33.

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"Aufstehen, Lord Tywin."
Meine Stimme klang monoton und rau, ganz fremd. Der Berg unter der Decke regte sich mit einem Brummen, dann drehte sich Tywin auf den Rücken und öffnete verschlafen seine Augen. Er blinzelte und sah sich um, schien mich gar nicht zu bemerken.
"Hattet Ihr eine angenehme Nacht?", fragte ich und bemerkte zu spät den patzigen Unterton in meiner Stimme.
Der Lord setzte sich aufrecht hin und musterte mich.
"Was soll diese Frage?"
Er klang etwas heiser. Ich setzte meinen gleichgültigen Blick auf und zuckte mit den Schultern. Plötzlich schien er die Anspielung zu verstehen. Seine Augen weiteten sich minimal.
"Du weißt davon?"
Ich nickte und drehte mich um. Er sollte mein Gesicht nicht sehen, welches sich bei dem Gedanken verzog. Ich holte ein sauberes Gewand aus der Truhe.
"Ich muss mich vor dir nicht dafür rechtfertigen", knurrte er leise.
"Natürlich nicht, Mylord", erwiderte ich so beiläufig wie möglich, "Geht mich doch nichts an, mit wem Ihr Euer Bett teilt."
Wie oft hatte ich diesen Satz in der vergangenen Nacht geflüstert, bevor ich endlich hatte schlafen können? Und wie oft war ich mit leisem Schreien aufgewacht, nachdem mich Jeannys Seufzen in meinen Träumen verfolgt hatte?
Ich hörte hinter mir ein dumpfes Poltern und drehte mich um. Der Lord machte Anstalten, aufzustehen. Jedoch schien er sehr wackelig auf den Beinen, er taumelte und fiel zurück auf das Bett.
"Sieben Höllen", knurrte er leise zu sich selbst und versuchte es erneut.
Ich zuckte mit einer Augenbraue und ging langsam auf ihn zu. Ehe er etwas dagegen tun konnte, legte ich die Hand auf seine Stirn. Die Haut fühlte sich heiß an.
"Mylord, ich glaube, Ihr habt Fieber."
"Ach was", erwiderte er gereizt, "Ich muss einen Krieg führen, ich habe keine Zeit für irgendwelche Krankheiten."
Er massierte sich das Nasenbein, kniff fest die Augen zusammen und zitterte. Ich drückte ihn an den Schultern zurück ins Bett.
"Ihr seid krank, Mylord. Ob Ihr wollt oder nicht."
Er sah mich mit einem vernichtenden Blick an, den ich kühl erwiderte. Er brummte schlecht gelaunt und schlüpfte zurück unter die Decke. Er schüttelte mehrfach den Kopf, wirkte etwas benommen.
Da Harrenhal nur ein vorübergehender Stützpunkt war, gab es keinen Maester. Ich erinnerte mich krampfhaft zurück, als mein Bruder und mein Vater krank gewesen waren und an Fieber litten.
"Ich mache Euch Wadenwickel, dann schaue ich, was ich für Kräuter finden kann. Ihr werdet das Bett hüten, verstanden?"
Ich bemerkte, wie meine Stimme einen Befehlston annahm. Tywin lag zitternd unter seiner Decke und nickte leicht. Auch wenn sich ein milchiger Schleier durch seine Augen zog, so sprach sein Blick Bände - Er war von der Idee überhaupt nicht begeistert.
Ich lief los und besorgte saubere Tücher und warmes Wasser für die Wadenwickel. Der Lord ließ die Prozedur schweigend über sich ergehen und starrte in sämtliche Ecken des Raums.
"Liegen bleiben. Ich komme bald wieder", sagte ich, nachdem ich geendet hatte und lief erneut los, diesmal in die Küche.
"Was hat dich denn gebissen?", fragte Margaret verwirrt, als ich eilig an ihr vorbeilief und die Vorratsschränke kontrollierte.
"Lord Tywin hat Fieber."
"Geschieht ihm recht", hörte ich Jeanny leise hinter mir knurren und hielt inne. So schnell konnte ich mich nicht kontrollieren, da fuhr ich herum, ging auf sie zu und verpasste ihr eine schallende Ohrfeige.
"Geht's noch??", fragte sie und starrte mich zornig an.
"Lustig, genau das wollte ich dich eben auch fragen! Erst den Lord verführen wollen und ihm dann Fieber wünschen!"
Meine Stimme bebte, ich hatte Mühe damit, die Kontrolle wiederzufinden. Um uns herum wurde es still, alle starrten gebannt auf Jeanny und mich. Sie starrte mich nur geschockt an, ich ließ meiner Wut freien Lauf.
"Habt ihr alle nichts zu tun? Dann könnt ihr mir helfen! Ich brauche Esche, Thymian, vielleicht etwas Brunnenkresse, Holunder, Weide, gelben Enzian und wenn es geht, Pfefferminze!", knurrte ich und sah durch den Raum. 
"Apfel, Thymian, Holunder und Pfefferminze haben wir noch", meldete eine Magd und ich nickte ihr dankbar zu.
"Ich weiß, wo wir gelben Enzian finden!", rief eine andere, "Dazu brauche ich allerdings einen Soldaten, mit dem Pferd geht es schneller."
"Wir brauchen nur die Wurzeln. Geh in den Hof und bitte Ser Alrik um Hilfe. Er würde alles tun, wenn es um seinen Lord geht, das weiß ich", entgegnete ich und sie lief los.
"Weiden finden wir am Götterauge", erklärte Margaret und ich nickte erneut.
"Dann sollten wir uns auf den Weg machen."
"Nein, Lena. Bleibe du bei dem Lord, ich werde Jeanny mitnehmen."
Jeanny schnaubte und verschränkte die Arme.
"Ich werde dem nicht helfen!"
"Jetzt hör mir mal zu, du Möchtegern-Hure", knurrte ich und machte noch einen Schritt auf sie zu, "Wenn es ihm wieder besser geht, werde ich dich vor seine Füße zerren und erklären, dass du deine Hilfe verweigert hast. Ich denke nicht, dass er das ungestraft lassen wird, was meinst du?"
"Wer hat dich jetzt eigentlich zur Lady ernannt, dass du mir Befehle erteilen willst?"
Gereizt verdrehte ich die Augen. Ich hatte keine Zeit zum Streiten.
"Ich kann dich auch nicht leiden. Aber ich werde nicht tatenlos zusehen, wie Lord Tywin an seinem Fieber zugrunde geht!"
Sie sah mich plötzlich triumphierend an und grinste hämisch.
"Was denn, sind wir etwa in den Lord verliebt?" ...

A Beast's HeartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt