29.

351 22 0
                                    

Nachdem ich unter Jeannys bösen Blicken Tywins Mittagessen verspeist hatte und sein Pferd versorgt war, polierte ich seine Rüstung und erwartete den Abend. Ich hatte mir die Sache mit Lorch nochmal durch den Kopf gehen lassen und die Spekulationen zu Arya zogen sich immer noch durch meine Gedankengänge. Ich konnte zwar nicht wirklich glauben, dass sie Lord Tywin schaden wollte, aber dennoch - Gendry, Heiße Pastete und sie waren hier nicht mehr sicher. Sie mussten weg, bevor irgendetwas passierte. Auch wenn ich mich so dagegen gesträubt hatte, so waren sie mir alle drei dennoch sehr wichtig geworden. Und ich konnte den Gedanken nicht ertragen, dass ihnen hier etwas zustoßen könnte.
Mit der Abenddämmerung ging ich in die Küche zu Arya. Sie saß neben Jeanny und bearbeitete Gemüse. Jeanny schwieg wie immer und ihre Stirn runzelte sich noch mehr, als Ich auf beide zu ging.
"Wünscht Lord Tywin etwas", fragte sie und ich nickte leicht.
"Ich brauche Arya einmal kurz. Sie muss mir bei dem Bettzeug des Lords helfen, alleine kriege ich es nicht mehr rechtzeitig zur Nachtruhe sauber und getrocknet", behauptete ich, "Aber sie wird gleich zurück sein, um dir weiter zur Hand zu gehen, keine Sorge."
Jeanny war mir äußerst unsympathisch und ich wusste, dass sich dies niemals mehr ändern würde. Dennoch sprach ich im höflichen Ton. Ganz wie den Soldaten gegenüber.
"Beeilt euch, ich will heute Abend noch fertig werden, ich habe noch mehr zu erledigen."
Ich nickte und zog eilig eine verwirrte Arya hinter mir her, die Treppen hinauf in meine kleine Kammer.
"Was hast du denn plötzlich? Hat dich etwas gebissen?"
Ich schloss die Tür und sah kurz prüfend aus dem Fenster, ob sich irgendwer darunter in Hörweite befand. Doch der Hof war leer, so senkte ich die Stimme und sah Arya durchdringend an.
"Eine verrückte, aber ernst gemeinte Frage, Arya. Und du musst schwören, sie ehrlich zu beantworten, ja?"
Sie nickte verwirrt und ich holte tief Luft.
"Arya, hast du etwas mit dem Tod von dem Soldaten Lorch zu tun?"
"Spinnst du?? Wie kommst du darauf?"
"Man fand heraus, dass es sich bei dem Gift um Wolfswurz handelt. Eine seltene Substanz, die es hier in den Flusslanden nicht gibt. Aber im Norden schon. Lorch trug einen Brief bei sich, den Lord Tywin seit dem vorigen Abend vermisste. Und an jenem Abend hast du als einzige an meiner Stelle den Raum betreten."
Arya sah kurz auf ihre Füße, dann wieder zu mir.
"Das kannst du doch nicht ernsthaft glauben!"
"Wolfswurz, Arya. Soweit ich weiß, ziert ein Wolf das Banner der Starks. Die Starks leben soweit ich mich erinnere im Norden - der Heimat dieser giftigen Pflanze. Entschuldige bitte, aber das wirkt auf mich alles extrem verdächtig, zumal Lord Tywin gegen deinen Bruder zieht. Also nochmal - Hast du etwas damit zu tun?"
"Hast du vor, mich zu verraten?"
Ich weitete meine Augen und erwiderte ihren Blick. Provozierend reckte sie das Kinn und sah zu mir hinauf. Also hatte ich doch recht gehabt! Ich wusste nicht, wie ich darauf reagieren sollte. Ich atmete ein und aus, dann fuhr ich mir durch die Haare.
"Ich will dich nicht verraten, ich will dich beschützen. Dich und auch Gendry und Heiße Pastete. Wenn ich herausfinden kann, wer das war, dann kann es Lord Tywin erst recht. Ihr müsst so schnell wie möglich fliehen, Arya. Hörst du??"
Ich packte sie an den Schultern, zwang mich zur Ruhe, um nicht die Stimme zu heben. Sie sah zu mir hinauf, in ihre Augen trat etwas wehleidiges.
"Kommst du nicht mit?"
Dieser Anblick versetzte mir einen fiesen Stich, sie erinnerte mich an meinen kleinen Bruder. Ich atmete tief durch und schüttelte langsam den Kopf.
"Ich kann nicht mitkommen, das ist zu gefährlich. Wenn ich gehe, wird Lord Tywin nach uns suchen, weil ich zu viel von seinen Schlachtplänen weiß. Wenn ihr alleine geht, wird es ihm vielleicht gar nicht erst auffallen. Offiziell wisst ihr von seinen Machenschaften ja nichts, verstehst du?"
Arya nickte, wirkte allerdings überhaupt nicht überzeugt. Ihre großen runden Augen begannen zu glitzern und ich musste wegsehen. Zu deutlich sah ich nun wieder meinen kleinen Bruder und der Schmerz überfiel mich erneut. Ich ließ ihre Schultern los - und erstarrte komplett, als sie plötzlich vorstürzte und die Arme um mich schlang.
Ich kannte das Gefühl einer Umarmung nicht mehr.
Es war mir fremd und zuwider.
Ich runzelte die Stirn, bewegte mich kein bisschen. Arya schien dies zu merken und entfernte sich.
"Entschuldige... Ich möchte aber nicht ohne dich gehen!"
"Gendry und Heiße Pastete werden auf dich achten. Und falls es mir irgendwie einmal möglich sein sollte, werde ich euch nachgehen."
"Immer gen Norden, bis du Winterfell erreichst. Dort werden wir auf dich warten", flüsterte Arya und ließ den Tränen freien Lauf. Ich schluckte schwer und nickte.
"Winterfell, ich werde es mir merken. Nun geh und kümmere dich um einen Fluchtplan."
"Ich weiß schon, wie wir es machen werden. Noch heute Abend ziehen wir los."
Ich ergriff kurz ihre Hand und sah ihr noch ein letztes Mal in die sturmgrauen Augen.
"Ich werde hier am Fenster stehen und euch nachsehen, du hast mein Wort." ...

A Beast's HeartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt