Meine Alpträume veränderten sich. Meine sterbende Familie rückte in den Hintergrund, nun sah ich jede Nacht Tywin, der mich zurück ließ und nie mehr wiederkehrte. Jedes Mal spürte ich deutlich die Schmerzen in meiner Brust. Ich hatte das Gefühl, zu ersticken, so sehr tat es weh. Zumal ich nichts tun konnte, um ihn umzustimmen.
Schweißgebadet erwachte ich und blickte mich hastig um. Ich hatte eine kleine Kammer bekommen, dicht bei der Küche. Trotzdem größer als meine Kammer auf Harrenhal. Ich hörte das viele Klappern von Töpfen und die Stimmen der Mägde genau. Dennoch war es wirklich komplett anders, als in Harrenhal. Wie es Margaret wohl gerade ging? Ob ich mein Versprechen halten und sie jemals wiedersehen würde?
Langsam und vorsichtig rutschte ich aus meinem Bett. Ich konnte schon wieder alleine laufen, das Fieber war auch verschwunden.
Ein hartes Klopfen gegen die Tür erschreckte mich.
"Der König will dich sehen! Mach dich fertig, ich warte solange hier und bringe dich dann zu ihm.", erklang eine Männerstimme, vermutlich ein Soldat.
Ich schluckte und begutachtete die frische Kleidung auf dem kleinen Tisch, daneben eine Schüssel mit Wasser. Wann war mir das alles denn gebracht worden? Ich hatte es nicht mitbekommen.
Schnell machte ich mich zurecht und öffnete dann die Tür. Vor mir stand tatsächlich ein Soldat, das Gesicht unter dem Helm versteckt.
"Bist du soweit?"
Ich nickte nur und ließ mich von ihm über viele Flure zu einer riesigen Flügeltür führen. Dort saß bereits Tywin auf seinem weißen Pferd in strahlender Rüstung. Ich hatte ihn seit unserem Gespräch draußen nicht mehr gesehen. Er wirkte kalt und hart wie immer. Und was mir einen fiesen Stich versetzte: Er würdigte mich keines Blickes.
Ich stellte mich neben sein Pferd und blickte zu ihm hoch. Ich musste irgendetwas falsch gemacht haben, dass er sich plötzlich so abweisend benahm. Aber was?
"Gut seht Ihr aus", wagte ich einen Versuch, doch er schwieg eisern, als hätte ich nichts gesagt. Traurig senkte ich den Kopf, da gingen auch schon die Türen langsam auf. Tywin trieb sein Pferd an, ich reagierte. Gemeinsam gingen wir den Weg bis zum Eisernen Thron am Ende des Saales. Ich hatte bisher immer nur von diesem besonderen Stuhl aus Schwertern gehört und hätte nicht im Traum daran gedacht, ihn einmal wirklich zu sehen. Darauf saß ein junger Mann ungefähr in meinem Alter.
"Ich, Joffrey aus dem Hause Baratheon, erster meines Namens, rechtmäßiger König der Andalen und der ersten Menschen, Herr der sieben Königslande und Protektor des Reichs ernenne hiermit meinen Großvater Tywin Lannister zum Retter der Stadt und zur Hand des Königs."
Ein schmächtiger Mann kam angelaufen und reichte Tywin ein goldenes Abzeichen. Er saß seelenruhig in seinem Sattel, blickte würdevoll zu seinem Enkel herab und schenkte tatsächlich auch mir einen sehr kurzen Blick, ehe er das Abzeichen entgegen nahm, es kurz kritisch beäugte und dann vor dem König den Kopf neigte.
"Danke, Euer Gnaden."
Er wollte gerade mit seinem Pferd kehrt machen, da hob König Joffrey die Hand.
"Wer ist denn nun die Retterin meines Großvaters? Es heißt, sie hätte ihn vor dem Tode bewahrt und wäre an seiner statt fast gestorben. Wie heißt du?"
Ich spürte, dass nun sämtliche Blicke auf mir lagen. Die blonde Frau an der Seite des Königs lehnte sich gespannt vor. Sie war unbeschreiblich schön und wirkte so makellos. Das musste Tywins Tochter Cersei sein. Die Königin.
"Ich ... mein Name ist Lena .... Euer Majestät."
"Wie kommt es, dass du deinen Weg auf das Schlachtfeld gefunden hast? Normalerweise haben Frauen dort doch nichts verloren."
Leises Lachen und zustimmendes Tuscheln ging durch die Reihen hinter mir und ich blickte kurz zu Tywin, um neue Kraft zur Antwort zu finden. Panik kam in mir auf. Ich fühlte mich wie auf einem Präsentierteller.
"Ich begleitete Euren Lord Großvater von Harrenhal hierher, Euer Gnaden. Und ich missachtete seinen Befehl, mich zu verstecken, während er draußen tapfer kämpfte."
"Fragt sich immer noch, wie du zu dieser Entscheidung gelangtest, liebes Kind", sprach nun ein Mann mit Glatze und seine Augen funkelten neugierig. Bis auf Tywin misstraute ich jedem hier in diesem Raum. Ich wollte ihnen meine Beweggründe nicht nennen, am Ende wäre das Gelächter nur noch lauter gewesen.Plötzlich erkannte ich den etwas schmächtigeren Mann neben dem Glatzköpfigen. Lord Baelish!
"Wahrscheinlich eine rein spontane Entscheidung, einzig und allein gefällt durch die Panik. Nicht wahr?"
Er schien auch mich zu erkennen, denn seine Augen funkelten kurz. Ich schluckte und nickte. Nun sprach erneut König Joffrey.
"Sei es, wie es sei. Du hast meinen Großvater gerettet und ich bin dir zu Dank verpflichtet. Wir alle sind das. Wenn du einen Wunsch hast, dann äußere ihn jetzt. Solange es in meiner Macht liegt, werde ich ihn erfüllen."
Immer noch schienen mich sämtliche Blicke zu durchbohren. Ich hätte mir jetzt womöglich alles wünschen können. Gold oder vielleicht sogar Ländereien, ich wusste es nicht. Doch all das scherte mich nicht. Meine Familie war tot und mein einziger Anhaltspunkt saß neben mir in seinem Sattel. Kurz begegnete ich seinem Blick, er schien wohl darauf zu warten, dass ich mir ein neues Zuhause wünschte. So, wie er es geplant hatte. Doch diesmal würde ich diesen Fehler nicht machen. Ich wollte nicht von ihm weg, ganz gleich, wie er darüber dachte.
"Wenn es möglich ist, Euer Gnaden ... so möchte ich weiter meinen Dienst als Lord Tywins Gehilfin antreten."
Ein erstauntes Raunen ging durch die Menge, Tywin starrte mich an, als wäre ich aus einer anderen Welt. Auch der König schien verwundert, doch er nickte schließlich.
"Ungewöhnlich. Doch wenn das dein Wunsch ist, dann soll es so sein. Du darfst deinen Dienst als seine Zofe fortsetzen."
Tywin zog die Zügel an.
"Komm mit", zischte er zu mir und gemeinsam kehrten wir um, verließen den Thronsaal unter hunderten von Blicken. Er schien wütend.
Als sein Pferd weggeführt worden war, ergriff er mein Handgelenk und zog mich hinter sich her.
"Wir beide unterhalten uns jetzt!"
Er führte mich zurück zu dem kleinen Strand hinter der Burg. Sein Griff um mein Handgelenk war stahlhart.
"Tywin, das tut weh", klagte ich. Seine Augen schienen Funken zu sprühen, als er sich zu mir umdrehte. Dann brüllte er mich an.
"So, das tut dir also weh, ja? Weißt du, was mir weh tut? WEIßT DU ES??"
Ich sah ihn stumm an, wurde automatisch kleiner. Er war in Rage, redete einfach weiter.
"Ich hatte mich damit abgefunden, dass du mich verlässt! Dass du von nun an deinen eigenen Weg gehen wirst, weil ich dir nicht geben kann, was du möchtest. Und dann sagst du plötzlich vor dem gesamten Hofstaat, dass du an meiner Seite bleiben willst? Erkläre mir das!"
Sein Gesicht färbte sich langsam dunkelrot, er ragte bedrohlich über mir. Ich schluckte, suchte verzweifelt nach Worten. Jetzt musste es sein. Klipp und klar musste ich ihm jetzt sagen, was ich für ihn empfand. Ganz gleich, ob er mich dafür dann mein Leben lang ignorierte.
"Obwohl ich hätte fliehen können, bin ich geblieben. Obwohl ich Euch damals noch verabscheute, half ich Euch aus Eurem Fieber. Und obwohl Ihr mir das Gegenteil befahlt, folgte ich aufs Schlachtfeld und wäre für Euch fast gestorben. Sieben Höllen, ich liebe Euch, Tywin! Ich kann es nicht ertragen, Euch verlassen zu müssen! Ihr sagt, Ihr wollt ein gutes Zuhause für mich", in meiner Rage ergriff ich seine Hände, drückte diese fest, "Dann schickt mich nicht weg! Hierher gehöre ich, zu Euch! Nirgendwo sonst werde ich jemals wieder diese Gefühle erleben, die mich nun schon seit einiger Zeit begleiten. Und wenn Ihr mich dafür jetzt mit Schweigen bestraft, bitte, dann tut es. Ich kann damit leben, denn Ich darf trotzdem in Eurer Nähe verweilen. Das ist alles, was ich noch möchte."
Ehe ich es mich versah, hatte er mich stürmisch an sich gezogen und die Arme um mich geschlungen...
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A Beast's Heart
FanfictionWenn dir die Menschen entrissen werden, die du liebst, dann wirst du zu einem Stein. Du hasst diejenigen, die sie dir weggenommen haben. Du willst sie alle tot sehen. Dieser Hass zerfrisst dich, macht dich eiskalt und unberechenbar - Du wirst eine B...