschmerzen."
Mit einem Ruck drückte ich die Tür auf, dass sie krachend gegen die Wand schlug. Meine Kinder hoben ruckartig die Köpfe, Cersei saß noch im Morgenrock am Tisch.
"Vater", begann Tyrion zögerlich, doch ich hob nur die Hand. Meine Wut war in diesem Moment unbeschreiblich groß. Aber ausnahmsweise einmal galt sie nicht ihm.
"Raus! Ich habe mit deiner Schwester zu reden!"
Tyrion warf seinem Gegenüber einen Blick zu, seine Augen funkelten vor Schadenfreude. Dann rutschte er vom Stuhl und ging ohne ein weiteres Wort mit süffisantem Grinsen an mir vorbei. Ich schloss die Tür, behielt die ganze Zeit Cersei im Blick.
"Was willst du schon so früh am Morgen hier?", fragte sie gespielt unwissend. Sie schien wohl zu denken, ich hätte das Gespräch nicht gehört. Ich mahlte mit den Kiefern.
"Stammst du aus Dorne, oder warum verhältst du dich so falsch wie eine Schlange? Hm? Ich kann mich nicht entsinnen, dich so erzogen zu haben!"
Ich musste mich wirklich kontrollieren, um sie nicht anzubrüllen oder ihr eine Ohrfeige zu verpassen. Cersei blickte mich unbeeindruckt an.
"Was meinst du?"
"Glaubst du, deine Kinder wünschen sich, dass es dir gut geht?"
Sie schien verwirrt, nickte aber leicht.
"Ich hoffe es wenigstens. Warum?"
"Nun, bis eben habe ich mir das von euch auch gewünscht. Zumindest von Jaime und dir. Und dann muss ich mitanhören, wie du hinter meinem Rücken Lena vergrault hast. Lena, von der du selbst festgestellt hast, dass ich sie sehr gerne habe. Von wegen, sie wäre undankbar! Das ist ganz allein dein Verdienst! Du kannst dir nicht im Geringsten vorstellen, wie maßlos zornig und enttäuscht ich gerade von dir bin!"
Bei ihr schien der Silberhirsch zu fallen, sie schluckte und erhob sich langsam.
"Vater, ich-"
"Schweig!", donnerte ich und zwang mich sofort wieder zur Ruhe, "Ich werde mit zwei Soldaten sofort los reiten und sie suchen. Und wenn ich sie verloren habe, dann gnaden dir die Götter! Dann lernst du mich einmal richtig zornig kennen, das schwöre ich dir!"
Bevor sie etwas erwidern konnte, drehte ich mich um und verließ ihre Gemächer. Es war, als hätten meine Ansichten eine Wendung in die entgegengesetzte Richtung gemacht. Ich rief mir zwei meiner Soldaten heran.
"Macht euch bereit und sattelt drei Pferde! Wir werden gleich meine Gehilfin suchen gehen und erst wieder hierher zurückkehren, wenn wir sie gefunden haben!" ...

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