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Nachdem wir gegessen hatten, saß Tywin wieder an seinem Schreibtisch und ich immer noch an dem großen in der Mitte des Raumes. Er hatte mir Papier, eine Schreibfeder und Tinte gegeben und damit sollte ich nun eine Planungsliste für unsere "offizielle" Hochzeit erstellen.
"Du bist heute wieder sehr amüsant", bemerkte ich und verdrehte die Augen, "Woher bei allen sieben Höllen soll ich denn wissen, was es alles für eine Hochzeit am Hof braucht? Hm? Ich habe davon so wenig Ahnung wie ein Pferd vom Steppen!"
Tywin blickte zu mir auf, faltete ordentlich die Hände und stützte sein Kinn darauf. Ein leichtes Lächeln umspielte seine Mundwinkel.
"Weißt du, hier leben nicht nur wir, meine Liebe. Warum suchst du dir nicht jemanden, der dir dabei helfen kann?"
"Warum hilfst du mir nicht?", erwiderte ich und er schnaubte amüsiert.
"Komm mal her."
Ich stand auf und tigerte zu ihm. Er zog mich auf seinen Schoß und tippte auf eine Karte.
"Drei der sieben Königslande befinden sich in einer Rebellion. Ich muss alles dafür tun, um etwas derartiges zu verhindern. Verstehst du das?"
"Tywin, ich bin vom Land, aber blöd bin ich nicht!"
Er seufzte und strich mir über die Flanke.
"Das habe ich auch nicht behauptet. Ich kann Dummheit nicht leiden, also kannst du auch nicht dumm sein. Ich wollte dir damit nur lediglich sagen-"
"Dass du zu beschäftigt bist, um mit deiner zukünftigen Gattin deine Hochzeit zu planen, ich weiß."
"Ich werde mir deinen Plan heute abend ansehen und dann meine Meinung dazu äußern. Ist dir das als Kompromiss recht?"
Ich wollte verneinen, doch als ich ihm in die Augen sah, verlor ich mich bereits wieder darin.
"Kann ich nicht trotzdem hier bei dir bleiben?", fragte ich leise und er strich mit seiner Hand über meinen Rücken.
"Ich würde es natürlich gutheißen, wenn es nicht meine Konzentration so stark beeinflussen würde."
Ich grinste frech und legte einen Finger unter sein Kinn, bevor ich ihn intensiv küsste.
"Meinst du so? Ist das nicht gut für deine Konzentration?"
"Ab mit dir", raunte er und ich legte meine Hand auf seinen freien Oberschenkel.
"Willst du das wirklich?"
Er atmete tief ein und schloss ganz kurz die Augen, bevor er entschlossen nickte.
"Frage doch die Lady Margaery mal, ob sie dir behilflich sein kann. Immerhin muss auch sie bald eine Hochzeit planen."
Ich seufzte und erhob mich.
"Tywin, das gefällt mir nicht."
Er legte leicht fragend den Kopf schief und ich erklärte.
"Ich will nicht ohne dich da draußen herumlaufen. Ich...ich fühle mich komplett fehl am Platz!"
"Du bist aber nicht fehl am Platz, hörst du? Du gehörst hier genau so hin, wie jeder andere auch. Jetzt geh und plane. Ich setze mein vollstes Vertrauen in dich, dass du das schaffen wirst."
Ich seufzte, beugte mich noch einmal vor und küsste ihn sanft.
"Wenn ich heute Abend wieder hier bin, legst du die Feder weg! Ist das klar?"
"Willst du mir Befehle erteilen?", erwiderte er und blickte mich direkt an.
"Wenn es sein muss."
"Ab mit dir."
Er war nicht wütend, seine Augen verrieten ihn. Auch wenn seine Kiefer gerade mahlten, so funkelten seine Augen belustigt. Ich drehte mich um und verließ den Turm. Aber wo sollte ich nun Lady Margaery suchen?
Die zukünftige Königin befand sich im Garten, als ich hinaus trat. Die Sonne schien warm in die Gärten und die Blumen blühten in sämtlichen Farben.
"Lady Margaery?", fragte ich bedacht und die angesprochene drehte sich zu mir um.
"Lady Lena!", rief sie aus, "Was für eine Überraschung! Was kann ich für Euch tun?"
