59.

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Ich hatte gerade Tywins Gewänder gewaschen und zum Trocknen aufgehängt, da hörte ich plötzlich eine tiefe Stimme hinter mir.
"Die Königin will dich sofort sehen!"
Ich drehte mich zu dem Goldrock um und legte fragend den Kopf schief.
"Hat sie gesagt, warum?"
"Nein. Und jetzt komm endlich, sie wartet nicht gerne!"
Das hat sie von ihrem Vater, dachte ich und ein amüsiertes Schmunzeln zog über mein Gesicht, ehe ich dem Goldrock in die Burg folgte.
Die Königin saß an einem kleinen Tisch, als ich ihre Gemächer betrat. Vor ihr stand eine zur Hälfte geleerte Karaffe Wein und ein Kelch. Sie blickte zu mir auf, als ich die Tür hinter mir schloss und einen Knicks andeutete.
"Ihr wolltet mich sehen, Majestät?"
Sie war wirklich eine Schönheit, durch und durch. Sie ist Tywins Tochter, was hast du anderes erwartet, kam es mir wieder in den Sinn und erneut musste ich kurz schmunzeln.
"Die meisten, die ich zu mir rufen lasse, schmunzeln nicht", kommentierte die Königin mit sanfter Stimme. Sanft und doch mit dem gewissen nachdrücklichen Unterton, der einen das Fürchten lehren konnte. Mein Schmunzeln verschwand sofort.
"Ich war in Gedanken, Euer Gnaden. Verzeiht bitte."
Sie schnaubte amüsiert.
"Ich kann es dir nicht verübeln. Du musst ja ständig in Gedanken sein, wenn du die Hälfte des Tages bei meinem Vater in seinem Turm verbringst."
Ich hielt inne, doch sie sprach einfach weiter.
"Du schaust ihm gerne bei der Arbeit zu, nicht wahr? Natürlich, ich sehe es dir an. Ich habe es dir schon das erste Mal angesehen, als ich dich in Pycelles Labor habe liegen sehen. Auch wenn es mich etwas wundert, wo du doch noch so jung bist."
Ich schluckte, mein Blick lag stumm auf ihr. Wusste sie etwa, dass ich...?
"Was kann ich f-für Euch tun, meine Königin?"
Meine Stimme zitterte. Ihr Blick war wachsam wie der einer Katze auf der Jagd. Einer Löwin, die ihre Beute beobachtete und den tödlichen Schlag abwartete.
"Liebst du ihn?", fragte sie plötzlich unvermittelt und ein heiß-kalter Schauer lief mir über den Rücken. Woher wusste sie das? Ich hatte mich nie auffällig gegenüber anderen verhalten.
"Liebst du meinen Vater?"
Was sollte ich nun tun? Sollte ich lügen? Sollte ich ausweichen und fliehen? Sie war Tywins Tochter, sie würde mich überall finden, das wusste ich genau. Ich strich mir selbst über den Arm, ehe ich knapp nickte und mein Blick den Boden fand.
"Ja, Majestät."
"So sehr, dass du für ihn den Tod in Kauf genommen hast... Alle Achtung. In dir muss viel Mut stecken, dass du zu dieser Entscheidung fähig warst. Mut oder Dummheit."
"In der Liebe tut man viele verrückte Dinge, habe ich mir sagen lassen", sagte ich vorsichtig, während sie an ihrem Kelch nippte. Ich fühlte mich sehr unwohl.
"Das ist wahr, Kleine. In der Liebe tut man viele verrückte Dinge... Vor allem in der Liebe zur Familie."
Sie sah mich direkt an, ihre smaragdgrünen Augen funkelten plötzlich. Ich schluckte und legte leicht fragend den Kopf schief.
"Was w-wollt Ihr mir damit sagen?"
"Glaubst du wirklich, ich lasse es zu, dass sich irgendeine kleine Bauerngöre in meine Familie schleicht?", ihre Stimme hatte nun jegliche Art von Wärme verloren, ihr Gesicht war hart, "Hast du ehrlich gedacht, mein Vater würde etwas für dich empfinden? Du musst wirklich unfassbar naiv sein, dass du das geglaubt hast! Mein Vater hat in seinem gesamten Leben nur eine Frau geliebt! Nur eine einzige!"
Sie stand langsam auf, ging noch langsamer auf mich zu. Ihr Kleid raschelte, als es über den Boden strich, in meinen Ohren rauschte das Blut. Mein Herz schlug unfassbar schnell, als ich etwas ängstlich zu der Blonden sah. Sie stand nun direkt vor mir, ihr Blick bohrte sich in den meinen.
"Meine Mutter! Du dagegen bist nichts dergleichen für ihn! Vielmehr ein Klotz am Bein, den er von Harrenhal mit hierher tragen musste."
Ich zog minimal den Kopf ein, Schmerz durchzog mich. Was würde nun folgen?
"W-was habt Ihr nun vor, Majestät?"
Plötzlich war sie wieder ganz sanft und lächelte so gelogen liebevoll wie zu Beginn.
"Heute Nacht wird im Stall ein Pferd gesattelt auf dich warten. Wenn du bis zum Morgengrauen nicht verschwunden bist, werde ich dich erneut zu mir holen und dann können dir nicht einmal mehr die Götter helfen. Du hast meinen Vater nun lange genug behelligt, er wird deine Dienste nicht länger benötigen. Er zog es sowieso immer vor, für sich allein zu sein."
Ich starrte sie lange an, unfähig zu sprechen. Ich sollte gehen? Ich sollte Tywin verlassen? Aber das konnte ich doch nicht tun!
"Geh lieber, bestimmt hast du noch letzte Vorbereitungen zu treffen. Und halte dich von meinem Vater fern!"
Sie kehrte wieder zu ihrem kleinen Tisch zurück und füllte sich neuen Wein ein. Ich spürte bereits die ersten Tränen in meinen Augen brennen, als ich mich schnell abwandte und aus dem Raum flüchtete. Sie war Tywins Tochter. Sie würde zu ihrem Wort stehen. Angst erfüllte mich, als ich in meine kleine Kammer floh und die Tür zu zog. Tywin verlassen... Wie könnte ich? Ich liebte ihn!
Sie will dich töten, Lena, rief meine innere Stimme. Du solltest verschwinden...

A Beast's HeartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt