34.

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Fassungslos starrte ich die Frau vor mir an. Was hatte sie mich da eben gefragt?! Verliebt in Lord Tywin? Ich??
"Niemals in meinem Leben!", knurrte ich finster, "Und jetzt geh bitte mit Margaret. Ich brauche gesunde Weidenrinde, so viel wie ihr finden könnt."
An Margaret gewandt fügte ich noch ein "Bitte" hinzu und zum ersten Mal bekam ich ein leichtes Lächeln von ihr. Sie zog Jeanny hinter sich her, während ich Äpfel, Thymian, Holunder und Pfefferminze zusammensammelte. Aus dem Holunder würde ich nachher etwas Saft pressen und aus den Äpfeln dann Mus machen. Aus den Pfefferminzblättern kochte ich Tee, all das mit höchster Konzentration. Eine zweite Köchin hatte ich mit einer Hühnersuppe beauftragt.
"Haben wir noch Holunderblätter?", fragte ich über die Schulter.
"Nein, aber ich weiß, dass sie nicht weit von hier zu finden sind. Ich gehe schnell welche holen!", antwortete eine Magd.
"Sehr gut. Lord Tywin wird mich dafür zwar vermutlich hassen, aber eine Schwitzkur wird ihm gut tun."
Ich nahm den Pfefferminztee und überließ die kochenden Obsttöpfe einer anderen Köchin. Die Hühnersuppe war auch schon in Arbeit, wie ich leicht lächelnd erkannte.
Dann lief ich zurück zu Tywin, der mich mit müden Augen ansah. Sein Zustand hatte sich anscheinend rapide verschlechtert.
"Mir ist schwindelig", klagte er leise, "Und ich habe Durst!"
"Ich habe Euch Pfefferminztee gekocht, Mylord. Bis ich Holunderblätter bekomme, dann machen wir damit weiter. Passt auf, der Tee ist noch recht heiß."
Meine Stimme wurde zunehmend wärmer. Vorsichtig reichte ich ihm den Tee und erneuerte seine Wadenwickel. Bis auf das starke Zittern lag Tywin ruhig da und ließ mich machen. Er begann den Tee zu trinken, verzog zwar das Gesicht, doch er beschwerte sich nicht. Wahrscheinlich fehlte ihm dazu die Kraft.
"Ich bringe Euch gleich eine Hühnersuppe, damit ihr bei Kräften bleibt. Desweiteren probiere ich verschiedene Teesorten. Ich werde das Fieber senken, ich verspreche es Euch!"
"Wo...hast du das..gelernt?", fragte er leise und ich sah, wie seine Lider schwerer wurden. Ich nahm ihm sanft den Tee aus der Hand und stellte ihn auf den kleinen Tisch neben dem Bett. Dann legte ich nochmal kurz die Hand auf seine Stirn.
"Ruht Euch gut aus, Mylord. Wir kriegen das wieder hin."
Er nickte leicht und schloss die Augen. Kurz darauf fiel sein Kopf etwas zur Seite und sein Atem ging tiefer. Ich blieb einen Moment stehen und beobachtete ihn. Von dem Lord gestern war nichts mehr zu erkennen. Es war, als läge hier ein komplett anderer Mensch.
Ich verließ den Raum und kehrte in die Küche zurück, begleitet von einem komischen flauen Gefühl im Magen. Ich runzelte die Stirn, dieses Gefühl war mir unbekannt. Wo kam es plötzlich her? Was passierte da mit mir?
Zurück in der Küche sah ich sofort nach der Suppe.
"Schön... solange er schläft, lassen wir das Ganze ziehen. Vielen Dank für eure Hilfe."
Ich kann mich nicht erinnern, wann ich zuletzt so oft angelächelt wurde. Und es gefiel mir...

Ich blätterte in einem Buch, als Lord Tywin sich regte. Nach Margarets Rückkehr hatte sie mir vorgeschlagen, dass es besser sei, an seiner Seite zu bleiben, falls es ihm plötzlich schlechter gehen sollte.
Als ich eine Bewegung wahrnahm, schlug ich das Buch zu. Seine Lider flatterten etwas, er warf den Kopf hin und her, murmelte im Schlaf. Ich hockte mich neben ihn auf den Boden und ergriff seine Hand.
"Lord Tywin, Ihr träumt! Wacht auf!"
Er schlug die Augen auf und schnappte nach Luft. Hektisch sah er sich um, bis er seine Umgebung realisierte.
"Alles ist gut, Mylord. Ihr habt nur mal wieder schlecht geträumt."
"Lena...?"
"Wartet hier, ich komme sofort wieder!"
Ich lief los und kehrte kurze Zeit darauf mit einem neuen Tee wieder. Diesmal allerdings keine Pfefferminze.
"Das ist Thymiantee, Mylord... Gegen Alpträume. Ich bin kein Maester, deshalb habe ich mich vom Nachtschatten besser ferngehalten."
Ich reichte ihm die Tasse, die er zitternd entgegen nahm. Gemeinsam hielten wir sie fest, alleine hätte er sie verschüttet. Er trank ein wenig und sah sich müde um.
"Ich muss noch..."
"Liegen bleiben, Lord Tywin."
Ich ließ ihn die Tasse leer trinken, dann stellte ich sie zur Seite und erneuerte seine Wadenwickel.
"Habt Ihr Hunger?"
Er schüttelte kaum merklich den Kopf. Ich wollte aufstehen und gehen, doch er griff plötzlich nach meinem Handgelenk.
"Bleib...", flüsterte er tonlos, bevor er erneut in einen Schlaf fiel. Seine Hand umklammerte mein Handgelenk und ich setzte mich ganz langsam und ganz vorsichtig auf den äußersten Rand der Bettkante...

A Beast's HeartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt