14.

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"Wer hat es dich gelehrt? Dein Vater?"
Ich erstarrte von Kopf bis Fuß, war zu keiner Bewegung fähig. Lord Tywin von meinem Vater sprechen zu hören, weckte meinen Zorn, schürte ihn wie der Zunder das Feuer vor mir. Und mit dem Zorn kam auch der Hass zurück. Er durfte nicht von meinem Vater sprechen! Es waren seine Männer gewesen, die ihn ermordeten. Und wenn ich bis jetzt eines gelernt hatte, dann das: Sie tanzten allesamt nach Lord Tywins Pfeife.
Ich starrte eisern in die Flammen vor mir, bemühte mich krampfhaft um Ruhe. Natürlich hasste ich ihn innerlich und wünschte mir, dass er plötzlich tot umfiel. Doch dies offen zuzugeben, hätte mich das Leben gekostet - und jetzt, wo ich fast achtzehn Jahre überlebt hatte, war mein Streben nach Aufgeben weit in den Hintergrund gerückt. Also schluckte ich meine Wut mal wieder herunter und antwortete schlicht.
"Ja, Mylord."
Ich hoffte stark für ihn, dass er die Kälte in diesen zwei Worten spürte. Er sollte nicht über meinen Vater sprechen! Er sollte schweigen, am besten für immer!
Das Knistern des Feuers war das einzige Geräusch, das die Stille zerriss. Das und das Gebrüll der Soldaten im Hof. Ich erhob mich langsam, verharrte jedoch trotzdem noch einen Moment mit dem Rücken zu dem Lannister. Ich starrte ins Feuer und sah plötzlich wieder meinen Vater.
Wir hockten zusammen in der kleinen Küche, meine Mutter und mein Bruder gespannt hinter uns.
"Okay, Kleines, pass auf... So musst du die Scheite verteilen. Ganz unten den Zunder, weißt du warum?"
"Damit ... nicht nur das obere Holz wegbrennt?" Es war mehr Frage als Antwort gewesen. Ein Lächeln meines Vaters.
"Sehr gut, kluges Mädchen! Und vergiss niemals das Wichtigste - Feuer muss atmen können, damit es wächst. Verstanden?"
Ich hatte genickt und dann gemeinsam mit Vater mein erstes Feuer angezündet. Das war vor fast zehn Jahren gewesen.
"Hättest du die Güte, dich wenigstens zu mir umzudrehen, wenn ich mit dir spreche?", riss mich Lord Tywin eiskalt in die Gegenwart zurück. Er klang gereizt.
Schnell drehte ich mich um. Seine Augen funkelten böse und seine Stirn lag tief in Falten.
"Was habe ich eben gesagt?", knurrte er.
"Ich weiß es nicht, Mylord. Ich ... habe nicht zugehört."
Tywin schien kurz vor einem Ausbruch. Er mahlte mit den Kiefern und unterdrückte sein Zittern. Ich zog instinktiv den Kopf ein, rechnete mit einem Brüllen. Zu meiner Verwunderung sprach er jedoch komplett ruhig.
"Solches Verhalten schickt sich nicht. Das ist respektlos und ich dulde kein respektloses Verhalten. Habe ich mich klar genug ausgedrückt?"
Seine Augen schienen regelrecht vor Zorn Funken zu sprühen, er blinzelte nicht ein einziges mal. Kaltes blaues Feuer. Ich nickte eilig.
"Ja, Mylord."
Er machte eine Kopfbewegung zur Tür.
"Ich will nicht von dreckstarrenden Personen bedient werden! Sieh zu, dass du dich wäschst und zwar hurtig! Und diesmal gefälligst richtig!"
Sein Tonfall wurde einen Hauch lauter und schärfer. Schnell lief ich durch den Raum zur Tür. Ich wollte ihn fragen, wo genau ich mich denn waschen sollte, doch der Lord hatte mir bereits wieder den Rücken zugedreht und hantierte mit hölzernen Löwen und Wölfen herum. Ich verstand zwar nicht, wie er zu Kriegszeiten mit so etwas spielen konnte, aber ich dachte auch nicht weiter darüber nach. Zügig verließ ich den Raum und stolperte regelrecht über die Treppen in die Küche.
Ich weiß bis heute nicht, wie riesig die Küche von Harrenhal war. Doch ich schätzte sie sechsmal so groß wie unser Haus damals. Durch das große Feuer war es angenehm warm, während viele Dienstmägde durcheinander wuselten.
Ich entdeckte Arya, die gerade mit einem Korb Kartoffeln hantierte und steuerte auf sie zu. Die Mägde um mich herum wurden langsamer, drehten sich nach mir um. Vereinzelt sah ich ihre Blicke, wenn sie sich nicht schnell genug wegdrehen konnten. Sie waren mir gegenüber genauso misstrauisch gesinnt wie ich ihnen.
Ich stupste Arya an und sie drehte sich zu mir um.
"Was?", blaffte sie wütend und wollte sich schon wieder wegdrehen.
"Lord Tywin sagte, ich soll mich waschen", murmelte ich kleinlaut.
"Und was kümmert mich das?"
Ihr abfälliger Ton gefiel mir nicht. Ich seufzte leise.
"Sieben Höllen, was ist dein Problem?"
"Das weißt du ganz genau, LENN!", erwiderte sie bissig und stellte den Korb Kartoffeln kraftvoll auf den Boden, ehe sie wieder zu mir herumfuhr, "Wie konntest du mich nur belügen? Besser gesagt uns! Ich bin enttäuscht von dir!"
Sie stellte sich auf Zehenspitzen und näherte sich mir, während sie weiterredete.
"Du bist ein gefühlskaltes, widerliches Monster, weißt du das? Bedeutet dir Freundschaft denn gar nichts?"
Gefühlskaltes, widerliches Monster. So hatte mich noch nie jemand genannt. Ich sah sie unverwandt an. Ich würde nicht weiter darauf eingehen, zumindest jetzt noch nicht.
"Weißt du, wo ich hier einen Waschzuber finde?"
Ehe Arya antworten konnte, hörte ich hinter mir eine Stimme. Sie gehörte einer alten Frau mit grauem Gesicht und leblosem Ausdruck.
"Ich zeige ihn dir. Folge mir." ...

A Beast's HeartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt