Der Rest des kurzen Weges zurück zum Hauseingang verlief ohne weitere Zwischenfälle. Angelo hielt sich an Leontina fest und kam so langsam zu der Einsicht, dass er sich an dieses Reiten ohne Sattel wohl schon gewöhnen könnte.
Johnny beobachtete die drei faszinert und nahm sich vor, Leontina bei Gelegenheit zu fragen, wie sie das mit Chocolate so hinbekommen hatte. Es sah beinahe so aus, als wüsste die Stute was Leontina von ihr wollte, ohne dass diese irgendein Kommando gab...
Joey hingegen war in Gedanken schon beim Frühstück und Paddy - ja, er versuchte das komische Gefühl in seinem Inneren zu ignorieren und ein halbwegs unbeteiligtes Gesicht zu machen.Vorm Eingang angekommen, ließ Angelo sich langsam von Chocolate herunter rutschen, genauso wie Leontina, die nur auf ihrem einen gesunden Bein landete.
Aber was war jetzt auf einmal los - gerade noch hatte sie sich doch so gut gefühlt - jetzt fing plötzlich alles um sie herum zu schwanken an. Sie merkte, wie ihr wieder furchtbar übel wurde.
"Leontina, was -- " Angelo sah sie erschrocken an.Johnny, der vor seinen beiden Brüdern zum Haus kam, sah nur, wie Leontina auf einmal die Augen zu kniff und ihre Hand in Chocolates Mähne krallte. Mit einem Schritt war er bei ihr und hob sie hoch, gerade als sie in die Knie ging.
Mit geschlossenen Augen hing sie nun in Johnnys Armen."Hey! Leo!" Joey rüttelte sie leicht an der Schulter und strich ihr mit der anderen Hand über die Stirn.
Leontina hätte ja gerne geantwortet, aber sie fürchtete, sie müsste sich direkt übergeben, wenn sie nur den Mund aufmachte.
"Vielleicht hinlegen und Beine nach oben? Das sagt doch Tricia immer bei sowas?" warf das jüngste Mitglied der Familie da in die Runde.
Unglaublich. Es war Paddy ein Rätsel, wie Angelo in solchen Situationen doch tatsächlich noch einen kühlen Kopf bewahren konnte, und das obwohl er sonst oft so ein Hitzkopf war.
"Er hat Recht," meinte Joey nur und nahm Leontinas Füße hoch, während Johnny sich mit ihr im Arm auf den Boden setzte.
Thanks heaven, endlich runter, dachte Leontina bei sich. Wenigstens einer behielt den Überblick. Sie war Angelo wirklich dankbar für seinen Einfall. Das Dröhnen in ihrem Kopf wurde schon weniger und auch die Übelkeit ließ nach. Gott sei Dank."Leo! Mach die Augen auf!" döhnte es da doch wieder in ihren Ohren. Paddy kniete direkt neben ihr und rüttelte sie nun auch noch an der Schulter. Aber warum so laut?!
"Nicht so laut ... ich hör euch ja ..." Endlich hörte Paddy auf an ihrer Schulter zu ziehen.
"Thanks heaven," murmelte Johnny leise.
"Wie geht's dir?" Paddy sah sie stirnrunzelnd an.
Leontina öffnete die Augen. Zuerst konnte sie die Menschen um sie herum nur verschwommen erkennen, sie musste ein paarmal blinzeln, bis das Bild klar wurde.
Alle schauten sie besorgt an. Paddy neben ihr, Joey hielt ihre Beine hoch, Angelo stand nicht weit weg bei Chocolate und schaute herüber und Johnny, der hielt sie immer noch irgendwie im Arm. Sie schaute in die Gesichter, die ihr so nah waren - viel zu nah - und versuchte sich etwas aufzurichten. Es ging tatsächlich schon wieder ganz gut.
"Es geht schon wieder, war wohl bloß der Kreislauf..." und nach einer kurzen Pause:
"Ich hab immer noch Hunger." Sie grinste schwach.
"Ist ja auch kein Wunder, du hast ja schon ewig nichts mehr gegessen," meinte Paddy da. Ob sie überhaupt was getrunken hatte? Kein Wunder, dass sie umgekippt war...
Auf einmal stand Patricia in der Tür: "Was macht ihr denn alle hier draußen? -- Mein Gott, Leontina, was ist los?"
"Es geht schon, ich würd echt gern frühstücken..." sie hatte sich schon ewig nicht mehr so hungrig gefühlt...
Patricia sah ihre Brüder streng an, was hatten die hier draußen mit Leontina zu suchen?!
Sie lächelte Leontina an. "Also dann, rein mit euch, Frühstück ist schon fertig."
Johhny stand mir Leontina im Arm auf und machte sich auf den Weg nach drinnen.
"Hey, ich kann selbst ---" Leontina versuchte mit den Füßen auf den Boden zu kommen, ohne Erfolg.
"Keine Widerrede!" entgegnete Johnny nur und verschwand mit ihr im Hauseingang.
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Growing up oder: lost and found
RomanceSpanien 1994. Zwei Familien, zwei Geschichten. Beide sind Reisende aber aus unterschiedlichen Gründen. Beiden fehlt etwas, doch was sie finden, macht es nicht gerade leichter... Als wäre es Schicksal, kreuzen sich ihre Wege nicht nur einmal. Eine Ge...