Schon jetzt hatte sie mich bei meinem zukünftigen Titel genannt. Das war mir völlig fremd, doch ich ging nicht weiter darauf ein. Es bestärkte mich irgendwie.
"Mein zukünftiger Gatte wünscht, dass ich die Hochzeitsplanung übernehme. Allerdings habe ich davon leider keine Ahnung. Hättet Ihr vielleicht etwas Zeit übrig, um mir dabei ein wenig behilflich zu sein?"
Ihre Augen leuchteten, ehe sie nickte.
"Oh, nur allzu gerne! Aber kommt, wir wollen uns hinsetzen!"
Sie führte mich zu einem der unzähligen Tische und mit Wein und etwas Kuchen begangen wir eine Liste zu erstellen. Ich erfuhr, dass diese Hochzeit etwas anders ablaufen würde, als ich es kannte. Die Worte waren zwar dieselben, aber zudem würde Tywin - so erklärte mir die Tyrell - mich in einen Mantel hüllen, als offizielles Versprechen der Obhut und dem endgültigen Eintritt in die Familie. Wenn ich so darüber nachdachte, gefiel mir diese Vorstellung irgendwie.
"Da der Mantel vermutlich scharlachrot sein wird", überlegte Margaery gerade, "Würde ich vorschlagen, Euer Kleid in einer anderen Farbe zu wählen."
"Etwas sandfarbenes vielleicht?", fragte ich und erinnerte mich an das Gewand, welches ich bei unserer ersten Hochzeit getragen hatte. Margaery überlegte weiter.
"Wäre durchaus denkbar, ja. Aber heller Sand, fast schon golden, würde ich sagen. Um Eurem zukünftigen Wappen gerecht werden zu können, Gold und rot wie es ist. Wenn Ihr erlaubt, mache ich mich mit Euch zusammen gerne auf die Suche nach einem passablen Stoff."
Ich nickte dankbar und richtete meinen Blick auf das Papier, welches ich aus dem Turm mitgenommen hatte.
Weitere Punkte wurden notiert, während die Sonne langsam ihre Runde ging und sich in Richtung Westen bewegte. Wie schnell die Zeit doch vergehen konnte! Zum Ende hin war das Blatt so voll geschrieben, dass ich einen Moment warten und die Rückseite verwenden musste. Ich hatte nicht erwartet, dass es so viel werden würde.

"Ich finde es richtig schön, dass Ihr mich um Rat gefragt habt, Mylady. Das ehrt mich", sprach Margaery nach einer Weile und ich nickte. Sie war nett, höflich und zuvorkommend, keine Frage! Aber mein Gefühl sagte mir, dass ich vorsichtig sein musste. Ich vertraute niemandem hier, außer natürlich Tywin.
"Es war mir eine Ehre, Hilfe bei Euch zu finden, Mylady Margaery."
"Sagt, werdet Ihr und Lord Tywin uns heute Abend beim Essen Gesellschaft leisten?"
"Ich denke nicht, dass Cersei das gutheißen würde", ich war stolz auf meine ausgebaute Ausdrucksweise, "Wenn man bedenkt, wie es gestern lief."
"Es tut mir so leid, was passiert ist. Euer erster Eindruck muss fürchterlich sein."
"Es ist nicht mein erster Eindruck", erwiderte ich und erhob mich langsam, "Deshalb war ich mir vom vornherein bewusst, was mich erwarten würde. Es braucht Euch nicht leidzutun, Ihr habt ja nichts damit zu tun."
"Wir haben etwas gemeinsam", sagte sie plötzlich fröhlich und ich blickte sie verwirrt an.
"Ist dem so?"
"Ja. Wir beide sind neu in der Familie."
"Bloß mit dem kleinen, aber feinen Unterschied, dass Euch der Respekt sicher ist und ich mir den meinen wohl noch verdienen muss."
Auch Margaery erhob sich nun.
"Also, mein Respekt ist Euch sicher, Lady Lena. Zum einen im Anbetracht der Tatsache, dass Ihr für Lord Tywin Euer Leben gegeben hättet und zum anderen in Anbetracht dessen, dass Ihr trotz der Vorkommnisse immer noch an seiner Seite weilt."
"Selbstverständlich. Alles andere wäre qualvollste Tortur, wie ich feststellen musste. Aber sagt, ist es denn wirklich so heiß umstritten, dass ich ihm in die Schlacht folgte? Ich hatte gedacht, der Trubel darum würde sich schnell wieder legen."
"Ihr Götter, nein! Etwas derartiges hört man hier am Hof selten! Meine Großmutter, die Lady Olenna, war ganz erstaunt, dass es jemand fertig bringt, das Leben eines anderen über sein eigenes zu stellen."
"Vor allem, wenn dieser jemand der knurrige alte Lord Tywin Lannister ist", sprach plötzlich eine alte Stimme hinter mir und ich drehte mich um. Rosen zierten ihr Gewand, sie sah Margaery sehr ähnlich.
"Lady Olenna, nehme ich an?", sprach ich und sie nickte. Ich neigte vor ihr höflich den Kopf und unterdrückte die aufkommende Wut. Ich mochte es nicht, dass sie Tywin als alt und knurrig betitelte. Auch wenn dies vielleicht zutreffen mochte.
"Lord Tywin ist gewiss nicht mehr ganz so knurrig wie zuvor", sagte ich dann dennoch und in meine Stimme legte sich ein nachdrücklicher Unterton.
"Oh, ich bin sicher, dafür sorgt Ihr", erwiderte Lady Olenna und grinste leicht, "Ich komme einfach nicht darüber hinweg, was Ihr für ihn bereits alles auf Euch genommen habt. Er sollte sich glücklich schätzen!"
"Nun, ich bin sicher, dass das jede Frau tun würde für den Mann, den sie über alles liebt. Ich hätte es nie mit mir vereinbaren können, ihn sterben zu lassen, obwohl ich etwas dagegen hätte tun können."
Die alte Lady nickte bedächtig und musterte mich lange.
"Ihr werdet das Leben hier noch sehr erfrischen, Lena."
"Ach wirklich?"
"Zweifelsohne! Ich hörte, dass Cersei Euch gestern Abend stark eingeheizt hat. Eine widerliche Geste, wenn Ihr mich fragt. Wo Ihr doch zur Familie gehört."
"Eben deswegen bin ich gewillt, ihr dies zu verzeihen, wir bilden eine Familie und diese braucht Zusammenhalt", sprach ich plötzlich und erntete fragende Blicke, "Wenn mein Vater mit einer neuen Frau zu mit gekommen wäre, hätte ich dies auch nur schwer verarbeiten können. Ich denke, das ist ein normales Verhalten. Zudem, so denke ich weiter, wäre alles nicht so schön für uns geworden, wäre ich nicht weggewesen."
Plötzlich spürte ich starke Arme, die sich von hinten um mich legten und warmen Atem in meinem Haar.
"Es freut mich, zu hören, dass dir mein recht plötzlicher Heiratsantrag doch zugesagt hat", flüsterte Tywin und jagte mir damit so manche Schauer über den Rücken.
"Lord Tywin, ich muss schon sagen, Eure Gattin ist eine ganz reizende Persönlichkeit. So erfrischend ehrlich, wenn auch etwas verrückt."
Ich blickte zu Tywin hoch, der Olenna mit seinem Blick förmlich aufspießte.
"Bei ersterem stimme ich Euch ohne Zweifel sofort zu. Aber ich verbitte mir, sie als verrückt einstufen zu lassen!"
Ich strich ihm beruhigend über die Arme und wandte mich erneut Olenna und Margaery zu.
"Wenn Ihr uns nun entschuldigen würdet, ich möchte mit meinem Gatten die neuen Pläne durchgehen."
Margaery lächelte verstehend, neigte den Kopf und hakte sich bei ihrer Großmutter unter.
"Komm, Großmutter, wir gehen noch ein wenig spazieren."
"Wie du wünschst. Lord Tywin, Lady Lena, man sieht sich."
Wir neigten die Köpfe und sahen die Tyrells gehen, dann knurrte Tywin leise.
"Komm, wir gehen an einen ruhigen Ort", murmelte ich und warf einen Blick auf die ganzen Augenpaare, die auf uns lagen, "Die Hecken und Bäume haben Ohren." ...

A Beast's HeartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt